Entwicklung der Gesetzgebung. (8. 183.) 429
Deichrichter) oder dessen Stellvertreter, als Vorsitzenden, welche von den Repräsentanten der Deich—
genossen nach absoluter Stimmenmehrheit auf sechs Jahre gewählt werden, jedoch der Bestätigung der
Regierung unterliegen und von einem Kommissarius derselben vereidet werden (8. 29); ß) dem
Deichinspektor 1, welcher auf gleiche Weise gewählt, bestätigt und vereidet wird (8. 36), und y) den
von ben, Deichgenossen nach näherer Bestimmung der Statuten zu wählenden Repräsentanten
G. 49).
b) Als Unterbeamte des Deichamtes sind tätig o) ein Deichrentmeister und gleichzeitiger Deich-
sekretär (§. 41), welcher die Deichkasse verwaltet und das Deichkataster führt; 8) die Damm= oder
Wallmeister für die besondere Beaufsichtigung der Deiche usw.; 7) die Deichschöppen (Deichschulzen,
Deichgeschworene), je zwei für besondere Aufsichtsbezirke, auf sechs Jahre aus den Deichgenossen vom
Deichamte erwählt, als Organe und Hilfsbeamte des Deichhauptmanns und Deichinspektors, sowie
zur Ordnung und Leitung der Hilfsleistungen der Wachmannschaften und Deichgenossen und zur
Sorge für Beschaffung der Schutzmaterialien bei Eisgang oder Hochwasser (88. 45, 46).
2. Das Oberaufsichtsrecht des Staates übt die Bezirksregierung, als Landespolizeibehörde (§. 24)
und in höherer Instanz das Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.3
Ahnliche organische Einrichtungen fanden sich auch in den älteren Deichordnungen.“
Das Gesetz v. 28. Jan. 1848 wurde durch das Gesetz v. 11. April 1872 5 mit gewissen nicht
sehr erheblichen Anderungen und mit den in Art. II enthaltenen Beschränkungen auf die Provinzen
Schleswig-Holstein und Hannover ausgedehnt, fand aber auf folgende Gebiete keine Anwendung:
1. auf die schleswig-holsteinschen Marschdistrikte, soweit das Patent v. 29. Jan. 1880 und das All-
gemeine Deichreglement v. 6. April 1803 Platz greifen; 2. auf die Herzogtümer Bremen und Verden,
soweit die Deichordnung v. 29. Juli 1743 Anwendung findet; 3. auf das Land Hadeln; 4. auf das
Fürstentum Lüneburg und die zur Provinz Hannover gehörigen lauenburgischen Landesteile, soweit
die lüneburgische Deich= und Sielordnung v. 15. April 1862, und 5. auf die Grafsschaften Hoya
und Diepholz, soweit die Deich= und Abwässerungsordnung v. 22. Jan. 1864 Anwendung findet,
oder demnächst in Anwendung gebracht werden wird; 6. auf das Fürstentum Ostfriesland; 7. auf
den zum Herzogtum Aremberg-Meppen gehörenden Bezirk der Stadt Papenburg. — In den unter
1—6 erwähnten Gebietsteilen sind, zufolge des Art. III, Abs. 1 des Gesetzes v. 11. April 1872,
die dort in Geltung befindlichen, auf das Deich= und Sielwesen bezüglichen Gesetze und Verord-
nungen, und die durch rechtsverbindliches Herkommen feststehenden deich= und sielrechtlichen Normen
bis zur Aufhebung oder Abänderung derselben im verfassungsmäßigen Wege, insoweit nicht das
Gesetz v. 11. April 1872 in den Art. IV—VIII abändernde Vorschriften enthält, in Geltung ge-
blieben; für den Bezirk der Stadt Papenburg aber sind, zufolge des Art. III, Abs. 2, die Bestim-
mungen der ostfriesischen Deich= und Sielordnung v. 12. Juni 1853 und der zu derselben erlassenen
Novelle v. 5. Jan. 1864 mit den abändernden und ergänzenden Vorschriften der Art. IV—VIII
des Gesetzes v. 11. April 1872 in Wirksamkeit getreten. Diese Artikel aber richten sich namentlich
auf folgende Punkte: a) auf eine statutarische Regelung der inneren Verbandsangelegenheiten im
zu erstatten (§. 30); b) als Polizeiobrigkeit inner-
halb des Geschäftsbereiches des Deichamtes die
örtliche Deichpolizei zu handhaben (§. 29), auch
Strafen wegen deichpolizeilicher Ubertretungen (bis
5 Tlr. oder 3 Tage Gefängnis) nach dem Ges.
v. 14. Mai 1852 (G. S., S. 245) festzusetzen,
welche von ihm festgesetzten Geldstrafen zur Deich-
kasse fließen (§. 34).— Vgl. Verordn. v. 25. Jan.
1847 über die Strafbefugnisse der Deichhaupt-
leute in der Altmark (G. S., S. 210) und Kab.
O. v. 30. April 1847 betr. die Strafbefugnisse
der Deichkommissarien im Reg. Bez. Magdeburg
(G. S., S. 210).
1 Derselbe besorgt die technische Veranschla-
gung und Ausführung unter Genehmigung des
Deichamtes, ingleichen die technische Beaufsichti-
gung der Deichanlagen, und leitet die technische
Verwaltung einschließlich der zur Abwehrung
der Gefahr bei Hochwasser und Eisgang erfor-
derlichen Maßregeln. Dabei und insbesondere
bei der Verteidigung gegen Wassergefahr haben
die Unterbeamten, Deichschöppen, Wach= und
Hilfsmannschaften die Anweisungen des Deich-
inspektors zu befolgen (§§. 36—39 der Normativ=
bestimmungen).
2 Dieselben sind bei Anstellung von Unter-
beamten und über wichtigere Verwaltungsange-
legenheiten (§§. 43, 45) stets zu hören, haben
hingegen, mit Verpflichtung aller Deichgenossen,
unter Teilnahme des Deichhauptmannes und
Deichinspektors, über alle Angelegenheiten des
Deichverbandes verbindliche Beschlüsse zu fassen
(§§. 48, 56), auch die Verwaltung zu kontrol-
lieren, deren Hauptbeamte (Deichhauptmann und
Deichinspektor) von ihnen gewählt werden.
3 Das Oberaufsichtsrecht umfaßt: a) die Ent-
scheidung über Beschwerden gegen Beschlüsse des
Deichhauptmanns, soweit nicht der Rechtsweg
stattfindet; b) den Erlaß der erforderlichen Poli-
zeiverordnungen (Ges. v. 11. März 1850) zum
Schutze des Deiches, der Gräben usw.; c) nö-
tigenfalls die Abordnung von Kommissaren zur
Revision der Deichverwaltung, Beiwohnung der
vorgeschriebenen regelmäßig abzuhaltenden Deich-
schauen und der Deichamtsversammlungen; c) die
Prüfung und ev. Feststellung der Etats und
Besoldungen; e) bei Wassergefahr die persönliche
Kontrolle der Sicherheitsmaßregeln durch den
Landrat oder eines besonderen Regierungskom-
missars, und bei Gefahr im Verzuge der erfor-
derlichen, aber verabsäumten Maßregeln durch
ihre unmittelbare Anordnung; f) die Genehmi-
gung der Beschlüsse über besonders wichtige Gegen-
stände, wie Kontrollierung neuer Anleihen, Ver-
äußerung von Grundstücken, Bau neuer Deiche.
* Vgl. die Zusammenstellung bei Lette-
v. Rönne, Landeskulturgesetzgebung, Bd. II, 2,
S. 682.
5 G. S. 1872, S. 377.