34 I. Geschichtliche Einleitung.
fahren, wenigstens für die einfache ebangelische Volksschule in allen Land-
orten den Ortspfarrer zum Vorsitzenden des Ortsschulrats zu ernennen, wo
keine besondcren erheblichen Gründe entgegenstanden, oder der Ortspfarrer
selbst die Uebernabme des Vorsitzes ablehnte.
Die katholische Kirchenbehörde dagegen verbot den Geistlichen nicht
allein den Eintritt in den Ortsschulrat und die oberen staatlichen Schul-
behörden, sondern untersagte denselben auch jeden geschäftlichen Verkehr mit
den staatlichen Schulbehörden überhaupt.
Erziehung und des Unterrichts zu erfüllen hat, unverrückt festzuhalten und dieselbe
auch in derjenigen Form zu bethätigen, welche jetzt die gesetzlich festgestellte geworden
ist. Wir haben insbesondere zu unsern Geistlichen das volle Vertrauen, daß sie der
Förderung des Volksschulwesens mit nicht geringerer Liebe und Hingebung als bisher
sich widmen werden. Das Gesetz hat dem Ortspfarrer eine Stelle in dem neu zu
bildenden Ortsschulrat vorbehalten, in welcher derselbe zugleich die Interessen der
evangelischen Kirche und der Volksschule zu vertreten Gelegenheit und Beruf hatten.
Wir erwarten deshalb zuversichtlich, daß die Geistlichen in Erfüllung der ihnen
kirchenverfassungsmäßig obliegenden Pflichten sich diesem Berufe mit Eifer unter-
ziehen werden.“
1) Erlaß des Erzbischöflichen Ordinariats zu Freiburg vom 15. September
1864 Nr. 8375 (veröffentlicht im Anzeigeblatt für die Erzdiözese Freiburg von
1865 Nr. II):
„Die Erzbischöflichen Dekanate (Badischen Anteils) werden beauftragt, den ihnen
untergebenen Erzbischöflichen Pfarrämtern zu eröffnen:
In dem Erzbischöflichen Hirtenbriefe vom 19. Juli d. J. ist nachgewiesen, daß
die kirchliche Autorität keinerlei Mitwirkung oder Einfluß bei den durch das Gesetz
vom 29. Juli d. J. organisierten Schulbehörden hat, daß die hiedurch geschaffenen
obern Schulbehörden konfessionslos sind und doch die katholischen Schulen und die
Verwaltung der katholischen Schulfonds leiten, daß demnach auch die konfessionelle
Erhaltung der katholischen Schulen gefährdet sei. Weil also durch dieses Gesetz die
Autorität der Kirche aus der Leitung der Schule entfernt ist, hat der heilige Vater
durch das an unsern Hochwürdigsten Herrn Erzbischof gerichtete Sendschreiben vom
14. Juli d. J. entschieden, daß die Katholiken mit gutem Gewissen sich an dieser
Entziehung der kirchlichen Rechte und Pflichten nicht beteiligen können. In dem
erwähnten Erzbischöflichen Hirtenbriefe ist es den Geistlichen untersagt worden, bei
der Durchführung des genaunnten Gesetzes vom 29. Juli d. J. mitzuwirken.
Um den hierüber an uns gelangten Anfragen mehrer Erzbischöflichen Dekanate
zu entsprechen, verordnen wir:
1. Sobald der Ortsschulrat nach dem Gesetze vom 29. Juli d. J. gewählt und
der Kreisschulrat ernannt sein wird, dürfen die Geistlichen sich weder als Vorsitzende,
noch als Mitglieder, überhaupt in keinerlei Weise an dem nach obigem Gesetze
und der Verordnung vom 20. v. M. (Reg.-Blate 1864 Nr. 38) eingesetzten Orts-
schulrat oder an dessen Geschäften beteiligen.
Ebenso ist es keinem Geistlichen gestattet, in die oberen staatlichen kon-
fessionslosen Schulbehörden einzutreten.
2. Es versteht sich von selbst, daß von dem Zeitpunkt an, wo der Ortsschulrat
eingesetzt ist, die Geistlichen mit den staatlichen Sch ulbehörden in keinem
geschäftlichen Berkehr bezüglich des Schulwesens zu stehen haben.