Full text: Gesetze und Verordnungen über Elementarunterricht und Fortbildungsunterricht im Großherzogtum Baden.

282 II. Gesetz über den Elementarunterricht. 
und Privatkorporationen aber würde durch das neue Gesetz, das keine rückwirkende 
Kraft hat, nichts geändert werden.“ 
Die Erste Kammer trat den die Korporationsschulen betreffenden Beschlüssen 
des anderen Hauses nicht bei, gab vielmehr — nach den Anträgen ihrer Kommission 
— dem Gesetze seine jetzige Fassung, welcher die Zweite Kammer schließlich — ohne 
Aufgeben ihres prinzipiellen Standespunktes — nur deswegen ihre Zustimmung er- 
teilte, um nicht an den auseinandergehenden Ansichten beider Häuser bezüglich dieses. 
Gegenstandes das ganze Gesetzeswerk scheitern zu lassen. Die Anschauung, von 
welcher die Kommission der Ersten Kammer bei ihrer Antragstellung ausging, ist in 
dem (von Fürst W. zu Löwenstein-Freudenberg erstatteten) Berichte dahin aus- 
gesprochen: 
„Zu § 100. Junhaltlich des Entwurfs der Zweiten Kammer sind die in dem 
Regierungsentwurf hier aufgeführten Korporationsschulen mit Stillschweigen über- 
gangen.“ 
„Diese Auslassung scheint uns aber nicht korrekt, und kann zu allerlei denk- 
baren Interpretationen Anlaß geben, sowie auch als Mittel zur Agitation benutzt, 
ja sogar als eine Art Beleidigung aufgefaßt werden. Will der Staat keine solche 
Schulen dulden, so schiene es uns angemessen, dies auch in dem vorliegenden Gesetz 
auszusprechen. Mit einem gewissen Necht würden andernfalls die Korporationen 
und Stiftungen, unter Beobachtung der für Privaterziehungsanstalten vor- 
geschriebenen Formen und Garantieen auch ihrerseits Elementarschulen zu gründen 
sich für berechtigt halten können. Wir würden aber, wie wir solches im allgemeinen 
Teil bereits erörtert haben, es als eine Rechtsverletzung tief bedauern, wenn die 
Stiftungen und Korporationen gesetzlich von aller Teilnahme am Volksunterricht 
ausgeschlossen würden. Ebensowenig können wir ihnen aber gleiche Befugnisse 
mit und neben den Volksschulen einräumen, müssen vielmehr auf gewisse Garantieen 
bedacht sein, um den Fortbestand der Volksschulen sicher zu stellen. Eine 
genügende Garantie erblicken wir nun für die Errichtung von Volksschulen von- 
seiten weltlicher Korporationen und Stiftungen in der Staatsgenehmigung, und 
vonseiten kirchlicher Korporationen und Stiftungen in der Bestimmung, daß den- 
selben die Errichtung von Erziehungsanstalten nur aufgrund eines speziellen Gesetzes. 
gestattet sein soll. Die hohe Kammer würde dann in jedem einzelnen Falle Gelegen- 
heit haben, sich darüber auszusprechen, ob sie eine derartige kirchliche Korporations- 
schule will oder nicht, und die Regierung ihrerseits würde, wenn sie in un- 
ruhigen Zeiten von der einen oder anderen Seite gedrängt sein sollte, an den 
Kammern einen Halt haben, resp. eine Stütze finden, um etwaigen Ausschreitungen 
zu begegnen.“ 
3. [Korporationsschulen durch Mittelspersonen.] In dem 
allgemeinen Teile des nämlichen Berichtes findet sich folgende hierher bezügliche- 
Außerung: 
„Nachdem in dem Gesetzentwurf der Zweiten Kammer Korporationen und 
Stiftungen gar nicht genannt sind, so stünde es ihnen frei, diese Auslassung nach. 
ihrem Sinne auszulegen. Möglicherweise hätten sie glauben können, mit Beobachtung 
der äußerlichen Formen dieselben Rechte wie Privatpersonen zu besitzen und hätten 
mit Umgehung des Gesetzes unter Vorschiebung einer physischen Person ihr Ziel auch- 
erreichen können, aber in heimlicher Weise und möglich in feindseliger Richtung. Die 
munausbleibliche Folge hiervon würde eine fortgesetzte Agitation seitens jener kirchlichem 
Vereinc sein, getragen durch die gerechte Empfindlichkeit über verletztes Recht, während-
	        
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