Full text: Gesetze und Verordnungen über Elementarunterricht und Fortbildungsunterricht im Großherzogtum Baden.

4. Handfertigkeitsunterricht. 569 
4. 
Handfertigkeitsunterrricht für Knaben. 
Vgl. Zusatz zu §5 20 des E.-U.-G. — S. 110/111. 
I. Der Handfertigkeitsunterricht für Knaben verfolgt nicht den 
Zweck, in ähnlicher Weise, wie der Handarbeitsunterricht für Mädchen, die Schüler zu 
einer unmittelbar im praktischen Leben verwertbaren Thäütigkeit geschickt zu machen, etwa 
dieselben zu einer Art von Gewerbebetrieb anzuleiten; dieser Unterricht will vielmehr 
einer Forderung entgegenkommen, welche in neuerer Zeit vom pädagogischen Stand- 
punkt in immer weiteren Kreisen und mit wachsendem Nachdruck dahin erhoben 
wird, daß bei der Erziehung der Knaben neben der Schulung des Verstandes und 
neben der Pflege einer mehr abstrakt-geistigen Thätigkeit auch die Ausbildung der 
Sinne des Anschauungs= und Darstellungsvermögens zu ihrem Rechte komme, daß 
auch die körperlichen Kräfte des Knaben geschult werden, um bei ihm Schaffens- 
frendigkeit sowie die praktisch-geistigen Fähigkeiten zu wecken und damit ihn zu 
der werkthätigen Arbeit zu erziehen, welcher die überwiegende Mehrzahl der Berufs- 
arten im Leben dient. (Ständ. Verhandlungen, 1891/1892, II Kammer, Beilagen- 
heft IV, S. 1029. 
Vergütungen für Erteilung von Handfertigkeitsunterricht — bei Volksschulen 
einc besondere, der Gemeinde freigestellte unterrichtliche Veranstaltung — sind ohne 
staatliche Beihilse von der Gemeinde zu leisten, auch wenn diese nicht der Städte- 
ordnung untersteht (E.-U.-G. § 56 Ziffer 5). Dagegen wird diesem Unterrichts- 
zweige auch in finanzieller Hinsicht Unterstützung und Förderung seitens der staat- 
lichen Unterrichtsverwaltung dadurch zuteil, daß an der Mehrzahl der Lehrer- 
bildungsanstalten Handfertigkeitsunterricht für freiwillige Teilnehmer eingerichtet ist, 
und daß an Lehrer zum Zweck der Ansbildung für Erteilung solchen Unterrichts Beihilfen 
aus Staatsmitteln gewährt werden. Für letzteren Zweck wurden im Staatsvoranschlag 
— von 1890 an im außerordentlichen, seit 1900 im ordentlichen Etat der Unterrichts- 
verwaltung — eine Jahressumme von 1500 Mark vorgesehen, welche bisher regelmäßig 
in der Weise Verwendung fand, daß daraus an Lehrer — sowohl an Volks= als an 
Mittelschulen und Lehrerbildungsanstalten — Stipendien behufs der Teilnahme an Unter- 
richtskursen der Lehrerbildungsanstalt für Handfertigkeitsunter- 
richt in Leipzig verwilligt wurden. Wiederholt sind auch einzelnen Gemeinden 
Mittel zur Verfügung gestellt worden für die erstmalige Anschaffung der zur Ein- 
richtung von Kursen für Handfertigkeitsunterricht erforderlichen Werkzeuge. 
II. Außer den Bestimmungen in S§ 20 Abs. 4 und 8§ 56 Ziffer 5 des 
Elementarunterrichtsgesetzes vom 13. Mai 1892 bestehen keinerlei auf die Pflege des 
Handfertigkeitsunterrichts bezügliche Vorschriften, weder in Gesetzen noch in Verord- 
nungen. Mit Rücksicht auf den Umstand, daß dieser Unterrichtszweig noch in den 
Anfängen seiner Entwicklung sich befindet, sowie auf die Verschiedenartigkeit der 
hierbei in Betracht kommenden örtlichen Bedürfnisse wurde von einer Regelung im 
Wege allgemeiner Verordnung bis jetzt abgesehen, vielmehr die Gestaltung des 
Unterrichts für die einzelnen Schulen, bei welchen derselbe zur Einführung gelangt 
ist, in der Hauptsache den Ortsbehörden überlassen (vgl. z. B. in Ansehung der 
Karlsruher Schulen — S. 263 dieser Schrift). Im allgemeinen wird der Unter- 
richt nach der Anleitung erteilt, welche die dafür ausgebildeten Lebrer in den
	        
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