1849.
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Unter dem Eindrucke der siegreichen Revolution in Wien (13. März)
und Berlin (18. März) bildeten sich darauf im ganzen Lande zahl-
lose politische Vereine, meist von demokratisch-republikanischer
Richtung. Dieser gehörten daher auch weitaus die meisten der
sächsischen Abgeordneten zur deutschen Nationalversammlung in
Frankfurt an (R. Blum), die für Deutschland eine neue Ver-
fassung beraten sollte. An Stelle des Bundestages trat dort vor-
läufig (29. Juni) eine provisorische Zentralgewalt unter dem
Erzherzog Johann von ÖOsterreich als Reichsverweser.
Inzwischen nahm der sächsische Landtag eine Reihe von Gesetzen
über Preßfreiheit, Vereins= und Versammlungsrecht und die Ein-
führung von Schwurgerichten rasch an und gestaltete das Wahlgesetz
zum Landtage in demokratischem Sinne um. Am 17. November
entließ der König zum letztenmale die alten Stände. — Bereits war
aber damals überall die Wendung gegen die Revolution ein-
getreten (Unterwerfung Wiens 31. Oktober, Auflösung des preußischen
Landtags 5. Dezember). Daher lehnte Friedrich Wilhelm IV.
von Preußen die ihm von der Nationalversammlung angebotene Wahl
zum „Kaiser der Deutschen“ (28. März) als revolutionär ab (3. April
1849) und wies damit auch die aufgestellte Reichsverfassung zurück.
Die größeren deutschen Regierungen folgten diesem Beispiele. Nun
versuchten die revolutionären Parteien die Erregung darüber gegen
die Regierungen auszubeuten, um unter dem Deckmantel der Reichs-
verfassung republikanische Pläne durchzusetzen. Als die Mehrheit des.
Landtages dies auch in Sachsen versuchte, löste ihn der König am
28. April auf und berief ein neues Ministerium. Das gab den
Anstoß zum Maiaufstande in Dresden, den die wenig zahl-
reichen Truppen nur mit preußischer Hilfe und erst nach blutigem
Kampfe zu überwältigen vermochten (3.— 9. Mai). Harte Strafen
folgten. Kurz darnach löste sich auch die Nationalversammlung
auf (das „Rumpfparlament“ in Stuttgart). — Währenddem
hatte die sächsische Brigade, die unter dem General von Heintz
in Schleswig gegen die Dänen focht, an der Erstürmung der
Düppeler Schanzen am 13. April ruhmvoll mitgewirkt
(Prinz Albert), aber der Waffenstillstand von Berlin am 10. Juli
gab Schleswig wieder den Dänen preis.
§ 107. An den verspäteten Versuchen Preußens, die deutschen
Staaten außer Osterreich in einem engeren Bündnis zusammenzufassen,
beteiligte sich Sachsen unter der Leitung des Ministers Friedrich
v. Beust nur im Anfange (Dreikönigsbündnis oder Union zwischen
Preußen, Sachsen und Hannover am 26. Mai 1849), trat aber 1850
zurück und unterstützte die Wiederherstellung des Bundestages.
Der Landtag, der dem widerstrebte, wurde am 1. Juni aufgelöst
und am 3. Juni das alte Wahlgesetz von 1831 ohne ständische
Zustimmung wieder eingeführt (die „reaktivierten Stände"). Daher
stand Sachsen in dem Streite zwischen Osterreich und Preußen über