Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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Nachdem es unter mancherlei Sprüchen hoch aufgebaut worden ist und 
die beim Zurichten des Strohsackes herausgefallenen Strohhalme mit 
einem neuen Besen zusammengekehrt worden sind und dieser unters Bett 
geworfen ist, wird ein Gesangbuchslied, wie „Auf Gott und nicht auf 
meinen Rat“ — angestimmt (N. 5687). Einige Wochen vor der Hoch- 
zeit gibt die Braut die Brautschokolade, zu der sie nochmals ihre Ge- 
spielinnen und Freundinnen um sich versammelt (v.). Welches von den 
Mädchen die in der Brautschokolade befindliche Kaffebohne mit in die 
Tasse erhält (A., B.), den ins Gebäck gebackenen Ring bekommt (J.), 
wird die nächste Braut. 
2. Der Hochzeitstag. (Vgl. hierzu M. 174 ff.) 
Endlich ist der Hochzeitstag, eine „höchgezit“, gekommen, der 
Ehrentag für Bräutigam und Braut, zu dem geladen wird, wer in 
irgend einem Verhältnisse zu den Verlobten oder ihren Eltern steht. 
Mit Vorliebe werden die Ehen Dienstags, Donnerstags, Sonnabends 
und Sonntags geschlossen, von Armeren auf dem Lande fast immer an 
letztgenanntem Tage. Namentlich ist es der Dienstag, an dem festgehalten 
wird; dieser und der Donnerstag gelten als wahre Hochzeitstage. Hier 
hat sich ein Rest altheidnischer religiöser Vorstellungen erhalten. Denn 
der Gott Donar, dem diese beiden Tage geweiht waren, war der Herr 
des Feuers, der Beschützer des häuslichen Herdes und der Familie; zu- 
gleich weihte er mit seinem Hammer die Ehe und schenkte ihr Frucht- 
barkeit und Gedeihen. Daß der Sonnabend als Heiratstag bevorzugt 
wird, hat wohl in praktischen Erwägungen seinen Grund. Fällt zudem 
der Festtag auf ein ungerades Datum, so ist dem Paar das reichste 
Glück beschieden (Ehr.) Verpönt als Hochzeitstage sind vor allem der 
Mittwoch, „der überhaupt kein Tag ist“ (A., Ne.), und dann der Frei- 
tag.“" Daß dieser für die Eheschließung möglichst wenig benutzt wird, 
beruht auf einer weitverbreiteten abergläubischen Abneigung gegen diesen 
Wochentag, der überhaupt den Ruf genießt, ein Unglückstag zu sein. 
Weshalb er aber gerade für die Eheschließung als ungünstig angesehen 
wird, ist um so weniger leicht einzusehen, als doch dieser Tag, ebenso 
wie er bei den Römern der Venus heilig, bei den Germanen der Frigg, 
der Göttin der Liebe, geweiht war. 
Einem im Mai getrauten Paare „haftet alles an“ (A. 5587), einem 
im Februar getrauten sind viele Krankheiten beschieden (A.). Früher 
heiratete man meist im Herbste. 
Altem Glauben nach sind auch die Gestirne, vor allem der 
Mond, am Hochzeitstage, wie auch sonst bei einem wichtigen Schritte 
im menschlichen Leben von Bedeutung. Nur bei zunehmendem und bei 
Vollmond bleibt die Wirtschaft immer in guter Ordnung (Schl., Gru., 
N., Kö., Ar. 558). Krebs, Widder, Jungfrau, Stier und der Vollmond 
1) In den Jahren 1800, 1810, 1820 u. s. f. bis 1900 wurden in Mildenan 
198 Ehen geschlossen; davon 95 Sonntags, 21 Montags, 30 Dienstags, 45 Donners- 
tags, 7 Sonnabends (1810: 1. 1900: 6), keine Mittwochs und Freitags.
	        
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