Full text: Gesetze und Verordnungen über Elementarunterricht und Fortbildungsunterricht im Großherzogtum Baden.

Titel VII. Lehranstalten der Privaten und Korporationen. § 116. 279 
haltlich der in Absatz 2 des Gesectzes der Gr. Regierung vorbehaltenen 
Nachsichterteilung, welche nur im einzelnen Fall für bestimmte einzelne 
Personen erteilt werden könnte. 
2. Nach § 115 — nicht nach §§ 110 und 111 — des Gesetzes sind auch solche 
Privat-Lehr= und Erziehungsanstalten zu behandeln, die schulpflichtige Kinder 
aufuehmen, letztere aber — neben dem Unterricht, den sie in der Privatanstalt em- 
pfangen — die Volksschule besuchen lassen, die also nicht die Berechtigung einer 
kraft Gesetzes eintretenden Befreiung ihrer Zöglinge von der Verpflichtung zum 
Besuche der Volksschule in Anspruch nehmen (Staatsministerial-Entschließung vom 
24. August 1846 — s. oben S. 273.74). 
8 116. 
Korporationen und Stiftungen können Lehr- und Erziehungsanstalten 
nur mit Staatsgenehmigung errichten. Auf solche Anstalten sind die Vor— 
schriften der 88 110 —114 anwendbar. 
Kirchlichen Korporationen und Stiftungen ist die Errichtung einer 
Lehr- und Erziehungs-Anstalt nur aufgrund eines besonderen Gesetzes 
gestattet. 
Mitgliedern eines religiösen Ordens oder einer ordensähnlichen reli- 
giösen Kongregation ist jede Lehrwirksamkeit an Lehr= und Erziehungs- 
anstalten im Großherzogtum untersagt. 
Die Staatsregierung ist ermächtigt, für einzelne Personen in wider- 
ruflicher Weise Nachsicht von diesem Verbot zu erteilen. 
  
Landesh. V.O. vom 26. Juni 1892 § 5, Ziff. 6 u. 7. 
1. [Lehrwirksamkeit der Mitglieder religiöser Orden 2c- * 
Die Absätze 3 und 4 des § 116 waren in dem Gesetze vom 8. März 1868 nicht ent— 
halten. Dieselben wurden erst hinzugefügt durch das Gesetz vom 2. April. 1872, die 
öffentliche Lehrwirksamkeit der Mitglieder eines religiösen Ordens betreffend (Ges. u. 
V.O. Bl. 1872, Nr. XV, S. 173). 6 
Durch den Ausdruck „Orden und ordensähnliche Kon- 
gregationens soll klar gestellt werden, dass das Gesetz sich auf die 
zwar nach dem katholischen Kirchenrecht verschiedenen, für den Staat 
aber in den hier fraglichen Beziehungen ganz gleichstehenden Orden und 
Kongregationen bezieht, wührend es solche Verbindungen, deren Mlitglieder 
sich nicht zu einem gemeinsamen Leben verbpflichten. und nicht ihre 
ganze Persönlichkeit den Zwecken eines Ordens oder einer Kongregation 
zur Verfügung stellen, mithin die kirchlichen Bruderschaften oder Vereine, 
nicht berührt. 6 
Das entscheidende Kriterium liegt niernach nicht sowohl 
in der Ablegung von mehr oder minder feierlichen bezw. dauernden 
Gelübden, sondern in der Organisation der Genossenschaft. 
durch welche die zu einer vita communis vereinigten. Alitglieder ausser- 
halb der gewöhnlichen Ordnung der bürgerlichen Gesellschaft gestellt
	        
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