Titel II. Von den Schulbehörden. 8 10. 95
staatlichen Behörde (des Kultus-Ministeriums) zum Vollzuge gebracht werden können;
arg. 88 15 u. 16 des Gesetzes vom 9. Oktober 1860, betreffend die rechtliche Stellung
der Kirchen und kirchlichen Vereine im Staate (Reg.-Bl. 1860 S. 375).
7. Der „Ortspfarrer“ ist nur für seine Person zur Mitgliedschaft bei der Orts-
schulbehörde berechtigt. Er kann daher in Ausübung dieser Funktion sich nicht durch
einen anderen Geistlichen vertreten lassen, namentlich dieselbe weder im allgemeinen
noch im einzelnen (z. B. für einzelne Sitzungen der Ortsschulbehörde) dem etwa ihm
beigegebenen Hilfsgeistlichen — Vikar — übertragen. Bei erledigter Pfarrei ist der
von der zuständigen Behörde bestellte Pfarrverweser gesetzliches Mitglied der Orts-
schulbehörde; als solches wird — nach der seit Erlassung des Schulaufsichtsgesetzes
von 1864 geübten Praxis — auch der Vikar eines noch im Besitz der Pfründe be-
findlichen Pfarrers dann zugelassen, wenn sämtliche Funktionen des Pfarres dem
Vikar, unter eigener Verantwortlichkeit des letzteren übertragen sind.
8. [Lehrer, als Mitglied der Ortsschulbehörde.] Für die Lehrer,
welche nach gesetzlicher Vorschrift zu den Beratungen und Beschlußfassungen des Ge-
meinderats in Angelegenheit der Volksschule beizuziehen sind, bildet der Eintritt in
die Ortsschulbehörde und die Ausübung der einem Mitglied dieser Behörde zukom-
menden Funktionen einen Bestandteil ihrer dienstlichen Obliegenheiten; sie sind zum
Eintritt nicht blos berechtigt, sondern (wie in § 15 des Gesetzes vom 8. März 1868
ausdrücklich bestimmt war) auch verpflichtet. Besteht in der Gemeinde nur eine
Volksschule, so ist nur ein Lehrer dieser Schule — der erste Hauptlehrer (§5 17
d. G.), ohne Rücksicht darauf, welchem Bekenntnis derselbe angehört — Mitglied der
Ortsschulbehörde, sollten auch in der betreffenden Gemeinde vor Durchführung des
Gesetzes vom 18. September 1876 mehrere (nach den Bekenntnissen getrennte) Volks-
schulen bestanden haben. Die Gesetzesbestimmung, daß der erste Lehrer von jeder
in der Schulgemeinde bestehenden Volksschule zur Ortsschulbehörde zu ziehen sei,
kann hiernach, soweit dabei an eine Mehrzahl von Lehrern gedacht wird, nur auf die
in § 6 Absatz 4 und § 82 Abs. 2 des Gesetzes erwähnten Fälle bezogen werden.
9. [Oertliches Schulvermögen.] Das Gesetz vom 5. Mai 1870, die
Rechtsverhältnisse und die Verwaltung der Stiftungen betreffend (Ges.= u. V.-O.-Bl.
1870, Nr. 33, S. 399 ff.), hat allgemein „die Verwaltung der weltlichen, ausschließlich
nur zum Vorteile von Angehörigen oder Bewohnern einzelner Gemeinden oder
mehrerer Gemeinden eines und desselben Amtsbezirks bestimmten Stiftungen" den
beteiligten Gemeinden übertragen (88§ 12 ff). Von der regelmäßig durch den
Gemeinderat zu besorgenden Verwaltung wurden jedoch (§ 12) ansgenommen
diejenigen Stiftungen: „welche dem öffentlichen Volksschulunterricht ge-
widmet sind“.
An den Bestimmungen des Schulaussichtsgesetzes von 1864 und des Elementar-
unterrichtsgesetzes vom 8. März 1868 (§ 20), welche die Verwaltung des örtlichen
Schulvermögens dem Ortsschulrat übertragen hatten, sollte demnach durch das
Gesetz vom 5. Mai 1870 nichts geändert werden. Dabei unterstellte das letztere
Gesetz, daß der Verwaltung des Ortsschulrats nur das dem „öffentlichen Volksschul-
unterricht“ gewidmete, nicht auch solches Stiftungsvermögen untersteht, welches für
Schulzwecke (im weiteren Sinn), die nicht durch Vermittlung der Volksschule
sich verwirklichen, bestimmt ist, z. B. Stiftungen für höheren oder für gesonderten
Fach= (z. B. gewerblichen, landwirtschaftlichen) Unterricht, für Unterhaltung von
Privat-Lehr= und Erziehungs-Austalten (Korporations= oder Stiftungs=
schulen), iusbesondere Stiftungen für Kleinkinderbewahranstalten.