Bericht des Dauptmanns v. François über
eine RNeise in den südlichen Tbeil des südwestafri-
kanischen Schutzgebietes.
Am 10. Dezember bin ich auf dem Wege
über Stolzenfels, Riet Fne, Keetmanshoop,
Gibeon, Goamus, Gochas, Hoachanas hier ein-
getroffen.
Das passirte Gebiet hat im Allgemeinen
den Charakter der gewellten Ebene, welche von
den Karras-Bergen um etwa 200 m überhöht
wird. Im Osten wird die Ebene von zahl-
reichen, schwer passirbaren, von Westen nach
Osten streichenden, bis 10 m hohen und 100 m
Basis messenden Dünenketten, von mehr oder
weniger tiefen Kesselbildungen und von den
bis zu 50 zn ktief eingeschnittenen Flußläufen
Aub und Nosob unterbrochen. Eine deutsche
Meile von dem etwa 150 m tief liegenden
Bette des Oranje Flusses hat die Gegend in
Folge der zahlreichen stark zerklüsteten Aus-
waschungen das Gepräge einer Berglandschaft.
Gneis, Grauit, Quarz, Sandstein treten hier
wie in dem westlichen Theile des Nama-Landes
viel zu Tage. Im Osten herrscht sandige
Bodenbeschaffenheit vor. Unter dem oft meh-
rere Mcter tiefen Sand lagert Kalkstein,
dessen Stärke ich bei Goamus auf 10 m, bei
Narugas im Anb-Thale auf 15 m schätzte.
Auf den stark porösen Kalkstein folgt röthlich-
gelber Sandstein, auf welchem die schnell durch
den Sand und Kalkstein sickernden Nieder-
schläge Wasserreservoirs gebildet zu haben
scheinen, die die wenigen Ouellen des Gebietes
speisen.
Dem Mangel an natürlichen Wasserstellen
im südlichen Nama-Land haben Buern und
Bastards durch Abdämmen von Tiefenlinien
und Anlage 5 bis 8 m tiefer Brunnen theil-
weise abgeholfen. Mit Regelung der Grund-
und Bodenverhältnisse werden in dieser Be-
ziehung bald Fortschritte eintreten, die sich in
den reichen, zur Zeit wasserlosen Weidegründen
der Kalahari als besonders nutzbringend er-
weisen werden. Gutes Weidefeld fand ich
serner noch in dem Bereich der Karras-Berge,
in den Dünenbildungen zwischen Ukamas und
Hoachanas und in dem welligen Gelände zwischen
Warmbad und Bley de verwacht. Schlecht ist
das Weidefeld in der Nähe des Oranje-Flusses.
Auf der Thalsohle dieses neben dem Kunene
und Okovango einzigen ständig wasserführenden,
250 m breiten und 2 m tiefen Flusses des
Schutgebietes, stehen außer den in allen größeren
Tiefenlinien vorkommenden Kameeldornbäumen,
Weißdorn und Ebenholzbäumen noch hier und
da Nutzholz liefernde Weidenbäume. Auf dem
Plateau besteht die Bedeckung in 1 bis 2 Fuß
210 —
hohen Sträuchern, Kräutern, Toa= und Ga-
Gräsern. Im Westen herrscht der Milchstrauch,
im Osten der von Schafen und Ziegen gleich
gern begehrte Kaba= und Haustrauch vor.
Gartenanlagen befinden sich in Stolzenfels,
Jerusalem, Bley de verwacht, Mittelpost, Wit-
kup, Oxford, Riet Fne, im Aub-Thale und
Hoachanas. Aupflanzung haben gefunden Mais,
Weizen, Kürbisse, Tabak, Feigen und Wein.
Neunenswerthe Erträge erzielt aber nur der
auf Bley de verwacht wohnende Buer Cillier,
Nautenbach in Oxfort und Missionar Judt
auf Hoachanas.
Meine Beobachtung der ungleich günstigeren
Bedeckungsverhältnisse des Damara-Landes
konnte ich auf der Rückreise ebenfalls bestätigt
finden.
Die Bevölkerung besteht aus den Nama-
stämmen der Bondelswarts, Afrikander, Tseib
Feldschuhträger, den Namas von Gibeon und
von Simon Kupper und den Vilander-Bastards,
in Summa etwa 5500 Seelen, die sich von
der Zucht von Rindern, Pferden, Fettschwanz-
schafen und Ziegen ernähren. Im Ganzen
mögen etwa 560 Kühe, 10 000 Ochsen, 200000
Schafe und Ziegen und elwa 1000 Pferde
gehalten werden.
Der Stamm der Bondelswarts, Kapitän
Wilhelm Christian, ist der mächtigste und hat
verhältnißmäßig die geordnetsten Zustände.
Der in dem Korannakriege fast gänzlich
aufgeriebene Afrikanderstamm befindet sich in
einem Abhängigkeitsverhältniß zu Wilhelm
Christian, ebenso der in und um Keetmannshoop
wohnende Tseibstamm. Das Gebiet der Afri-
kander ist durch Wilhelm Christian noch vor
Abschluß des Schutzvertrages des Letzteren mit
Deutschland an Europäer, Buern und einige
Bastards verkauft bezw. verpachtet worden.
Die Anfang der 50r Jahre von Pella am
Oranje-Fluß in das Gebiet der Afrikander ein-
gewanderten Bastard familien: Vilander, Bock
Mattej und Stites gründeten sich ein Heim
auf Riet Fne und lebten hier vorzugsweise
von der Jagd. Durch einen weißen Händler
aufgehetzt, unternahmen die auf Bley de ver-
wacht wohnenden Afrikander im Jahre 1869
mehrere Raubzüge gegen Riet Fne und wurden
schließlich von den Bastards nicht fern des
Platzes in dem Dornrevier geschlagen. Die
Bastards erklärten nunmehr ihre Selbstständig-
keit, setzten die Grenzen ihres Landes fest und
wählten Vilander zum Kapitän.
1885 sertigte Vilander mit seinem Rath
ein Gesetzbuch an, welchem ich auszugsweise
Folgendes entnehme:
Einleitung; Ich proklamire hiermil, daß
Alles, was ich und mein Rath beschließe, soll