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Das ist des Schusters große „Gut',“
Der euch dadurch zum Feste lud.
Drum kommt ihr zu der Hochzeit nicht,
So seid ihr samt und sonders Wicht'.
Drum auf ihr lieben guten Leut',
Das ist's, was ich euch heut gebeut.
Kommt mir nur auf die Hochzeit nach,
Dann habt ihr keine Reu und Schmach.
Und auch die Kinder bringt noch mit,
Und seiens ihrer auch zu dritt'.“
Hierauf wurde der Lader, nachdem er die Rede „weggeben“ hatte,
ins Haus geführt und je nach Verhältnissen der Eingeladenen bewirtet,
zum mindesten jedoch mit Bier und Schnaps. Solch längere Sprüche
waren freilich selten. Meist waren sie den beiden folgenden ährnlich.
„Sog à ä schienes Kompliment vun ’'n Breitigom un da Braut N. N.
un lod eich olle zu dann ehrwürdgen kummenden Sunntig zr Huchzig
freindlich ei (Pf.). Oder: „Viele Grüße vun dann Brautleiten N. N.
un dann Eltern, Se sulln sich ball einstelln un sich viel Vergni'ng
machen“ (M.).
Auf ihren Gängen waren die „Huchzigbieter“ festlich gekleidet und
geschmückt. In langem Schößenrock, roter Weste, hohen Stiefeln oder
niedrigen Schuhen mit weißen Strümpfen, den hohen steifen Hut be-
bändert und in der Rechten einen mit Knopf versehenen langen Stock
mit Blumen oder roten und weißen Bändern verziert, so zogen sie in vielen
Orten von Haus zu Haus. In M. schmückte sich der Lader immer mit einer
großen Sonnenrose, deren Gelb zu dem grellfarbigen Halstuche, das
zu einer mächtigen Schleife gebunden wurde, seltsam harmonierte. In
trug er als Abzeichen seiner Würde ein buntseidenes Tuch im Knopf-
loche, in Gr. ein breites gestreiftes Band um den Leib, in A. lang
herabhängende Schleifen am Arm.
Eine mündliche Einladung durch den Hochzeitsvater oder durch
das junge Paar selbst (Pf., Ne.) oder Karten sind heute an die Stelle
der feierlichen Einladungen durch den Hochzeitsbitter getreten. Freitags
darf nicht zur Hochzeit geladen werden (Ne.).
Während die Einladungen ergingen, wurden im Hochzeitshause
die mannigfachsten Vorbereitungen getroffen, vor allem für das Hoch-
zeitsmahl. Mußte dazu auch nicht wie oft anderwärts eine ganze
Herde Tiere ihr Leben lassen, so waren doch die Bauernhochzeiten im
Erzgebirge durchaus nicht so ärmlich beschaffen, wie man so oft in
anderen Gegenden meint. Nicht selten wurden auch in obererzgebir-
gischen Ortschaften zwei bis drei Schweine, eine Kuh und mehrere
Kälber geschlachtet. Die mit dem Schlachten beschäftigten Fleischer
mußten bis in die 50er Jahre in allen Dörfern auch das Hochzeitsessen
kochen und beim Backen behilflich sein. Erachtete man es sonst als die
1) Gewerbe des Brautvaters. 2) Galt als Unglückszahl.