Full text: Gesetze und Verordnungen über Elementarunterricht und Fortbildungsunterricht im Großherzogtum Baden.

Titel VII. Lehranstalten der Privaten und Korporationen. 8 110. 275 
gesehen: es ist nur die Errichtung der Anstalt den Staatsbehörden anzuzeigen, welchen 
das Recht der Einsichtnahme und eventuell der Schließung der Anstalt vorbehalten 
(& 115 d. G.). 
Vollzugsvorschriften zu Titel VII des Elementarunterrichtsgesetzes 
enthalten: 
Ministerialverordnung, betr. die Lehr= und Erziehungsanstalten der Privaten 
und Korporationen, vom 9. Oktober 1869; 
Ministerialverordnung vom 14. November 1898, betreffend die Schulhausbau- 
lichkeiten, §§ 24, 25 und 26 — beide im Abschnitt V (Schulordnung). 
8 110. 
Die Errichtung von Privat-Lehr= und Erziehungs-Anstalten, in welche 
schulpflichtige Kinder aufgenommen werden, ist unter folgenden Bedingungen 
gestattet: 
1. Die sittliche Würdigkeit des Unternehmers, des Vorstehers und der 
sämtlichen Lehrer muß unbeanstandet sein. 
2. Vorsteher und Lehrer haben sich über ihre Befähigung zum Lehr- 
und Erziehungsfache erforderlichenfalls durch eine vor den Schul- 
behörden zu bestehende Prüfung genügend auszuweisen. 
3. 
Der Lehrplan muß so beschaffen sein, daß er mindestens die Zwecke 
der Volksschule (§ 20) sicherstellt und darf nichts den guten Sitten 
Zuwiderlaufendes oder den Staat Gefährdendes enthalten. 
4. Die Einrichtungen müssen der Art sein, daß für die Gesundheit der 
Kinder keinc Nachteile zu befürchten sind. 
Unter diesen Voraussetzungen können auch Franen Privat-Lehr= und 
Erziehungsanstalten errichten, jedoch nur dann dieselben als Vorsteherinnen 
leiten, wenn sie ausschließlich für Mädchen bestimmt sind. 
  
1. [Privatunterricht.] Die §§ 100—105 des Gesetzes beziehen sich nur 
auf Privat-Lehr= und Erziehungs-Anstalten, nicht auf Privat-Unterricht. 
Zur Erteilung von Privatunterricht ist Jedermann befugt, und es unterliegt 
die Ansübung dieser Befugnis keinerlei besonderen gesetzlichen Beschränkungen. Auch 
wer berufs-(„gewerbs= Jmäßig sich damit befassen will, hat weder über Be- 
fähigung zum Lehr= und Erziehungsfache sich auszuweisen, noch ist er (abgesehen von 
den bezüglichen Vorschriften der Steuergesetze) verpflichtet, irgend welcher Behörde 
sein Vorhaben oder die bereits begonnene berufsmäßige Unterrichtserteilung anzu- 
zeigen (ugl. deutsche Gewerbeordnung, § 6 verbunden mit § 14). Der einem schul- 
pflichtigen Kinde erteilte Privatunterricht hat aber nicht — wie die Aufnahme in eine, 
als den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend anerkannte Privatlehr an stalt — 
die Wirkung, daß das Kind von der Verbindlichkeit zum Besuche der Volksschule 
kraft Gesetzes frei wird, sondern die Befreiung muß für jedes durch einen Privat- 
lehrer unterrichtete Kind besonders nachgesucht und kann nach den Umständen des 
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