Full text: Gesetze und Verordnungen über Elementarunterricht und Fortbildungsunterricht im Großherzogtum Baden.

754 X. Fortbildungsunterricht. 
in eine Haushaltungsschule jedenfalls als ausreichender Grund zur Befreiung durch 
Verfügung der Schulbehörde (Gesetz vom 18. Februar 1874, § 1, Absatz 3) zu 
gelten haben. 
II. Durch das Unterrichtsministerium veranlaßt, die Frage, 
ob und in welcher Weise, namentlich in wolchem Umfange an 
Volksschulen des Grossherzogtums der Arbeitsuntorricht für die 
Mlüdchen der oberen Klassen auf Unterricht in der Haushaltung, ins- 
hesondere im einfachen Kochen, ausgedehnt werden könntc, 
einer eingehenden Prüfung zu unterziehen, hat die Oberschulbehörde obige Frage am 
16. Dezember 1889 mit den zur Konferenz zusammenbernfenen Kreisschulräten beraten. 
Aus dem Ergebnisse der Beratungen mögen nachstehende Sätze hier Aufnahme 
finden: 
„Die Volksschule des Großherzogtums könnte in ihrem dermaligen Bestande 
die allgemeine etwa gesetzlich anfzuerlegende Belastung mit einem weiteren Lehr- 
fache, der Haushaltungskunde, noch weniger ertragen als manchfach anderwärts 
a: wegen der Zusammensetzung des Lehrkörpers, der zu 94 bis 95% aus 
Männern besteht und nur zu 5 bezw. 60%0 aus Frauen; 
b. wegen der Beschränkung des Unterrichts einer Klasse auf 16 Stunden in 
der Woche. Die Ausdehnung desselben auf längere Zeit ist nur in Städten 
und zwar fast nur in den größeren zu finden. 
c. wegen der in den meisten Gemeinden bestehenden Vereinigung der Knaben 
und Mädchen im Unterricht.“ 
Ferner: 
„Die Einrichtung eines besonderen vorbereitenden Unterrichts in der Haus- 
haltungskunde (ausschließlich des Kochens) könnte aber überall da in der obersten 
Klasse einer Mädchenschule mit etwa einer Wochenstunde getrofsen werden, wo sich 
eine geeignete Lehrkraft dafür vorfindet, sei diese eine Lehrerin oder ein Lehrer. 
Dieser Unterricht brauchte, soweit es die Schülerinnen betrifft, nicht eigentlich 
als ein neues Lehrfach angesehen zu werden, das in dem § 25 des Elementarnnter- 
richtsgesetzes keinen Naum habe; es könnte vielmehr wohl mit Recht als eine Zu- 
sammenfassung verschiedener Realien zu einem besonderen Ganzen bezeichnet werden. 
Die nötige Zeit würde also den letzteren entnommen werden können.“ 
„Die Sorge für einen Unterricht im Kochen kann dagegen die Schule nicht 
übernehmen. 
Wo aber, sei es von der betreffenden Gemeinde oder von Privatpersonen oder 
Vereinen, eine derartige Einrichtung geschaffen wird, da kann und sollte derselben 
die Schule, soweit es ihre Hauptaufgabe gestattet, freundlich und fördernd entgegen- 
kommen. Handelt es sich um die Teilnahme der obersten Jahrgänge der Mädchen 
an dem Kochunterricht, so könnte dieselbe vielleicht da und dort durch geeiguete Ver- 
legung der Wochenferien ermöglicht oder gefördert werden. 
Hat aber die Kochschule nur solche Mädchen im Auge, welche der Elementar- 
schule bereits entwachsen sind, so könnte der Besuch der ersteren als stellvertretend 
für den Besuch der Fortbildungsschule angesehen werden.“ 
Des weiteren wurde hinsichtlich der Frage, wie der thcoretische Haushaltungs- 
unterricht in der Schule zu gestalten wäre, von der Oberschulbehörde auf die Mög- 
lichkeit ciner nach dieser Richtung zielenden Umarbeitung des Volksschullesebuchs, 
Teil III, hingewiesen.
	        
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