Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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durfte. Dann ging die Mutter zur Kirche (A.). In O. ging die 
Mutter mit dem abzustillenden Kinde hinaus auf eine Wiese, setzte es 
auf einen Rain, stieß es um und lief eilends, ohne sich umzusehen, heim, 
wohin es eine Anverwandte nachtrug. Hier legte man ihm Geld, eine 
Semmel und Spielzeug vor, denn das, was das Kind zuerst ergriff, 
sollte den künftigen Charakter anzeigen. War es das Geld, so wurde 
es sparsam, die Semmel, naschhaft und gefräßig, das Spielzeug, tändelnd. 
Das „Greifenlassen"“ nach der Entwöhnung ist noch vielfach üblich. 
In Frk. legt man ein Ei, ein BMch und Geld auf den Kinderkorb, 
klopft dreimal daran, betet ein Vaterunser und geht hierauf zur Seite. 
Greift das Kind zuerst nach dem Ei, so wird es ein „Vielfraß“, greift es 
nach dem Buche, so wird es lerneifrig und gescheit, und reich, wenn 
das Geld zuerst anzieht. In Br. bedeuten Ei, Geld und Gesangbuch 
gute Fortschritte, Sparsamkeit und Frömmigkeit. Das vom Kinde auf- 
geschlagene Gesangbuchlied merkt man sich. Und nicht bloß den Charakter, 
sondern auch den künftigen Stand sucht man bei dieser Gelegenheit zu 
erfahren. Die zuerst ergriffene Schere zeigt einen Schneider, ein Messer 
einen Schmied an (A.). (Vgl. hierzu W. 316.) 
Die Patengeschenke. (Vgl. M. 114.) Mit der Taufe beginnt 
der freundliche, gabenreiche Verkehr der Paten und ihres Patenkindes, 
der gewöhnlich bis zum 14. Jahre oder bis zur Hochzeit, meist aber 
bis zum Tode dauert. Altem Brauche nach rüstet die Patin ihr Kind 
zum ersten Schulweg mit den nötigen Büchern aus oder schenkt ihm 
Geld oder Eier, damit es zunehme an Leib und Seele (A.). In die 
Zuckertüte legt man eine Brotrinde und Eier, die Fleiß und Klugheit 
bewirken sollen (Frk., Wo.). Wieder andere lassen das Kind ein Ei 
austrinken und legen ein zweites in die Tüte, deren Inhalt das Kind 
allein essen muß (A.). Ist das Ende der Schulzeit herangekommen, so 
geht das Kind zu seinen Paten abbitten („o'baten“). Es spricht: 
„Voller Lieb und tief gebeugt 
Komm ich heut aus Dank zu Ihnen. 
Da ich ward der Welt gezeugt, 
Mußten Sie als Zeuge dienen. 
Meinen besten Dank dafür 
Sag ich in der Eltern Namen. 
Hab ich Sie beleidigt hier, 
Will ich nun Verzeihung haben. 
Pat', ich will zur Beichte gehn, 
Zwar zum aller ersten Mal, 
Daß ich kann als Christ bestehn 
Vor dem heil'gen Abendmahl.“ 
Der Pate gibt hierauf dem Kinde die Hand mit den Worten: 
„Gehe in Gottes Namen!“ (Pf.) 
In A. entspinnt sich vielfach folgendes Zwiegespräch: 
„Pate, ich will zur Beichte gehn. 
Hab' ich Dir etwas zuleide getan, 
Bitt' ich um Verzeihung schön.“
	        
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