Full text: Deutsches Kolonialblatt. III. Jahrgang, 1892. (3)

Bericht des Dauptmanns v. François über 
eine RNeise in den südlichen Tbeil des südwestafri- 
kanischen Schutzgebietes. 
Am 10. Dezember bin ich auf dem Wege 
über Stolzenfels, Riet Fne, Keetmanshoop, 
Gibeon, Goamus, Gochas, Hoachanas hier ein- 
getroffen. 
Das passirte Gebiet hat im Allgemeinen 
den Charakter der gewellten Ebene, welche von 
den Karras-Bergen um etwa 200 m überhöht 
wird. Im Osten wird die Ebene von zahl- 
reichen, schwer passirbaren, von Westen nach 
Osten streichenden, bis 10 m hohen und 100 m 
Basis messenden Dünenketten, von mehr oder 
weniger tiefen Kesselbildungen und von den 
bis zu 50 zn ktief eingeschnittenen Flußläufen 
Aub und Nosob unterbrochen. Eine deutsche 
Meile von dem etwa 150 m tief liegenden 
Bette des Oranje Flusses hat die Gegend in 
Folge der zahlreichen stark zerklüsteten Aus- 
waschungen das Gepräge einer Berglandschaft. 
Gneis, Grauit, Quarz, Sandstein treten hier 
wie in dem westlichen Theile des Nama-Landes 
viel zu Tage. Im Osten herrscht sandige 
Bodenbeschaffenheit vor. Unter dem oft meh- 
rere Mcter tiefen Sand lagert Kalkstein, 
dessen Stärke ich bei Goamus auf 10 m, bei 
Narugas im Anb-Thale auf 15 m schätzte. 
Auf den stark porösen Kalkstein folgt röthlich- 
gelber Sandstein, auf welchem die schnell durch 
den Sand und Kalkstein sickernden Nieder- 
schläge Wasserreservoirs gebildet zu haben 
scheinen, die die wenigen Ouellen des Gebietes 
speisen. 
Dem Mangel an natürlichen Wasserstellen 
im südlichen Nama-Land haben Buern und 
Bastards durch Abdämmen von Tiefenlinien 
und Anlage 5 bis 8 m tiefer Brunnen theil- 
weise abgeholfen. Mit Regelung der Grund- 
und Bodenverhältnisse werden in dieser Be- 
ziehung bald Fortschritte eintreten, die sich in 
den reichen, zur Zeit wasserlosen Weidegründen 
der Kalahari als besonders nutzbringend er- 
weisen werden. Gutes Weidefeld fand ich 
serner noch in dem Bereich der Karras-Berge, 
in den Dünenbildungen zwischen Ukamas und 
Hoachanas und in dem welligen Gelände zwischen 
Warmbad und Bley de verwacht. Schlecht ist 
das Weidefeld in der Nähe des Oranje-Flusses. 
Auf der Thalsohle dieses neben dem Kunene 
und Okovango einzigen ständig wasserführenden, 
250 m breiten und 2 m tiefen Flusses des 
Schutgebietes, stehen außer den in allen größeren 
Tiefenlinien vorkommenden Kameeldornbäumen, 
Weißdorn und Ebenholzbäumen noch hier und 
da Nutzholz liefernde Weidenbäume. Auf dem 
Plateau besteht die Bedeckung in 1 bis 2 Fuß 
  
210 — 
hohen Sträuchern, Kräutern, Toa= und Ga- 
Gräsern. Im Westen herrscht der Milchstrauch, 
im Osten der von Schafen und Ziegen gleich 
gern begehrte Kaba= und Haustrauch vor. 
Gartenanlagen befinden sich in Stolzenfels, 
Jerusalem, Bley de verwacht, Mittelpost, Wit- 
kup, Oxford, Riet Fne, im Aub-Thale und 
Hoachanas. Aupflanzung haben gefunden Mais, 
Weizen, Kürbisse, Tabak, Feigen und Wein. 
Neunenswerthe Erträge erzielt aber nur der 
auf Bley de verwacht wohnende Buer Cillier, 
Nautenbach in Oxfort und Missionar Judt 
auf Hoachanas. 
Meine Beobachtung der ungleich günstigeren 
Bedeckungsverhältnisse des Damara-Landes 
konnte ich auf der Rückreise ebenfalls bestätigt 
finden. 
Die Bevölkerung besteht aus den Nama- 
stämmen der Bondelswarts, Afrikander, Tseib 
Feldschuhträger, den Namas von Gibeon und 
von Simon Kupper und den Vilander-Bastards, 
in Summa etwa 5500 Seelen, die sich von 
der Zucht von Rindern, Pferden, Fettschwanz- 
schafen und Ziegen ernähren. Im Ganzen 
mögen etwa 560 Kühe, 10 000 Ochsen, 200000 
Schafe und Ziegen und elwa 1000 Pferde 
gehalten werden. 
Der Stamm der Bondelswarts, Kapitän 
Wilhelm Christian, ist der mächtigste und hat 
verhältnißmäßig die geordnetsten Zustände. 
Der in dem Korannakriege fast gänzlich 
aufgeriebene Afrikanderstamm befindet sich in 
einem Abhängigkeitsverhältniß zu Wilhelm 
Christian, ebenso der in und um Keetmannshoop 
wohnende Tseibstamm. Das Gebiet der Afri- 
kander ist durch Wilhelm Christian noch vor 
Abschluß des Schutzvertrages des Letzteren mit 
Deutschland an Europäer, Buern und einige 
Bastards verkauft bezw. verpachtet worden. 
Die Anfang der 50r Jahre von Pella am 
Oranje-Fluß in das Gebiet der Afrikander ein- 
gewanderten Bastard familien: Vilander, Bock 
Mattej und Stites gründeten sich ein Heim 
auf Riet Fne und lebten hier vorzugsweise 
von der Jagd. Durch einen weißen Händler 
aufgehetzt, unternahmen die auf Bley de ver- 
wacht wohnenden Afrikander im Jahre 1869 
mehrere Raubzüge gegen Riet Fne und wurden 
schließlich von den Bastards nicht fern des 
Platzes in dem Dornrevier geschlagen. Die 
Bastards erklärten nunmehr ihre Selbstständig- 
keit, setzten die Grenzen ihres Landes fest und 
wählten Vilander zum Kapitän. 
1885 sertigte Vilander mit seinem Rath 
ein Gesetzbuch an, welchem ich auszugsweise 
Folgendes entnehme: 
Einleitung; Ich proklamire hiermil, daß 
Alles, was ich und mein Rath beschließe, soll
	        
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