1. Verordnung vom 27. Februar 1894 (Schulordnung). 383
seiner Zuständigkeit bestimmte Verlängerung der gesetzlichen Unterrichtszeit, sondern,
wie aus dem Wortlaut des § 41 der Schulordnung unzweideutig hervorgeht, als
eine „Schulstrafe'“ dar. .
Die Nichterfüllung dieser vom Lehrer dem Schüler auferlegten Verpflichtung
ist daher nicht der Verletzung der Pflicht gleich zustellen, welche nach § 1 des E. U.G.
den Eltern schulpflichtiger Kinder obliegt, und kann daher auch nicht aufgrund
des § 4 des Gesetzes zum Gegenstand der Bestrafung gemacht werden. Scheitert
der Vollzug der Strafe an dem Widerstand des Kindes, so ist dieser Ungehorsam
durch Anwendung anderer Strafen zu beugen. Trifft dagegen die Schuld an dem
Nichterscheinen des Kindes die Eltern, so ist wohl polizeilicher Zwang — Ab-
holung des Kindes und Verbringen in die Schule durch den Ortsdiener auf
Anordnung des Bürgermeisters — nicht aber die Verhängung einer öffentlich-recht-
lichen Strafe zulässig. Am meisten dürfte es sich in Fällen der vorliegenden Art
empfehlen, gegen das ungehorsamerweise oder infolge Weisung seiner Eltern nicht
erschienene Schulkind auf „Einsperrung (§ 41, Ziffer 2 der Schulordnung vom
27. Februar 1894) zu erkennen.“ O. Sch.R., 29. November 1805 Nr. 22315.
2. „Einsperrung“" von Schülern auf Anordnung des ersten
Lehrers: Dienstweisung für die ersten Lehrer, § 11 — S. 353.
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1. Körperliche Züchtigung findet in der Regel nicht statt. Sie ist nur
ausnahmsweise zur Beugung beharrlichen böswilligen Widerstandes oder als
Strafe für besonders unartiges Verhalten zulässig und darf keinenfalls die
Grenzen der elterlichen Zucht überschreiten.
2. Wenn die Ortsschulbehörde auf körperliche Züchtigung erkennt, so
hat sie die Strafe unter Aufsicht durch den Gemeinde= oder Schuldiener
vollziehen zu lassen.
Vgl. Verordnung vom 4. März 1894, betreffend die Dienstpflichten der Volks-
schullehrer (Dienstweisung für dieselben), § 23.
Bei Anzeigen gegen Lehrer wegen Ueberschreitung des Züchtigungsrechtes soll
die bezirksärztliche Untersuchung des angeblich mißhandelten Kindes im
allgemeinen in allen denjenigen Fällen unterbleiben, in denen die den Gegenstand der
Beschwerde bildende Handlungsweise nach dem Ermessen des Bezirksamtes sich nicht
als Zuwiderhandlung gegen die Vorschrift in § 42, Ziffer 1, der Schulordnung dar-
stellt. Jedoch wäre auch in solchen Fällen, in denen die Grenzen elterlicher Zucht
seitens des Lehrers nicht überschritten worden sind, eine bezirksärztliche Untersuchung
dann anzuordnen, wenn irgend welche Anhaltspunkte für die Annahmc vorhanden
sind, daß die an sich leichte Züchtigung für das davon betroffene Kind doch irgend
welche erheblichere Nachteile — Erkrankung innerer Organe, Beeinträchtigung des
Gehörvermögens u. s. w. — zur Folge gehabt habe oder aber möglicherweise zur
Jolge haben werde. Auch wird der Anordunng einer bezirksärztlichen Untersuchung
selbstverständlich dann nichts im Wege stehen, wenn der Beschwerdeführer zur llbber-
nahme der hierdurch entstehenden Kosten sich bereit erklären sollte. In den übrigen