angestellt worden. Es erschien dies um so
nothwendiger, als fortwährend hier und da
in Ost-Afrika Pockenfälle vorkommen und
auch vereinzelt Soldaten der Schutztruppe
von dieser Krankheit befallen wurden. In
Folge dessen wurde eine nochmalige Impfung
der gesammten Schutztruppe mit der erwähnten
Lymphe ins Auge gefaßt, wenn auch frühere
Jmpfungen im Allgemeinen ein negatives Re-
sultat ergeben hatten. Die bestellten 2000
Portionen Lymphe wurden in Verlin am
6. Juli er. zur Post gegeben und kamen am
30. Juli cr. an. Die Lymphe wurde mit den
nächsten Gonvernemenlsdampfern den einzelnen
Stationsärzten unverzüglich übersandt. Die
Verimpfung derselben fand auf den Stationen
in der Zeit vom 5. bis 17. August cr. statt,
so daß die Lymphe ein Alter von vier bis
sechs Wochen hatte. Der Impfung unterzogen
sich die meisten in Ost-Afrika bei der Schutz-
truppe bezw. dem Kaiserlichen Gonwernement
angestellten Europäer, sämmtliche schwarze Sol-
daten, soweit sie an der Küste vorhanden waren
und eine Neihe von Frauen und Kindern der-
selben. Im Allgemeinen wurden bei jeder
Person auf dem linken Oberarm mit der ar-
mirten Lanzette 6 einfache oder doppelte Kreuz-
schnitte (J oder ###) gemacht, Blutung dabei
nach Möglichkeit vermieden und in die klaffenden
Schnitte noch nachträglich theils mit der Lau-
zelle, theils mit Elfenbeinstäbchen Lymphe ein-
gerieben. Am siebenten Tage nach vollzogener
Impfung wurden die Leute revidirt. Das
Resultat war folgendes. Von 712 Erstimpf-
lingen trat ein Erfolg ein bei 17; 3618 Impf-
schnitte hatten 18 Pusteln erzeugt. Bei 7 11
Wiederimpflingen wurde ein positives Resultat
erzielt bei 9; 1209 Impfschnitte hatten 16
Pusteln zur Folge.
Einc zweite Impfung wurde in Darees-
Salamund Bagamoyo am 21. bezw. 21. Auguster.
veranstaltet mit einer von der Königlichen Impf
anstalt Kassel dem Kaiserlichen Gonvernement
gratis zur Verfügung gestellten reinen ani-
malischen Lymphe. Dieselbe war am 11. Juli cr.
in Kassel vom Thier entnomment und somit
bei der Verimpfung etwa sechs Wochen alt.
Dieser Impsstoff wurde hauptsächlich bei Sol
datenlindern verbraucht. Das NResultat war
ein gänzlich negatives; es entwickelte sich nicht
eine einzige Pustel.
Die auch bei den obigen Impfungen wieder
gemachten Erfahrungen“ stimmen im Allgemeinen
mit den bei srüheren Impfungen hierselbst ge-
machten überein. Die von Europa heraus-
gesandte Lymphe ist bei ihrem Eintressen hier-
selbst bereits zu alt bezw. zu lange der Tropen-
temperatur ausgesetzt gewesen,
460
gute Resultate von ihr erwarten könnte. Aufw
den Dampfern dürfte die Lymphe wohl nur
ganz ausnahmsweise nach den Anweisungen der
absendenden Anstalten, d. h. in kühlen Räumen
aufbewahrt werden, und in Ost-Afrika jist eine
solche Aufbewahrungsweise bei dem absoluten
Mangel solcher Räume vor der Hand wenigstens
gänzlich ausgeschlossen.
Die immer und immer wieder nahezu
resultatlos bleibenden Impfungen, der für den
Impsstoff zu zahlende hohe Preis (die aus
dem Berliner Institute bezogene Lymphe, welche
nur 26 Erfolge lieferte, kostete 400 Mark),
mahnen von weiteren derartigen Versuchen
ganz entschieden ab. Und dennoch machen die
in Ost-Afrika geradczu endemischen Pocken eine
möglichst weite Ausdehnung der Schutzpocken-
impfung wünschenswerth. Unter diesen Um-
ständen bleiben nach meiner Ansicht nur zwei
Wege übrig: entweder Impfung mit humani-
sirter Lymphe von Arm zu Arm oder die Er-
richtung eines Lymphe-Erzeugungs= Instituts
seitens des Kaiserlichen Gonvernements. Der
erste Weg, die Impfung von Arm zu Arm,
scheint mir ungangbar, da unter den Schwarzen
Syphilis und andere übertragbare Krankheiten
so zahlreich vorkommen, daß man sich davon
in der Heimath kaum einen Begriff machen
kann. Der zweite Weg, die Errichtung eines
Lymphe-Erzeugungs-Instituts, dürfte zunächst
au der Geldfrage scheitern. Es liegt mir, mit
Rücksicht auf die beschränkten, für Ost-Afrika
zur Versügung stehenden Geldmittel, fern, be-
reits für jetzt oder die nächste Zeit die Errich-
tung eines solchen Instituts beantragen zu
wollen, jedoch mag ich es nicht unterlassen,
darauf hinzuweisen, daß ein solches späterhin,
wenn die Kolonic einen höheren Aufschwung
nimmt, eine unabweisbare Nothwendigkeit wird.“)
Zum Schluß möchte ich nicht unterlassen,
zu erwähnen, daß die schwarzen Soldaten ein
tiefes Verständniß für die Nüstlichkeit der
Schutzpocken-Impfsung haben. Trotzdem diese
bisher zumeist resultatlos verliefen, halten sie
immer und immer wieder vertrauensvoll ihren
Arm hin und bringen unaufgesordert ihre
Frauen und Kinder herbei. Wie ich in Er-
fahrung gebracht habe, ist die Impfung im
Sudan allgemein bekannt; die Eingeborenen
dortselbst pflegen sich gegenseitig mit wahrem
Pockeneiter zu impsen. Impsungen mit Thier=
lymphe haben unsere Sudanesen in Kairo,
*) Nach den erwähnten Mittheilungen des Re-
gierungsarztes in Togo, Stabsarzt Wicke, hat die
von dem Lymphinstitut in Karlsruhe bezogene N—.
außerordentlich gute Ergebnisse geliefert. Auch ist
von dem Regierungsarzt in Lagos wirksamer i
als daß man stoff bezogen worden.