Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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Jech ho mr mei Heisel 
Mit Brattern beschlo'ng, 
Nu will mich mei alter Schatz 
Aa#wieder hom. (Kl.) 
Mei Schatz is e su dummer Zippel, 
E Nos hoot '’r# wie e dreieckig's Tippel, 
E Maul hoot 'r wie e Backufenluch, 
Oder gut bin sch'n duch! (A.) 
Die beliebtesten Stelldicheins für sich heimlich Liebende sind von 
jeher die Rockenstuben gewesen, die sich im oberen Erzgebirge bis 
heute erhalten haben. Aus ihnen ist freilich das Spinnrad verschwunden; 
an seine Stelle ist der Klöppelsack getreten, dessen Tage auch gezählt 
sind; denn das Klöppeln wird und zwar seit einem Menschenalter schon 
nur noch von älteren Frauen betrieben, die jüngere Generation erlernt 
es zum Zwecke des Erwerbs überhaupt nicht mehr. Kleinere Mädchen 
erlernen es nur noch in dem Maße, wie in anderen Gegenden von 
ihnen das Stricken erlernt wird. Nach dem Versiegen der Erzquellen 
gestaltete sich die Klöppelindustrie zu einem wahren Segen für die 
ärmere Bevölkerung des Erzgebirges, seit der Erfindung der Bobbinet- 
maschine aber und deren Betrieb mit Dampfkraft zur Massenerzeugung 
gewährt das Spitzenklöppeln mit Ausnahme der Anfertigung der feinsten 
Spitzen, wobei die kunstgeübte Hand durch keine Maschine ersetzt werden 
kann, kaum einen Hungerlohn. Deshalb sagt man auch bei schlecht 
lohnender Arbeit: „Do häng 'sch mr liewer dann Klippelsack a un klippel, 
was ich klippeln ka“ (Ob.). Über den geringen Lohn und das Eintönige 
der Arbeit halfen und helfen die zeitkürzenden und taktmäßigen Klöppel- 
lieder hinweg, wie sie auch gleichzeitig den Fleiß anspornen, indem nach 
den Taktverhältnissen der Verse die Nadeln gesteckt werden. Wenn nun 
auch manche der Lieder so gut wie keine literarische Bedeutung haben — 
„sind doch die meisten ganz sinnlos und nur eine quodlibetartige Zu- 
sammenstellung von durchaus zusammenhangslosen Gedanken und Aus- 
sprüchen, — so sind sie doch gewiß von kulturgeschichtlichem Interesse. 
Mit dem Absterben der Altesten unter uns werden auch diese Lieder 
wie so vieles andere aus dem Volksbewußtsein schwinden; denn die 
meisten der nachfolgenden habe ich aus dem Munde alter Frauen ge- 
sammelt. 
Wo man klöppelt, da spricht oder singt man zuweilen noch zur 
Beförderung der Arbeit: 
Zwelf Gänsle gingen 's Bärgel na 
Hooten rute Hesle a, 
Hooten schwarze Knepple, dra. 
Liem Gänsle, wu wullt er dä hie? 
Mr wull'n n Bauer in Hower gih. 
Wenn dr Bauer kimmt, steck mr uns
	        
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