Full text: Gesetze und Verordnungen über Elementarunterricht und Fortbildungsunterricht im Großherzogtum Baden.

274 II. Gesetz über den Elementarunterricht. 
ausgesprochen, daß die Verordnung vom 7. November 1840 nur auf solche Anstalten 
sich beziehe, deren Besuch von der Verbindlichkeit zum Besuche der öffentlichen Volks- 
schule befreien soll. 
Die Verordnung unterschied ferner nicht zwischen Unternehmer und Vor- 
steher einer Privatlehranstalt. Aus dem Inhalte des § 4 (s. oben Ziffer 2) geht 
hervor, daß diejenige Person, welche die Anstalt als Vorsteher zu leiten be- 
absichtigte, die staatliche Erlaubnis zu Errichtung derselben nachzusuchen hatte, und 
daß somit der Vorsteher der Anstalt, auf dessen Namen die Konzession zu erteilen 
war, der Staatsbehörde gegenüber für die Beobachtung der staatlichen Anordnungen 
verantwortlich wurde. 
Hiernach konnte die zur Errichtung einer Privatlehranstalt erforderliche Staats- 
erlaubnis nur an bestimmte physische Personen erteilt werden. Damit war 
aber nicht ausgeschlossen, daß eine vom Vorsteher der Privatlehranstalt verschiedene 
Person die Mittel zur Unterhaltung hergab, oder daß diese Mittel durch eine Mehr- 
zahl von Personen, z. B. durch einen Verein, aufgebracht wurden. Auch Korpora- 
tionen und Stiftungen konnten in diesem Sinne — selbstverständlich nur nach Maß- 
gabe der die Art und Weise der Verfügung über das Vermögen der Korporation 
oder Stiftung regelnden statutarischen oder gesetzlichen Bestimmungen — Privat-Lehr- 
und Erziehungsanstalten errichten, aber nur durch Vermittelung einer bestimmten 
physischen, zur Leitung der Anstalt geeigneten Person. Bei jedem Wechsel 
in der Person des Vorstehers der Anstalt mußte die Staatserlaubnis von neuem, 
und zwar von dem neu eintretenden Vorsteher für seine Person, erwirkt werden; 
die von dem neuen Vorsteher geleitete Anstalt war rechtlich eine neu entstandene, 
von der auf den Namen des früheren Vorstehers konzessionierten Anstalt individnell 
verschiedene. . 
In der „geschichtlichen Einleitung“ ist bereits (S. 37/38) der Gründe Er- 
wähnung geschehen, welche dahin geführt haben, in den Entwurf des Gesetzes, dessen 
nächste Aufgabe eine neue Regelung des offentlichen Volksschulwesens war, auch Be- 
stimmungen über Lehr= und Erziehungsanstalten der Privaten und Korporationen 
aufzunehmen. Inhaltlich unterscheiden sich die bezüglichen nunmehr im Gesetze über 
den Elementarunterricht enthaltenen Festsetzungen von den Vorschriften der Ver- 
ordnung vom 7. November 1840 hauptsächlich darin, daß jetzt die Errichtung von 
Privat= Lehranstalten nicht mehr von einer Staatserlaubnis abhängig, sondern 
kraft Gesetzes Jedem gestattet ist, welcher die gesetzlichen Voraussetzungen nachweist. 
Die letzteren bestehen für Anstalten, in welche Kinder im schulpflichtigen Allter 
aufgenommen werden sollen, in der Erbringung des Nachweises, daß die Anstalt 
nach ihrem Lehrerpersonal und ihren sonstigen Einrichtungen wenigstens den durch 
die Lehraufgabe der Volksschule bestimmten Elementarunterricht zu gewähren im- 
stande sein werde, sowie eines Ausweises über die sittliche Würdigkeit der an der 
Anstalt Wirkenden. 
Erleichtert ist die Errichtung von Privatlehranstalten ferner dadurch, das jetzt 
das Gesetz die Stelle des Unternehmers von der des Vorstehers und Lehrers unter- 
scheidet und von dem ersten nur sittliche Würdigkeit, nicht die Qualifikation zum Lehrer 
verlangt. Nach diesem Gesichtspunkt können auch Vereine — bertreten durch ihren 
Vorstand — Privatlehranstalten gründen, ein Fabrikherr eine eigene Fabrikschule er- 
richten, und auch Frauen können wenigstens Unternehmerinnen eines Knabeninstituts 
sein, eine Anstalt für Mädchen aber selbstständig leiten. 
Für Privatlehranstalten, welch ausschließlich Kinder unter oder über dem 
Alter der Volksschulpflichtigkeit aufnehmen, ist von allen Präventivmaßregeln ab-
	        
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