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§ 96. Doch brachte diese Zeit neue Leiden über Sachsen. Un-
geheure Heeresmassen lagen im Lande, Napoleon selbst hatte in
Dresden sein Hauptquartier, Leipzig und Dresden waren mit Ver-
wundeten überfüllt, das eigene Heer mußte fast ganz neu gebildet
werden, und der Staatskredit war vollständig erschöpst. Endlich
brachte der Ablauf des Waffenstillstandes und der Anschluß Öster-
reichs an die Verbündeten am 12. August die Erneuerung
des Krieges. Noch einmal siegte Napoleon am 26. und 27. August
bei Dresden über die Hauptarmee der Verbündeten; allein die
Niederlagen seiner Generale bei Großbeeren 23. August (herbe
Verluste der Sachsen), an der Katzbach 26. August, bei Kulm
29./30. August und schließlich bei Dennewitz 6. September ver-
eitelten die Vorstöße der Franzosen und nötigten Napoleon endlich,
mit der Hauptmasse seines Heeres auf Leipzig zurückzugehen, wohin
ihm Friedrich August folgte. In der dreitägigen Völkerschlacht
am 16., 18. und 19. Oktober fochten die Sachsen nur noch wider-
willig in den französischen Reihen und gingen am Entscheidungstage
zu den Verbündeten über, um die Selbständigkeit ihres Landes zu
1814.
1815.
1815.
retten. Der verzweifelte Schritt kam zu spät. Nach der Erstürmung
Leipzigs am 19. Oktober sandten die verbündeten Monarchen den
König als ihren Gesangenen nach Friedrichsfelde bei Berlin und be-
handelten Sachsen als erobertes Land. Die Verwaltung übernahm
anfangs der russische Fürst Repnin, seit dem November 1814 ein
preußisches Gouvernement. Doch fiel Dresden, gänzlich ausgehungert,
erst am 11. November 1813, Torgau und Wittenberg erst im
Januar 1814. Zum Kriege gegen Frankreich stellte das erschöpfte
Sachsen 20000 Mann Truppen, ebensoviel Landwehr und den so-
genannten freiwilligen Banner. Sie wirkten in Belgien und vor
Mainz mit und blieben auch nach dem (ersten) Pariser Frieden am
30. Mai 1814 (Zurückgabe des linken Rheinufers, Wiedereinsetzung
der Bourbonen) zunächst im Rheinlande stehen.
§ 97. Das Schicksal des Landes wurde erst nach peinlicher
Unsicherheit und heftigem Streit auf dem Wiener Kongreß ent-
schieden. Um Preußen für seine polnischen Lande, die größtenteils
an Rußland fielen, zu entschädigen, beschlossen die Großmächte am
10. Februar 1815 die Teilung Sachsens. Dem König Friedrich
August blieben 272 □ Meilen; die größere Hälfte, 368 □ Meilen,
fiel an Preußen (das albertinische Thüringen, der Kurkreis, die
ganze Nieder-Lausitz und die nordöstliche Hälfte der Ober-Lausitz) und
Sachsen-Weimar (der Neustädter Kreis, s. § 51, 52). Nach langem
Zögern fügte sich der König, der inzwischen nach Preßburg über-
gesiedelt war, diesen schmerzlichen Bedingungen am 18. Mai 1815.
Ebenso trat er dem Kriegsbunde gegen den wieder heimgekehrten
Napoleon und dem neugegründeten Deutschen Bunde bei und kehrte
am 7. Juni, mit allgemeiner Freude empfangen, nach Dresden zurück.
Zum Unglück gingen die sächsischen Truppen der Teilnahme an dem