88 II. Gesetz über den Elementarunterricht.
Reg.-Bl. S 97). Es herrscht überdies an den meisten unserer höheren Bildungs-
anstalten (Gymnasien, Pädagogien, höheren Bürgerschulen und höheren Töchter-
schulen); es hat sich dort bewährt und ist nun von dem Entwurf für gewisse Fälle
ausnahmsweise auch bei den Elementarschulen in Aussicht genommen, während derselbe
für diese unterste Stufe der Regel nach die konfessionellen Volksschulen als solche im
vollen Sinn vorerst beibehalten wissen will.
Die Kommission hat sich die Frage gestellt, ob es nicht um so großer Vor-
teile willen an der Zeit sei, sofort durch das Gesetz sämtliche konfessionelle Schulen
in gemischte umzuwandeln. Sie ist jedoch in ihrer Mehrheit mit der Großh. Ne-
gierung zu der Uberzeugung gelangt, daß es sich mehr empfehle, durch das Gesetz
nur die Möglichkeit einer solchen Umbildung zu eröffnen, und die Entscheidung, ob
dazu geschritten werden solle, im einzelnen Falle den Nächstbeteiligten zu überlassen.“
Was noch auf dem Landtage von 1867/68 nur von einer Minderheit der Kom-
mission der Zweiten Kammer befürwortet war, erscheint schon auf dem Landtage von
1873/74 als Ansicht der überwiegenden Mehrheit des Hauses in dem an die Re-
gierung gerichteten Antrag auf Vorlage eines Gesetzentwurfs, wodurch „das Gesetz
über das Elementarschulwesen einer die obligatorische Umwandlung sämtlicher
bestehenden Konfessionsschulen in gemischte Schulen durchführenden Revision unter-
zogen wird"“. Aus dem Inhalte der dem Beschluß der Zweiten Kammer voraus-
gegangenen Verhandlungen erhellt indessen, daß der Ausdruck „obligatorische Um-
wandlung sämtlicher bestehenden Konfessionsschulen in gemischte Schulen“ dassjenige,
was als Erfolg der beantragten Gesetzesrevision bezweckt wurde, nicht ganz richtig
bezeichnet. Die Revision sollte bewirken, daß kraft Gesetzes und unabhängig von
dem Willen der Schulgemeinde die Volksschule überall eine „gemischte“ werde, wo
die notwendige Voraussetzung für die wirkliche Herstellung einer solchen Schule,
nämlich eine in Beziehung auf das religiöse Bekenntnis „gemischte“ Schuljugend,
vorhanden ist. Um dies zu erreichen, bedurfte es nicht einer Gesetzesbestimmung,
welche sämtliche Volksschulen als gemischte erklärt, sondern nur einer Änderung des
Gesetzes in der Richtung, daß einerseits die Verschiedenheit des religiösen Bekennt-
nisses ein Grund, die schulpflichtigen Kinder einer Gemeinde verschiedenen Schulen
zuzuweisen, überhaupt nicht mehr sein darf, und andererseits der gesetzliche Zwang,
für jede bestehende Volksschule die Lehrer aus einem und demselben Bekenntnisse tbei
Konfessionsschulen), oder aus mehreren bestimmten Bekenntnissen (bei den im Sinne
des Gesetzes vom 8. März 1868 gemischten, d. h. mehreren Bekenntnissen gemein-
schaftlichen Schulen) zu wählen, in Wegfall kommt. Das Gesetz vom 18. September
1876 wird hiernach als diejenige Revision des Gesetzes über den Elementarunterricht
zu betrachten sein, welche die Zweite Kammer bei dem am 17. Juni 1874 gefaßten
Beschlusse im Auge hatte, wenngleich dasselbe nirgends bestimmt, daß sämtliche Volks-
schulen künftig „gemischte“ sein sollen. Es „hat die Aufhebung des § 6 und der ihm
verwandten Paragraphen des seitherigen Gesetzes lediglich die Folge, daß die Be-
zeichuung der einzelnen Volksschulen als einer bestimmten Konfession zugehörige aus
der Gesetzessprache verschwindet, daß das Gesetz die Schulen in Bezug auf die Kon-
fession nicht mehr unterscheidet. Offiziell giebt es fortan weder katholische, noch
evangelische noch israelitische Schulen; es giebt aber offiziell auch keine gemischten
Schulen mehr, denn der Ausdruck „gemischt“ will ja wieder nur die Beziehung der
Schule zu den Konfessionsangehörigen bezeichnen, während das Gesetz mit den
§§ 6—9, 10, 12, 78 und 102 die rechtliche Grundlage sowohl der konfessionellen als
der gemischten Volksschulen aufhebt. Es giebt fortan nur noch die Volksschule