Full text: Deutsche Staatsgrundgesetze. Heft 6. Verfassungsurkunde des Königreichs Sachsen. Vom 4. September 1831.

152 Dritter Abschnitt: Der Landtag. 8 19. 
  
migt, wenn nicht in bestimmter Frist von mindestens 10 Mitgliedern Widerspruch erhoben 
wird. Günstigenfalls wird die Sache auf die Tagesordnung gebracht und die Deputation 
erstattet Bericht. Es kommt dann darauf an, ob die Kammer sich ihrer annehmen will. 
Wenn ja, so geht sie den für eigene Petitionen und Beschwerden der Kammer gewiesenen Weg. 
Ist die Eingabe in der einen oder andern Weise zur Erledigung gekommen, so erhalten 
die Beteiligten davon Nachricht; nur wenn sie als „unzulässig“ befunden wurde, soll auch 
das nicht geschehen. 20) 
IIII. Dem Landtage dient zu seinen Versammlungen ordentlicherweise das für ihn 
errichtete staatliche Gebäude, das Ständehaus zu Dresden. Es steht unter der ge- 
meinschaftlichen Verwaltung der beiden Präsidenten. 
Die Stände haben ihr Archiv, ihre Bibliothek und ihre Kanzleien. Die erforderlichen 
Beamten und Diener werden von den Präsidenten angestellt. 
Ein ständischer Bureaudirektor hat die Leitung der Kanzleien und des Archivs, 
sowie die allgemeine Dienstaufsicht über das gesamte Personal; er wird von den Ständen 
ernannt. 31) 
Die Präsidenten sind für alle diese Beamten die Vorgesetzten. 
§ 19. Rechte und Pflichten der Kammermitglieder. Die Mitgliedschaft in einer der 
beiden Kammern, wie sie durch die Annahme einer Wahl oder Bevollmächtigung oder durch 
Nichtausschlagung eines sonstigen Berufungsgrundes erworben wird, begründet für das 
Kammermitglied die persönliche Fähigkeit, rechtswirksam teilzu- 
nehmen an der Ausübung der den Ständen verfassungsmäßig 
zustehenden Befugnisse.1) Dieses subjektive öffentliche Recht des Kammer- 
mitgliedes äußert, so lange es besteht, für den, dem es zusteht, gewisse rechtliche Ne- 
benwirkungen: besondere Verpflichtungen, persönliche Rechtsvorzüge, Rechts- 
ansprüche nebensächlicher Art. 
I. Wie beim König mit dem Rechte an der Staatsgewalt von selbst die sittliche Pflicht 
sich verbindet, sie zum Besten des Gemeinwesens zu verwenden, seinen Fürstenberuf zu 
erfüllen, so entspricht beim Kammermitglied der ihm zustehenden Rechtsmacht eine ähn- 
liche Berufspflicht des Volksvertreters. Die Verf.-Urk. § 78 schärft sie 
ausdrücklich ein nach einer bestimmten Richtung, nach der Seite hin, daß alle Sonderzwecke 
zurücktreten sollen: die Stände sind da für die „Gesamtheit der Staatsbürger und Unter- 
tanen“, um das „unzertrennliche Wohl des Königs und des Landes“ fördern zu helfen. 
30) Landt.-Ord. § 24. Aus einem erklärlichen Höflichkeitsbedürfnis hat man die Beseitigung 
dieses Verbotes angestrebt; Opitz, Staats-R. II S. 196 Note 13. 
31) Landt.-Ord. § 36 und §* 37 in der Fassung des Ges. v. 9. August 1904. Der Bureau-= 
direltor hieß vorher Archivar. Über die rechtliche Stellung der ständischen Beamten vgl. unten 
§* 28 Note 5. 
1) Nach Jellinek, System der subj. öff. Rechte S. 159, ist das Recht der Gewählten 
„ein auf Grund ihrer aktiven, durch die Wahl erworbenen Qualifikation sich ergebender Anspruch 
auf Anerkennung ihrer Individualität als Träger staatlicher Organschaft“". Organe des Staates 
sind ihm allerdings nicht bloß die Gewählten, sondern auch die aus ihnen gebildeten Kammern 
(a. a. O., S. 159 Note 2). Die Verf.-Urk. & 78 bezeichnet ihrerseits die Stände im ganzen, also 
beide Kammern als „das gesetzmäßige Organ“ und zwar nicht des Staates, sondern „der Gesamt- 
heit der Staatsbürger“. Das Wort Organ ist durch seine vielseitige Verwendbarkeit sehr beliebt 
geworden; eben darum hilft es eben auch nicht viel zur Verdeutlichung der Dinge. 
2) Damit wird der Gegensatz zu der Grundidee der alten Stände betont; Opitz, Staate- 
recht II S. 43; vgl. aber oben 3 5 Note 3. Im Zusammenhang damit steht das verfassungs- 
mäßige Verbot an die Abgeordneten, „eine Instruktion von ihren Kommittenten anzunehmen“, 
also des sog. imperativen Mandates (Verf.-Urk. &J|81 Abs. 1). 
 
	        
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