Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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Diese Proben mögen genügen, den Leser mit dem Inhalte der 
Wmesi22 bekannt zu machen. 
Manches dieser Lieder mag auch das Surren des Spinnrades be- 
gleitet haben. Das Spinnen, das im allgemeinen schon in den 50er Jahren 
abkam, wurde bereinzelt noch in den 60er Jahren getrieben. 
Die Lieder in der Rockenstube wechselten und wechseln mit Er- 
zählungen ernsten und erotischen Inhalts ab. Sehr gern wurde das 
derb sinnliche Lied: „Wenn ich meine sieben Ochsen austreib“ gesungen 
(Umgeg. v. A.). Dazu gesellten sich Spiele, von denen manches auf 
die Rockenstuben ein bedenkliches Licht wirft. So war ein allgemein 
beliebtes Spiel in jener Zeit, als man noch spann, der „Leineweber“. 
Drei Personen setzten sich nebeneinander in die Stube. Die mittelste 
legte über die Beine eine lange Stange, deren Enden die beiden anderen 
unter den Knien wegführten. Alle drei sangen, dabei die Stange hin- 
und herschiebend, was den Schützen nachahmen sollte,: 
Der Leinenweber hat ne Sau geschlacht't, piff, paff, puff 
Den Strump zerrissen und Wurst gemacht, „ „ „ I 
Weiß oder blau, fein sind se doch, „ „ „ I 
Mir e Viertel, dir e Viertel, „ 1 
Bei dem letzten „puff!“ hob die in der Mitte sitzende Person die 
Beine hoch, so daß die beiden anderen rücklings umfallen mußten. Harm- 
loser war das „Aschetopftragen“, das sich ähnlich bis heute erhalten hat. 
Die erschienenen jungen Burschen verließen die Stube und bestimmten 
einen unter sich durch das Los, der den jungen Mädchen einen schon 
bereit gestellten Topf zu überreichen hatte, der manchmal mit Brezeln, 
Kaffee oder etwas Ahnlichem, oft aber auch mit. Asche oder sonstigem 
Unrat gefüllt war. In diesem Falle überfielen die Mädchen den Uber- 
bringer des Topfes und banden ihn, wenn sie ihn festzuhalten vermochten. 
Gelang es ihnen, so wurde der Gebundene zum Gelächter aller im 
Dorfe umhergeführt. (Vgl. auch unter Aschermittwoch.) 
„Ze rocken“ gehen die jungen Mädchen gewöhnlich von Anfang 
November bis kurz vor Ostern, in der Umgegend von Gru. von 
Michaelis bis zum grünen Donnerstage. Dabei singen sie: 
Heit is de Reih an mir. Ihr Leit, 
Kummt rei, iech will d'rzehl'n. 
Weil nu de Kinner schlofen sei, 
Do braucht's kä gruß Verhehl'n. 
Jech red, wie mr dr liewe Gott 
Ne Schnawel wachsen ließ. 
Kimmt's epp'r mol ze hanebi'ng, 
Do sei mr nor net bies. 
Mir Bauern, die ims liewe Brut 
Sich plo'ng Gahr aus, Gahr ein, 
Mir kenne net su zimperlich 
1) Eine weitere Anzähl von Klöppelliedern wird eine in nächster Zeit 
erscheinende Sammlung bringen.
	        
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