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ruhmvollen Siege Blüchers und Wellingtons bei Bellealliance
(Waterloo) am 18. Juni 1815 verlustig, weil einige Abteilungen in
Lüttich gegen Blücher gemeutert hatten.
§ 98. Das verkleinerte Sachsen übte zunächst auf die Be-
ratungen des Bundestages in Frankfurt a. M. gar keinen Einfluß,
sondern überließ die Leitung desselben an Osterreich und Preußen,
die durch die „heilige Allianz“ noch enger unter sich verbunden
waren. Um so fester schloß sich das sächsische Volk unter der
neuen weiß= grünen Fahne um die ehrwürdige Persönlichkeit seines
Königs zusammen. Verbittert durch schwere Ersahrungen sperrte es
sich aber auch nach außen möglichst ab und erfüllte sich mit der
tiefsten Abneigung gegen Preußen, womit sich wieder eine ungesunde,
aber zähe bonapartistische Gesinnung verband. Unter so ungünstigen
Verhältnissen begann gleichwohl sofort die rüstige Arbeit an der
Wiederherstellung des furchtbar mitgenommenen Landes. Der
Staatskredit war sehr bald wieder erneuert; das Heer wurde seit
1825 ausschließlich aus ausgehobenen Landeskindern (mit Stellver-
tretung) gebildet, erhielt 1822 auch ein neues Strasgesetzbuch. Zum
Ersatz für das verlorene Annaburg (Lochau) wurde die Soldatenknaben-
Erziehungsanstalt in Struppen, zur besseren Vorbildung der Offiziere
die Militärakademie 1816 und für die Oberleitung 1830 der General-
stab gegründet. Dagegen blieben Verfassung und Verwaltung
gemäß dem Sinne des greisen Königs unter der Leitung des streng-
konservativen Kabinettsministers Grafen Detlev von Einsiedel fast
unverändert. Nur die meißnische Stiftsregierung wurde mit dem
erbländischen Geheimen Rate vereinigt; ebenso sandte seit 1817 die
Oberlausitz Abgeordnete in den erbländischen Landtag, obwohl ihr
Sonderlandtag in Bautzen weiter bestand. Der Wunsch nach Reformen
äußerte sich in der Bevölkerung nur schwach, auch aus Rücksicht auf
den greisen König, dessen fünfzigjähriges Regierungsjubiläum 1818
und goldne Hochzeit (mit Marie Amalie Auguste von Pfalz-Zwei-
brücken) 1819 unter allgemeinster Teilnahme begangen wurden.
§ 99. Als Friedrich August am 5. Mai 1827 verschied, folgte
ihm sein greiser Bruder Anton Clemens Theodor (geb. 1755), der
ebensowenig ein Bedürfnis nach einer Umgestaltung empfand. Allein
ringsum war die politische Erregung unter dem Einflusse der fort-
wirkenden Ideen der französischen Revolution im Wachsen. Bereits
hatten die süddeutschen Staaten konstitutionelle Verfassungen eingeführt,
und überall begeisterte man sich für die revolutionären Erhebungen
in Spanien, Italien und Griechenland. So erschienen die politischen
Zustände Sachsens mehr und mehr als veraltet. Ebenso war
die wirtschaftliche Lage des Landes unhaltbar. Zwar geschah
durch die Regierung manches (194 Meilen Kunststraßen bis 1831,
Eilpost zwischen Dresden und Leipzig 1823, Forstakademie in
Tharandt 1816 unter Heinrich Cotta, polhtechnische Schule in
Dresden 1828), aber die großen Weltverhältnisse vermochte sie nicht
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1827.