806
814
20 Die Bildung des meißnisch-sächsischen Staatswesens.
satze zu den Tschechen und Polen gelangten die polabischen
Slawen niemals zu einer die kleinen Stämme zusammen—
fassenden größeren politischen Einheit, und blieben auch
militärisch auf leicht bewaffnetes Fußvolk beschränkt, das
den offenen Kampf mit schwer gerüsteten Gegnern nicht
aufnehmen konnte und sich deshalb begnügen mußte, sie
durch Rückzug und zerstreute Gefechte zu ermüden, bis sie
das Land aus Mangel an Unterhalt wieder räumten. Ihre
Religion war ein polytheistischer Naturdienst ohne Tempel
(vgl. die beiden Berge der Ober-Lausitz, Czorneboh, d. h.
der schwarze, böse Gott, und Bieleboh, der weiße, gute
Gott), und ohne einen geschlossenen Priesterstand, dessen
Funktionen die Geschlechtsältesten und die Fürsten ausübten.
Die deutsche Eroberung 806 — 1089.
Eine Abhängigkeit der Polaben und der Tschechen von
deutscher Herrschaft stellte zuerst Karl der Große her.
Er unterwarf 806 auch die Sorben und machte solchen
Eindruck auf die Slawen, daß sein Name als Bezeichnung
für den König (Kral) in ihre Sprachen überging. Doch
nahm er diese Stämme nicht eigentlich in das fränkische
Reich auf, sondern begnügte sich mit Heeresfolge und
Tribut, und ließ ihre innern Verhältnisse unberührt. Dieses
Verhältnis blieb auch nach seinem Tode 814 im ganzen
aufrecht; erst mit der zunehmenden Schwäche der ost-
fränkischen Karolinger löste es sich tatsächlich auf. Eine
entscheidende Wendung brachte die Entstehung der deutschen
Stammesherzogtümer, die das ostfränkische (deutsche) Reich
allerdings tatsächlich in fünf geschlossene Stammesstaaten
unter erblichen Jürsten auflöste, aber wenigstens den ein-
zelnen Stämmen eine kraftvolle, einheitliche Organisation
sicherte. In Sachsen und Thüringen begründete der Ludol-
finger Otto (verkürzt aus Otbert oder Otfried) der Erlauchte