98 2. Tl. Kriegserklärung u. Friedensschluß n. deutsch. Völkerrecht.
Diese Frage beantwortet Huberi) dahin, das Neutrali-
tätsverhältnis nehme als Reflex des Kriegszustandes ohne
weiteres eben durch den Kriegsbeginn seinen Anfang. Demnach
sei es nicht ganz zutreffend, wenn die Konvention sagt, erst mit
der Notifikation, „nach Eingang einer Anzeige“ beginnt der
Kriegszustand für die neutralen Mächte Rechtswirkungen zu
erzeugen Diese Deduktion Hubers mag an sich richtig sein,
sie gibt aber keine Auslegung des in Frage stehenden Artikels.
Dessen Bedeutung ist vielmehr folgende: Wenn Artikel 2 sagt,
erst nach Eingang einer Anzeige wird der Kriegszustand für
die neutralen Mächte wirksam, so kann das nur heißen: Mag
auch der Kriegszustand tatsächlich zwischen den Kriegsparteien
schon bestehen und seine Wirkungen auf diese ausüben, für den
einzelnen neutralen Staat soll er aber nicht schon durch das
Bestehen an sich rechtliche Wirkungen auf diesen äußeren, son-
dern ers dann, wenn dieser die Anzeige erhält. :) Diese Be-
stimmung hat ihren guten Grund. Das Eintreten des Kriegs-
zustandes legt auch den Neutralen besondere Pflichten auf, die
diese nicht eher zu erfüllen brauchen und auch nicht eher er-
füllen können, als bis sie zuverlässig Kenntnis von dem Be-
stehen des Kriegszustandes erlangt haben.
Die Kriegsparteien sollen allerdings unverzüglich den Kriegs-
beginn anzeigen, damit der zwischen den Kriegführenden ge-
schaffene Kriegszustand nach Möglichkeit mit dem für die neu-
tralen Mächte cintretenden Zeitpunkt der Wirksamkeit des
Kriegsbeginnes zusammenfällt. Damit dieser Zweck um so eher
erreicht wird, kann die Anzcige anstatt auf dem üblichen diplo-
matischen Wege auf telegraphischem Wege den Neutralen mitge-
teilt werden.-s)
Aber auch sofort nach Eingang der Anzeige — sans retard,
1) Huber a. a. O.; vgl. auch Huber, Neutralitätsrecht S. 216.
2) Diese Bestimmung beschränkt sich also nicht, wie Duber, Neutralitäts.
recht S. 216 annimmt, darauf, nur die Beweislast hinuchtlich der Frage zu regeln,
ob eine hehauptete Neutralitätsverletzung dem Neutralen präsumptiv imputiert werden
kann oder nicht.
8) Die Zulassung der offiziellen Benachrichtigung auf telegraphischem Wege
ist von Rumänien (Beldiman) und Rußland (Nelidow) beantragt worden. Vgl.
Actes et documents III S. 170. Diese Bestimmung findet sich auch noch in
anderen Konventionen der zweiten Haager Konserenz.