1. Religionsunterricht. 497
Andererseits stände es lediglich in der freien Entschließung der staatlichen
Unterrichtsverwaltung, ob und welche Wirkung der kirchlicherseits verfügten Maßregel
in Ansehung der Gestaltung des übrigen Schulunterrichts eingeräumt werden soll.
Insbesondere könnte ein Anspruch, daß für anderweitige Erteilung der ausfallenden
Religionsstunden nach Anleitung der Bestimmungen in 8 23 des EU.G. Vorsorge
getroffen werde, weder der staatlichen Unterrichtsverwaltung, noch (in finanzieller
Beziehnng) der Gemeinde oder der Staatskasse gegenüber erhoben werden. Die
Staatsbehörde wird vielmehr für berechtigt zu erachten sein, zu verhindern, daß der dem
Schullehrer abgenommene Neligionsuntericht in anderer Weise erteilt werde, als durch
einen Geistlichen der betreffenden Kirche, welcher vermöge eines nach Maßgabe der
Staatsgesetze ihm übertragenen geistlichen Amtes in dem Bezirke, in dem die
Schule gelegen ist, kirchliche Funktionen ausznuüben berechtigt ist.
Wenn die Staatsbehörde für geboten erachtet, die Erteilung des Religions-=
unterrichts durch den Schullehrer ihrerseits „abzustellen", so wird es regelmäßig von
den thatsächlichen Umständen im einzelnen Falle abhängen, ob Grund vorliege, für
einen Ersatz der einem Schullehrer abgenommenen Religionsstunden — etwa durch
Austausch des Religionsunterrichts mit anderem Unterricht und Eintreten eines
anderen Lehrers des betreffenden Bekenntnisses in die freigewordenen Religions-
stunden — die Mitwirkung der staatlichen Schulverwaltung eintreten zu lassen.
Zur örtlichen Baaufsichtigung des durch einen (Volksschul-) Lehrer erteilten
Religionsunterrichts ist der Ortsgeistliche (Pfarrer) des betreffenden Bekennt-
nisses zuständig; derselbe ist insbesondere berechtigt, durch Besuch der Unterrichts-
stunden und durch Abhaltung von Prüfungen über die Einhaltung des Stunden-
und Lehrplanes sich zu verlässigen (O. Sch.N., 7. April 1894 Nr. 5090). Hinsicht-
lich der Veranstaltung solcher Prüfungen sind für den Fall, daß nicht zwischen den
Beteiligten dem (Geistlichen und dem Lehrer) Verständigung im Einzelfalle zustande
käme, bei der Oberschulbehörde folgende Grundsätze festgestellt worden:
1. Der Ortspfarrer kann jederzeit eine Prüfung der Schüler im Religions-
unterricht anordnen und das Erscheinen des Lehrers wie der Schüler hiezu verlangen,
insofern
a. hiedurch die übrige Unterrichtszeit eine Störung nicht erleidet und
b. die Prüfung auch nicht außerhalb der geordneten Unterrichtszeit angesetzt
ist, sonach nur für die Zeit, in der er selbst oder der Lehrer Religions-=
unterricht erteilen.
2. Andernfalls — d. h. außerhalb der unter Ziffer 1, a und b, bezeichneten
Fälle — hat der Pfarrer sein Prüfungsvorhaben der Ortsschulbehörde mit
dem Ersuchen um entsprechende weitere Anordnung mitzuteilen. Verfügt die Orts-
schulbehörde dem Antrag des Ortsgeistlichen entsprechend, so haben die Lehrer dieser
Anordnung Folge zu leisten; weist sie den Antrag zurück, so steht dem Ortsgeist-
lichen das Recht zu, die Entscheidung des Kreisschulrats herbeizuführen.
3. Lehrer und Schüler eines Filialortes können gegen ihren Willen zum Besuch
einer Prüfung im Hauptorte nicht angehalten werden.
O. Sch. R., 20. Januar 1897 Nr. 1506.
Wenn Schüler den vom Lehrer erteilten Religionsunterricht derark versäumen,
daß nach der Veraulassung der Versäumnisse oder der Häufigkeit ihrer Wieder-
kehr oder etwaigen anderen begleitenden Umständen darauf zu schließen ist, daß der
Schüler von sich aus oder auf Veranlassung seiner Eltern der religiösen Unter-
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