Full text: Gesetze und Verordnungen über Elementarunterricht und Fortbildungsunterricht im Großherzogtum Baden.

Titel I. Allgemeinc Bestimmungen. 3§ 8. 87 
anderer Konfessionen dieselbe zu besuchen haben, so ist dies eine Ausnahme, welche 
thatsächlich nur in geringem Umfange auftritt und an dem Wesen der Sache um so 
weniger ändert, als solche Schüler anderer Konfession ihren eigenen Religionsunterricht 
durch Diener ihrer Kirche gesondert erhalten. 
Auch diejenige Schule würde der konfessionellen noch sehr nahe stehen, welche 
mit Beibehaltung aller übrigen Merkmale der letzteren nur den Religionsunterricht 
ausscheiden und ganz der Kirche überlassen würde. 
Den äußersten Gegensatz dieser konfessionellen Schule bildet diejenige Art der 
sog. Kommunalschule, welche hinsichtlich ihrer Bevölkerung, ihres Lehrer= und 
Aufsichtspersonals die konfessionellen Unterschiede ignoriert, und sich ausschließlich 
auf die weltlichen Unterrichtsgegenstände beschränkt, während es ganz der Kirche 
überlassen ist, den Religionsunterricht außerhalb der Schule zu erteilen und zu 
diesem alsdann staatlich nicht für obligatorisch erklärten Gegenstand ihre Glieder mit 
ihren Mitteln heranzuziehen. Solche Schulen eristierten bei uns bis jetzt nicht; auch 
der vorliegende Gesetzentwurf will sie nicht einführen, und die Kommission ist 
ganz damit einverstanden, daß, solange andere Möglichkeiten vorliegen, dies 
nicht geschehe. 
Das Gleiche gilt von derjenigen Art der Kommunalschule, welche sich zwar nicht 
blos mit den rein weltlichen Unterrichtsgegenständen, sondern auch mit Religionslehre 
befaßt, diese aber durch ihre eigenen Lehrer nicht konfessionell, sondern generell, also 
in der Weise behandelt, daß ihren Zöglingen die den verschiedenen Bekenntnissen 
gemeinsamen Grundwahrheiten und die für alle giltigen Sittenlehren gegeben werden. 
Kommnunalschulen dieser Art, wie sehr sie eine philosophische Betrachtungsweise auch 
befriedigen mögen, stehen unseren realen Zuständen offenbar zu ferne und würden 
sich auch mit der positiven Bestimmung des § 12 des Gesetzes vom 9. Oktober 1860, 
welcher den Religionsunterricht ausdrücklich den Kirchen zuweist, nicht in Einklang 
bringen lassen. 
In der Mitte zwischen den beiden Gegensätzen der konfessionellen Schulen und 
der vorgenannten Art von Kommnnalschulen stehen die sog. gemischten Schulen, 
das sind diejenigen, in welchen prinzipiell Lehrer und Schüler aller Bekenntnisse An- 
stellung und Aufnahme finden, deren Aufsichtsbehörde ebenfalls aus Mitgliedern der 
verschiedenen Konfessionen besteht, welche aber den Religionsunterricht für die Schüler 
jeden Bekenntnisses getrennt und konfessionell durch die betreffenden Kirchen und 
Religionsgemeinschaften oder mit deren Zustimmung durch ihre der betreffenden Kon- 
fession angehörigen eigenen Lehrer erteilen lassen. Dieses System schließt sich am 
natürlichsten an den Grundsatz an, daß die Schule eine Anstalt der politischen Ge- 
meinde sei, ein Grundsatz, dem an sich eine besondere Rücksicht auf konfessionelle 
Unterschiede fremd ist. Es gewährt nicht nur in vielen Fällen den Gemeinden und 
dem Staat eine beträchtliche finanzielle Erleichterung, sondern es empfiehlt sich auch 
ganz besonders aus dem höhern Grunde für den paritätischen Staat, weil es schon 
in der Schule, dieser Vorbereitung für das bürgerliche Leben, die nachwachsenden 
Staatsangehörigen aller Bekenntnisse einander nähert, zu Verträglichkeit und gegen- 
seitiger Achtung ihrer religiösen Ueberzeugungen stimmt, aus dem steten arglosen 
Umgang der Jugend dauernde Freundschaften für das Manncsalter erwachsen läßt, 
und in der täglichen gemeinsamen Arbeit für ein gleiches Ziel die bedeutsamste Vor- 
übung zum dereinstigen gemeinsamen Wirken im Gemeinwesen darbietet. Das 
System der gemischten Schulen ist bei uns nicht mehr unbekannt. Schon im Jahre 
1810 wurde es, als Vorläufer der Union, bei einer Anzahl lutherischer und refor- 
mierter Schulen in Anwendung gebracht (vgl. die-Verordnung vom 28. März 1810,
	        
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