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Damit brachte er das Kaisertum in Widerspruch mit der Mehr-
heit der Nation und erschütterte sein Ansehen aufs schwerste, denn
er war nicht im stande, das Wormser Edikt durchzuführen und über-
ließ Deutschland sich selbst, indem er wieder nach Spanien ging.
§ 39. Luther wurde nach Friedrichs geheimen Weisungen auf
der Wartburg in Sicherheit gebracht, blieb dort vom Mai 1521
bis zum März 1522 und übersetzte das Neue Testament. Nach
Wittenberg kehrte er erst zurück, um den Bildersturm zu stillen (Dr.
Karlstadt, Thomas Münzer). Fortan leitete er dort ungestört den Fort-
gang der Reformation in Kursachsen, der Oberlausitz, Schlesien und
den oberdeutschen Reichsstädten. Die Fürsten und Bischöfe ver-
hielten sich zunächst unthätig. Auch der mißlungene Aufstand
der Reichsritter unter Sickingen (1522/23) schadete der Sache
Luthers nicht; erst der Sonderbund von Regensburg (Juni 1524)
zur Durchführung des Wormser Edikts setzte ihrer Ausbreitung in
Süddeutschland Schranken.
§ 40. Eine entscheidende Wendung brachte erst der furchtbare
Bauernkrieg 1524/5. Er brach zuerst in Süddeutschland aus,
25. ergriff aber im Frühjahr 1525 das sächsische Thüringen, wo
Thomas Münzer von Mühlhausen aus einen allgemeinen Umsturz
unter furchtbaren Zerstörungen (Reinhardsbrunn) begann. Auch im
Vogtlande und im Erzgebirge gärte es. Inmitten dieser furchtbaren
Erschütterung verschied Friedrich der Weise am 5. Mai 1525 auf
Schloß Lochau (Annaburg), nachdem er noch das Abendmahl unter
beiderlei Gestalt empfangen hatte. Ihm folgte sein Bruder Johann
der Beständige auch als Kurfürst (1525 — 32). Unterstützt von Luthers
entschlossenem Auftreten gegen die Bauern, besiegte dieser mit Hilfe
Georgs des Bartigen und Philipps von Hessen die thüringischen Bauern
bei Franken hausen auf dem „Schlachtenberge“ am 15. Mai 1525.
Münzer wurde gefangen und hingerichtet. Dasselbe Schicksal hatte
der Aufstand in Süddeutschland.
§ 41. Geschreckt durch so furchtbare Erfahrungen nahmen die
evangelisch gesinnten Fürsten die Leitung der Reformation in
die Hand. Der Musterstaat für die lutherische Kirchenordnung
wurde Kursachsen. Bereits im August 1525 wies Kurfürst Johann
die Geistlichen seines Landes an, hinfort das reine Evangelium zu
predigen; im Februar 1526 schloß er mit Philipp von Hessen, den
Herzögen von Braunschweig und Mecklenburg einen Bund zum Schutze
der neuen Lehre. Der Beschluß des Reichstags von Speier im
t Angust 1526, daß jeder Reichsstand in Sachen der Religion sich so
halten möge, wie er es vor Gott und dem Kaiser zu verantworten sich
getraue, gab den Fürsten die Kirchenhoheit.(Cus reformandi) und
damit die staatsrechtliche Grundlage der evangelisch-lutherischen
Landeskirchen. Dadurch wurden die Fürsten „Notbischöfe“ an Stelle der
nicht mehr anerkannten Bischöfe. In Kursachsen begann der Ausbau