Metadata: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

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Im Reichstage sprachen bei Beratung des dritten Unfallversicherungsgesetzes 
Boetticher 24 mal, Bosse einmal; die Geheimräte Bödiker und Gamp kamen nicht 
zum Wort, so sehr hatte sich der Staatssekretär bereits in die Materie eingearbeitet. 
Nachdem der Reichstag das Gesetz genehmigt hatte, wurde dem Staats- 
sekretär des Innern unterm 2. Juli 1884 die augenblicklich vakante Domherrn- 
stelle bei dem Domstifte in Naumburg verliehen, und Geheimrat Bödiker wurde 
zum Präsidenten des neugeschaffenen Reichs-Versicherungsamts ernannt. 
Die späteren Novellen zum Unfallversicherungsgesetz sind in der Hauptsache 
das Werk des Geheimrats v. Woedtke und des Direktors Bosse, die natürlich 
in allen entscheidenden Fragen die Disposition ihres Chefs v. Boetticher 1) einholten. 
Das Gesetz über die landwirtschaftliche Versicherung kam bekanntlich erst 
beim zweiten Anlauf zu stande; der Beratung in der Reichstagskommission 
wohnte der Präsident des Reichs-Versicherungsamts Dr. Bödiker als Bundesrats- 
kommissar an, und derselbe hat wesentlichen Anteil an dem Zustandekommen 
des Gesetzes; denn die Abgeordneten gaben viel auf die reichen Erfahrungen, 
welche er sich bereits auf dem Gebiete der Arbeiterversicherung erworben hatte. 
Die Alters= und Invalidenversorgung. 
Das Verdienst der Initiative in dieser Frage wird dem Fürsten Bismarck 
wohl niemand streitig machen wollen; bereits am 12. April 1863 drang er 
bei dem Minister des Innern auf die Errichtung von Altersversorgungsanstalten 
für die arbeitenden Klassen, indem er den Vorteil dieser Institute im Interesse 
des Staates und der Arbeiter näher ausführte. ) Sehen wir zu, wie dieser 
Gedanke allmälich Fleisch und Blut annahm. 
Am 1. Februar 1881 erklärte Bismarck auf einer parlamentarischen Soiree, die 
Versicherung der Arbeiter müsse weiter ausgedehnt werden als nur auf Unfälle. 
Warum soll der Gedanke einer Altersversicherung nicht durchführbar sein 3) 
Und am 27. Mai 1881 bemerkte Bismarck auf einer parlamentarischen Soiree, 
er betrachte das Unfallversicherungsgesetz nur als einen ersten Schritt auf dem 
Wege sozialer Reformen, dem eine Reihe anderer, wie namentlich ein Alters- 
versorgungsgesetz, folgen müßten. 4) 
1) Der letztere sprach zu dem Antrag Grillenberger-Kayser, betreffend die Abänderung 
des Gesetzes vom 15. Juni 1883 über die Krankenversicherung der Arbeiter, fünfmal, zur 
Ausdehnung der Unfall= und Krankenversicherung (späteres Gesetz vom 28. Mai 1885) 
zwölsmal, zur Unfallversicherung der in land= und forstwirtschaftlichen Betrieben beschäftigten 
Personen einmal, zur Ausdehnung der Unfallversicherung auf die Seeleute fünfmal, desgl. 
auf die bei Bauten beschäftigten Personen viermal. 
2) Vgl. meine Aktenstücke zur Wirtschaftspolitik des Fürsten Bismarck Bd. I S. 10. 
3) Vgl. mein Werk „Fürst Bismarck als Volkswirt“, Bd. II S. 15. 
4) „Fürst Bismarck als Volkswirt,“ Bd. II. S. 73.
	        
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