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8 114. Zu weiteren ernsten Kämpfen kam es indessen nicht,
vielmehr machte zunächst der Vorfriede von Nikolsburg am
26. Juli, dann der Friede von Prag am 23. August dem Kriege
ein Ende. Er wahrte für Sachsen, vorbehältlich seines Eintritts in
den Norddeutschen Bund, den vollen Besitzstand, da SÖsterreich dies
zur Bedingung machte und Graf Bismarck einer sranzösischen Ein-
mischung durch raschen Friedensschluß zuvorkommen wollte. Beust
nahm seine Entlassung und wurde durch Richard von Friesen
ersetzt. Doch kam der förmliche Friede zwischen Sachsen und
Preußen erst am 21. Oktober in Berlin zustande. Sachsen trat
dem zu gründenden Norddeutschen Bunde bei, organisierte seine
Truppen als XII. Armeecorps nach preußischem Muster, überließ
Post= und Telegraphenwesen an den Bund und zahlte 10 Millionen
Thaler Kriegsentschädigung. Bis zur völligen Umgestallung des
sächsischen Heerwesens blieben preußische Truppen in den wichtigsten
Städten und auf dem Königstein. Am 26. Oktober kehrte König
Johann nach Pillnitz zurück, am 3. November hielt er seinen Einzug
in Dresden. Seine Proklamation „an meine Sachsen“s und seine
Reise (mit dem Kronprinzen) nach Berlin am 17. Dezember leiteten
das neue Bundesverhältnis aufs hoffnungsreichste ein.
§ 115. Mit dem Ausscheiden OÖsterreichs aus dem deutschen
Bunde war die deutsche Frage gelöst und der Boden für eine
Neugestaltung unter Führung des von 5100 auf 6400 Quadratmeilen
vergrößerten Preußen geebnet. Am 17. April 1867 nahm der erste
Norddeutsche Reichstag die Verfassung des Norddeutschen
Bundes an. Ein Gebiet von 7500 □ Meilen mit 30 Mill. Ein-
wohnern wurde dadurch in den wichtigsten Beziehungen (Heer und
Marine unter dem Oberbefehle des Königs von Preußen als „Bundes-
Feldherrn“, Post= und Telegraphenwesen, Gesetzgebung in Handels-
und Gewerbesachen sowie im Strafrecht, Vertretung nach außen)
unter preußischer Leitung einheitlich geordnet. Im Bundesrate erhielt
Sachsen 4 Stimmen von 43, in den Reichstag sandte es 23 Abge-
ordnete. Das Heer wurde auf Grund der allgemeinen Wehrpflicht
unter Leitung des Kriegsministers Alfred von Fabrice bis 1870
auf 29 Bataillone Infanterie, 6 Reiterregimenter und 96 Geschütze
gebracht und daneben eine Landwehr errichtet. Zugleich wurde
Leipzig 1869 der Sitz des Bundesoberhandelsgerichts.
§ 116. Während sich diese Neugestaltungen im Norden ruhig
vollzogen und der Zusammenhang des Norddeutschen Bundes mit den
süddeutschen Staaten durch die Schutz= und Trutzbündnisse vom
August 1866 und den Zollverein gesichert wurde, bereitete sich in
der Stille der Krieg gegen Frankreich vor. Demnn die Eifersucht
* „Mit derselben Treuc, mit welcher ich zum alten Bunde gestanden,
werde ich zur neuen Verbindung halten.“
1867