Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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größte Verschwendung, Brot aus reinem Roggenmehl zu backen, so 
wurden doch die „Eeßbrote" von länglich ovaler Form, die es gewöhnlich 
nur bei Hochzeiten gab, aus angesäuertem Weizenmehl hergestellt. Armere 
Bauern buken das Brot sonst aus Korn und Hafer oder Gerstgemenge 
zu gleichen Teilen, besser gestellte aus drei Vierteln Korn und einem 
Viertel Hafer oder Gerstgemenge. 
Vielfach war es Sitte, daß die zur Hochzeit Eingeladenen einige 
Tage vor dem Feste Spenden für das Mahl, wie Butter, Käse, Milch 
u. a. brachten. Nach Spieß wurde bis zur zweiten Hälfte des 18. Jahr- 
hunderts in A. vor dem Hochzeitshause die Hochzeitsküche, eine Art 
Bude, in der die Speisen zubereitet wurden, aufgeschlagen gegen eine 
Abgabe von 1 Taler 14 Groschen an die städtische Kasse. Diese Abgabe 
mußte auch dann bezahlt werden, wenn die Küche nicht beansprucht wurde, 
Bei den Vorbereitungen zur Hochzeit darf nichts zerbrochen werden, 
während am Feste selbst etwas zerbrechen soll des Glückes wegen #e) 
Der Polterabend. (Vgl. hierzu Weinhold, Deutsche Frauen, Is, 
373. M. 173.). Dem Höhepunkt im menschlichen Leben geht der Polter- 
abend voraus, an dem der Scherz, die heitere Laune, die Symbolik und 
die Gedächtnisgabe sich vereinigen. Allgemein üblich ist das Zerschmettern 
irdener Geschirre vor dem Hochzeitshause, eine sinnbildliche Verkörperung 
des Gedankens, daß mit dem jungen Ehepaar nicht allein ein neuer 
Hausrat, dem Platz geschafft werden muß, sondern auch neues Leben 
einziehe. Von fernen Vorahnen her gesellt sich nicht minder die Deu- 
tung hinzu, jeden bösen Geist durch Lärm aus dem Hause zu verjagen, 
damit die junge Frau bei ihrem Einzuge nur gute, friedliche Geister 
darin vorfinde. Je größer der Scherbenhaufe, desto größer ist die Ehre 
(Ne.), das Glück (v. 560), das nur dann beständig ist, wenn die Braut 
die Scherben selbst zusammenkehrt, nachdem sie einmal darüber hinweg- 
gegangen ist (A., Kl., Ehr.). Liegt eine ganze Glasflasche darunter, 
so stößt dem jungen Paare Unheil zu (Ehr.). Deshalb stellte sich 
früher eine Person vor das Haus, um ganze Flaschen zu zerschlagen. 
War dennoch eine von übelgesinnten Leuten unbemerkt aufgestellt worden, 
so galt sie dann als zerschlagen (Ehr.). Aus dem Erlös für etwa- 
dabei gefundene Metallstückchen soll die junge Frau das erste Brot in 
die Ehe kaufen. Dann geht das Wochengeld nicht aus (A.). Der 
Bräutigam wird ein fleißiger Gatte, wenn er im Scherbenhaufen liegende 
Papierstückchen heraussucht (Nd.). Läuft dem Brautpaar an dem Tage 
eine Katze über den Weg, so darf nicht gepoltert werden (Joh.). 
Wie auch anderwärts werden am Polterabend der Braut Kissen 
und Schleier unter entsprechenden Ansprachen, meist in Gedichtform, 
überreicht. Meist heiteren Inhalts sind die Reime, mit denen die Gäste, 
gewöhnlich verkleidet, dem Paar allerhand Gegenstände in die zukünftige 
Wirtschaft oder auch solche, die als Symbol einer glücklichen und ge- 
segneten Ehe gelten sollen, überreichen. Geschenkte Messer und Gabeln 
zerstechen die Liebe (Ehr. 567"). Die Mutter der Braut überreicht 
dieser die ersten Kinderschuhe, mitunter dazu noch einen aus Silber (A.). 
Als eigenartiger Brauch hat sich das Ansingen des Brautbettes erhalten.
	        
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