Full text: Deutsches Kolonialblatt. II. Jahrgang, 1891. (2)

armten. Die Missionsstationen waren 1865 
schon aufgegeben und 1879, 80, als die Afri= 
kanders an einem Aufstand der Koranen gegen 
die Kap-Kolonie theilnahmen, wurden die Afri= 
kanders von dem friedliebenden Häuptling der 
Bondelzwarts aus dem Gebiete getrieben und 
Willem Christian blieb mit Zustimmung 
der Kap-Regierung Besitzer des Afrikander- 
Landes. 
Der gegenwärtige Besiter kaufte erst einen 
lleinen Theil des Uferlandes am Oranje und 
dehnte diesen Besitz nach und nach aus, bis 
derselbe jetzt ungefähr 280 000 preußische 
Morgen umfast. 
Das 1sergelnde des Orauje auf Stohzen= 
ab bis zur Westgrenze des Besipes etwa 
160 km lang und meist von schönen hohen 
und immer grünen Bäumen, welche auch trefs- 
liches Nutzholz liefern, bewachsen. Der Boden 
hat bei kleinen Versuchen einc erstaunmlich hohe 
Fruchtbarleit gezeigt und sind im vergangenen 
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das Gesagte am besten beweisen. 
Unser Kaiser 
Wilhelm I. starb am 9. März 1888 und, 
gerade im Begriff, die deutschen Fahnen zur 
Feier seines 91. Geburtstages aufzuziehen, kam 
die schmerzliche Kunde seines Todes am 22. März 
auf Stolzenfels an. Der Besitzer hat auch die 
Reise von Deutschland nach Stolzensels schon 
in 28 Tagen gemacht. 
Zu der Kolonie Stolgzeufels gehören die 
früheren Missiousstationen Jerusalem (1Gau- 
Jahre von den Neben herrliche Trauben dort 
geerntet worden. Ganz besondere Aufmerk- 
samkeit wurde auf Stolzenjels der Tabals-- 
pflanzung gewidmet und sind damit recht gute 
Erfolge erzielt worden. 
Der auf Stolzenfels 
gezogene Tabak wurde am Platze mit einem 
Durchschnittspreis von 1,50 Mark pro Pfund 
verkauft. Bei größeren Anlagen wird es nöthig 
sein, zur Hebung des Wassers aus dem etwa 
30 Fuß unter dem fruchtbaren Userlande strö- 
menden Flusse ein größeres Pumpwerk zu er- 
richten oder den Strom zu kanalisiren. 
Verschiedene, aus am Oranje fabrizirten 
Ziegelsteinen gebaule und mit Wellblech gedeckte 
Häuser, welche zu Wohnungs= und Geschäfts- 
zwecken dienen, geben der Kolonie ein heimisches 
Ansehen. Diese Häuser stehen höher als das 
Userland und ist das Leben dort, trotzdem es 
im Sommer sehr heiß wird, ein im Ganzen 
recht gesundes. In den Monaten März bis 
November ist das Klima geradezu herrlich; 
dazu bictet das Leben an und auf dem breiten 
Strome dem Ansiedler manche Gelegenheit zu 
angenehmer und nüßlicher Abwechselung. Auf 
Stolzenfels und mit dortigem Holz gebante 
Boote unterhalten den Verkehr auf dem Fluß. 
Schmiedc= und Zimmermannswerkstätten, ver 
sehen mit allen nöthigen Werkzeugen und 
Geräthen, machen es dem Ansiedler möglich, 
die verschiedensten Arbeiten auszuführen. Das 
dortige Holz eignet sich vorzüglich zur Fabri- 
kation von Möbeln und Fuhrwerken. Die 
Verbindung mit der See ist eine geregelte, so 
daß Briefe und Waaren von Deutschland auf 
ziemlich genaue Zeilbestimmung auf Stolzenfels 
erwartet werden können. Einige Beispiele werden 
  
bis), Blydererwacht (I. amies), sowie die F Far- 
men Andermatje und Dvomplants. Das ganze 
Besißztthum hat ausgiebige Weide und Wasser 
und ist dort bisher Viehzucht in größerem 
Maßstabe mit Erfolg betrieben worden. Dazu 
hat die Kolonie wegen ihrer günstigen geo- 
graphischen Lage noch den einen großen Vor- 
theil, ohne große Kosten die Absatzgebiete Ookiep, 
Limberley, Johannesburg erreichen zu können; 
in den letzten Jahren sind auch Metzger von 
Kapstadt, Kimberley und Johannesburg nach 
Stolzeufels gekommen und haben die Ochsen 
und Schase gelauft. Auf Jerusalem und 
Blydererwacht haben die landwirthschaftlichen 
Arbeiten den Pächtern im letzten Jahrc ein 
genügendes Auslommen verschafft. Auf ersterer 
Station wurden etwa 1000 kg Feigen, 1000 k#g 
Weizen, 100 kg Tabal, 1200 kg süße Kar- 
loffeln (Bataten) geerntet; auf Blydererwacht 
etwa 6000 kg Weizen, 2000 kxg Feigen, 
3000 kg süße Kartosseln, etwas Tabak und 
vieles Gemüse. 
Auf Andermatje und Doomplatz sind land- 
wirthschaftliche Versuche bis jetzt nicht gemacht 
worden. Gebahnte Wege führen von Stolzen- 
sels ebenso wie zur See, so auch nach dem 
Innern, und wird auf Stolzensels ein ordent- 
licher Handel in allen europäischen Bedürs- 
nissen nach dem Innern betrieben. Außer der 
Landwirthschaft und dem Handel, welche beide 
mit Erfolg betrieben werden, verdient besondere 
Aufmerksamleit auf Stolzenfels die Ausbeute 
von Mineralien. Analysen von verschiedenen 
Gesleinen haben bewiesen, daß dort Silber, 
Blei, Kupser, Kobalt und Nickel vorkommen; 
auch etwas Gold ist durch Baschen von Sand 
von verschiedenen in den Oranje mündenden 
Flüssen gesunden worden. Natürlich ist zu 
einer ersolgreichen Ausbeute der unterirdischen 
Schätze ein größeres Kapital erste Bedingung; 
immerhin mag erwähnt sein, daß in Folge des 
unerschöpflichen Wasser= und Holzvorraths auf 
dem Besitze Stolzensels eine Ausbeute auch 
unedler Metalle ihren Lohn dort wohl eher 
findet, als im Innern des Landes, wo beides 
in größerem Maße nicht zu finden ist. Auch 
die Arbeitskräfte sind auf Stolzenfels leicht zu 
beschafsen und hal der gegenwärtige Besitzer
	        
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