762 X. Fortbildungsnnterricht.
a. Gesetz.
(Vom 15. August 1898.)
Den Besuch des gewerblichen und kaufmännischen Fortbildungsunterrichts
betreffend.
(Ges. und V. Bl., 1898, S. 398; Schulv. Bl., 1898, S. 99.)
Friedrich, von Gottes Gnaden Großherzog von Baden,
Herzog von Oähringen.
Mit Zustimmung Unserer getreuen Stände haben Wir beschlossen
und verordnen, was folgt:
81.
Die in den Gewerbebetrieben einer Gemeinde beschäftigten fortbildungs-
schulpflichtigen Arbeiter (Gesellen, Gehilfen und Lehrlinge) können durch
Ortsstatut im Sinne des § 142 der Deutschen Gewerbeordnung verpflichtet
werden, anstelle der allgemeinen Fortbildungsschule eine für den Ort ihrer
Beschäftigung errichtete Gewerbeschule oder gewerbliche Fortbildungsschule zu
besuchen.
In gleicher Weise können die fortbildungsschulpflichtigen Gehilfen und
Lehrlinge des Handelsgewerbes zum Besuche einer am Ort ihrer Beschäf-
tigung bestehenden, von der oberen Schulbehörde anerkannten kaufmännischen
Fortbildungsschule oder Handelsschule und, wo eine solche nicht besteht, zum
Besuche einer Gewerbeschule oder gewerblichen Fortbildungsschule angehalten
werden.
Das Ortsstatut hat zugleich die zur Durchführung der getroffenen An-
ordnung erforderlichen näheren Bestimmungen, insbesondere bezüglich der zur
Sicherung eines regelmäßigen Schulbesuchs den Schulpflichtigen, sowie deren
Eltern, Vormündern und Arbeitgebern obliegenden Verpflichtungen und
bezüglich der zulässigen Befreiungen zu treffen.
1. Das (badische) Gesetzvom 15. August 1898 ist nur für „fortbildungsschulpflichtige“
Arbeiter, Gehilfen und Lehrlinge, d. i. für Arbeiter 2c. im Alter von 14 bis 16 Jahren er-
lassen, während die Deutsche Gewerbeordnung (8 120, Absatz 3) die Begründung
der Verpflichtung zum Besuch einer Fortbildungsschule durch statutarische Bestimmung
einer Gemeinde für Arbeiter bis zum Alter von achtzehn Jahren gestattet. Dies
crlärt sich aus der oberlandesgerichtlichen Entscheidung vom 3. Mai 1897, welche
eine „Lücke“ nur in Ansehung der Arbeiter c. im Alter von 14 bis 16 Jahren als
vorhanden annahm (vgl. oben S. 722) und deshalb nur bezüglich dieser Arbeiter
ein ergänzendes Einschreiten der badischen Landesgesetzgebung hervorrief.
Um eine Verpflichtung zum Besuche einer Gewerbeschule oder gewerblichen Fort-
bildungsschule für die ganze Zeit von der Zurücklegung des volksschulpflichtigen