184 II. Gesetz über den Elementarunterricht.
Die nachgelassenen, sowie die nicht beibringlichen Schulgeldbeträge bleiben
der Schulgemeinde (§ 6) zur Last.
Gegen die Verweigerung des Gesuchs um Schulgeldbefreiung steht dem
Betroffenen die Beschwerde im Verwaltungswege zu.
Die Befreiung von der Schulgeldzahlung gilt nicht als Armennnter-
stützung.
In dem früheren E.U.G. hatte der vom Schulgelde der „Unvermöglichen“
handelnde § 54 folgenden Wortlaut (Fassung nach Artikel I des Gesetzes vom
19. Februar 1874):
Das Schulgeld wird für. Rechnung der Gemeindekasse in riertel-
jührigen Raten erhoben. Die Betreffnisse der Unvermöglichen hat der
zu deren Unterstützung verpflichtete Armenrerband je nach dem Grade
ihrer Unvermöglichkeit ganz oder zu bestimmten Teilen zu bestreiten.
Seine jetzige Fassung erhielt der zweite Satz des (früheren) § 54 in der Haupt-
sache schon durch das Gesetz vom 25. Juli 1888, und zwar als besonderer § 55;
die wenigen Anderungen, welche § 69 des jetzigen E.I. G. im Vergleiche mit § 55 von
1888 zeigt, sind lediglich redaktioneller Art. Der Gesetzesvorschlag der Großh. Re-
gierung, aus welchen § 55 von 1888 hervorging, war in der den Ständen zugegau-
genen Vorlage begründet, wie folgt (Ständ. Verhdlgen., 1887/88, II. Kammer, Bei-
lagenheft IV, S. 385 ff.):
„Das Schulgeld ist nicht als eine besondere Belohnung für den Schulhalter zu
betrachten, sondern als ein Präzipualbeitrag zum Schulaufwand, der von denjenigen
erhoben wird, welchen die Sorge für Unterhalt und Erziehung der die Schule be-
suchenden Kinder gesetzlich obliegt.“
(Kommissionsbericht zum Entwurf eines Gesetzes über Anderung des Ele-
mentarunterrichtsgesetzes — Verhandlungen der zweiten Kammer 1873/74, viertes
Beilagenheft S. 369.)
Der in Vorstehendem ausgedrückte Grundsatz ist in dem Gesetze über den Ele-
mentarunterricht insofern nicht folgerichtig durchgeführt, als nach § 54 (Artikel I des
Gesetzes vom 19. Februar 1874) diejenigen Schulgeldbeträge, welche wegen Un-
vermöglichkeit der Zahlungspflichtigen nicht zur Erhebung kommen, von dem zur
Unterstützung des „Unvermöglichen“ verpflichteten Armenverband zu bestreiten sind,
somit nicht zu Lasten des die Schule unterhaltenden Verbandes bleiben, wenn dieser
Verband nicht zugleich der unterstützungspflichtige Armenverband ist. Damit ist die
Erlassung der Schulgeldzahlung wegen Unvermöglichkeit des Pflichtigen bezw. die
Zahlung des Schulgeldes durch den Armenverband als eine dem Schulgeldpflichtigen
gereichte Armennnterstützung charakterisiert, und an diese Behandlungsweise wurden
entsprechende Folgen geknüpft hinsichtlich der Berechnung der Frist für Erwerb und
Verlust des Unterstützungswohnsitzes, sowie bezüglich der Ausübung gewisser staats-
bürgerlicher Rechte (5 35 Ziffer 3 der Wahlordnung zur Verfassungsurkunde des
Großherzogtums). Es erscheint aber nicht als billig, daß diejenigen eine Beein-
trächtigung an ihren staatsbürgerlichen Rechten erleiden, welche eine wegen des ge-
setzlich gebotenen Unterrichtes ihrer Kinder ihnen auferlegte öffentliche Abgabe nicht
zu entrichten vermögen, während sie sonst zu öffentlichen Abgaben nach dem Stande
ihrer Vermögens= oder Erwerbsverhältnisse überhaupt nicht beigezogen werden, jeden-