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eines solchen, da er in nichts Wesentlichem von dem anbderer Gegenden
abweicht. Beim Taufschmaus, zu dem früher gleich im Patenbriefe mit
eingeladen wurde, wonach man sich dann auch mit dem Patengelde
richtete, sitzt der Gevatter auf dem Ehrenplatze, dem Sofa, zwischen
seinen beiden weiblichen Mitgevattern oder die Patin zwischen den Paten.
Von allem, was die Tauftafel bietet, müssen die Paten essen, damit das
Kind alles und zeitig essen lernt (A., Wo., Ge., Mau., Cr. 596*). Wird
ein aufgeschnittenes Brot nicht aufgegessen, so bleibt das Kind nicht
gesund (M.) oder stirbt schnell und hat viel Unglück (Gey.). Um dem
Kinde einst zu hohen Ehren zu verhelfen, legt man es während des
Essens hoch (A., Gd. 596). Geschickt und fleißig wird es, wenn die
Paten ihre Handschuh auf den Kinderkorb legen (A. 5917), die zum
Taufschmaus geladenen Frauen stricken (El. 59 und beredt, wenn die
Paten viel sprechen (A.).
Als Zukost gab es früher am ersten Tage die sog. „Pflaumen-
semmeln“", die man für die Kinder mit nach Hause nahm. Das waren,
Brotchen oder Semmeln, die man nach Aufhebung des Mahles aus-
höhlte, mit verschiedenem Kompot von der Tauftafel, wie Hagebutten
Nosinen, gebackenen Pflaumen samt der Brühe füllte und mit dem
Aufschnitt verschloß.
Während der Taufmahlzeit gaben die weiblichen Paten dem Mit-
gevatter ein Geschenk, z. B. eine seidene Weste. Dafür bezahlte dieser
die Auflage für seine Gevatterinnen, einen Beitrag zur Schulkasse oder
zu anderen Zwecken, der gewöhnlich mittels eines herumgehenden Tellers
einkassiert wurde (Schwrzb. Spieß, 851). Auf dieselbe Art sammclt man
jetzt den „Kindtaufspfennig“ ein, den man ins Bettuch bindet und bis
zur Konfirmation des Kindes aufhebt. Oft ist der Kindtaufspfennig
auch der Erlös aus einem zu diesem Zwecke veranstalteten Spiele (A.,
Ehr, Gey, Sch.). Verschwunden ist das „Liebereigeben“. ! Nach der
Ansprache der Hebamme, die bei Taufen hier und da den Zeremonien=
meister spielte, nahm jeder der Gevattern ein gefülltes Bierglas, das mit
einem Teller bedeckt war und trank seiner Mitgevatterin zu mit den
Worten: „Prost auf die Lieberei!“ worauf diese: „Wohl bekomm's auf
die Lieberei!“ antwortete. Die Wechselreden auf die „Lieberei“ wurden
eine Zeitlang unter Witz und Scherz fortgesetzt, bis endlich unversehens
das Mädchen ein Geschenk, z B. eine Porzellanfigur auf einen Teller
legte. Dies befriedigte jedoch die jungen Leute nicht, und daher wurde
der Wettstreit fortgesetzt, bis die Gevatterin ein Geschenk bot, das den
Erwartungen entsprach, z. B. eine Tasse (Ehr, Sp. 850).
Noch sei ein Scherzreim erwähnt, der beim Kindtaufskaffee üblich ist:
„Frau Gevatter, wissen Sie's HDPfui, sie soll sich schämen!
Von der dicken Krausen? Damns ich mir gleich
Daß sie ihren Mann Noch ein paar TAsen nehmen“ (Cr.).
Tut fürchterlich bemausen?
1) Ein ähnlicher Brauch ist heute noch bei altenburgischen „Kängerkärmsen“
die sogen. „Spendage“ (s. meine Arbeit: „Von Sachsens, Bauern an der altenbur-
gischen Grenze“, Mitteil. d. V. f. s. Volkskunde, II, S. 17.