Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

die Wasserstelle von Kikoka, am folgenden (6. März) 
die zerstreut liegende Dorsschaft Rosako. 
Rosako, das während des Aufstandes seiner 
Feindseligkeit wegen durch Gravenreuth nieder- 
gebrannt wurde, macht, nothdürftig wieder aufgebaut, 
einen ziemlich ärmlichen Eindruck. Die Einwohner 
waren sehr entgegenkommend und gaben sich alle 
Mühe, uns ihre Unterwürfigkeit zu beweisen. 
Ich habe dem dortigen Pasi nach meiner Rück- 
kehr, seiner dringenden Bitte gemäß, einen Schuß- 
brief und eine Flagge zukommen lassen. 
Da es sich in erster Linie um die Regelung der 
Verhältnisse im Hinterlande von Saadani handelte, 
marschirle der Oberführer direkt auf die katholische 
Missionsstation Mandera zu. Wir bogen von der 
Karawanenstraße ab und lagerten am 7. März zu 
Kiwansi in Udos, am 8. März in Hadikwasn am 
Wami. 
Udos ist ein wohlangebautes freundliches Hügel- 
land, dessen lichtgrüne Laubwaldungen und aus- 
gedehnte sastige Maisselder einen Beweis für seine 
außergewöhnliche Fruchtbarkeit liefern. Was einer 
europäischen Bewirthschaftung des dortigen Bodens 
hinderlich sein würde, ist der Mangel an fliesßendem 
Gewässer. Die Negerkulturen werden von diesem 
Uebelstande weniger betrosfen. 
Die Wadoc zeigten ein zutrauliches und harm- 
loses Wesen. Den scherzhasten Anspiclungen unserer 
Soldaten und Träger auf die Erbsünde der Wadoé, 
die Menscheufresserei, vor Allem auf den „großen 
Regenzauber“, dem noch heute hier und da ein altes 
Mütterchen zum Opser fallen soll, begegneten sie 
mit verlegenem Läsheln. 
Sowohl in Kiwansi als in Hadikwasu stellten 
sich zahlreiche Häuptlinge mit Geschenken: Schafen, 
Ziegen, Hühnern, Mehl u. s. w., ein, um den Ver- 
tretern der deutschen Regierung ihre Ehrfurcht 
darzuthun. Der sehr intelligente Mkwere-Häuptling 
Muenepira führte uns sogar persönlich einen starken 
hellgrauen Stier als Ehrengeschenk zu. 
Die arbeitsamen Bewohner der Landschaften 
Ukwere und Udoc zeigten sich als durchaus mit den 
heutigen Verhältuissen zufrieden und hatten sich über 
nichts zu beklagen. 
Am 9. März überschritten wir den damals etwa 
½ Meter tiefsen Wari, kletterten auf sehr schwierigen 
Pfaden über die Dilima-Berge und wandten uns 
Mandera in Useguha zu, wo wir gegen Mittag ein- 
trafen. So malerisch das felsige Wamithal mit 
seinem schäumenden Bergwasser sich den Blicken 
präsentirt, so nüchtern wirkt die nächste Umgebung 
der katholischen Missionsstation. Mandera ist auf 
einer sansien Anhöhe gelegen und hat keinerlei land- 
schaftlichen Schönheiten aufzuweisen. Um so ange- 
nehmer fällt der höhere Kulturzustand der dortigen 
Gegend auf. Der Weg führt schon lange an bebauten 
Schamben und Feldern vorüber, wenn man endlich 
den weißen Kirchthurm von Mandera aus Busch und 
  
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Grün emporragen und sein goldenes Kreuz in der 
Sonne funkeln sieht. 
Der Platz Mandera, umgeben von einer aus 
Stachelgewächsen bestehenden, lebendigen Boma, bildet 
ein langgestrecktes Rechteck, das durch eine mächtige 
Hecke in zwei gleiche Hälften getheilt wird. In dem 
östlichen Viereck liegt die Mission mit ihren Gebäuden 
und Gärten, in dem westlichen ist das Christendorf 
aufgebaut. 
Die Ausgänge aus der für Menschen und Thiere 
gleich undurchdringlichen Boma werden durch krene- 
lirte Thorthürmchen gesichert. 
Die Verbindung zwischen Mission und Gemeinde 
wird gleichsam durch die aus Bruchsteinen gebante 
stattliche Kirche hergestellt, zu deren Thüren schattige 
Alleen durch das Dorf führen. Die Mission hat 
augenscheinlich ihre ganze Energie und Arbeitskraft 
bisher auf den Bau der Kirche und auf die Anlage 
der prächtigen Baumhöse und Gemüsegärten ver- 
wandt. Wenigstens machen die niedrigen stroh- 
gedeckten Wohn= und Schulgebäude noch einen recht 
bescheidenen Eindruck. Zur Zeit ist die Mission im 
Begriff, nach den Plänen des Paters Delpueche 
mit selbstgebraunten feslen Backsteinen neue Gebäude 
aufzuführen. 
Ich möchte hier gleich bemerken, daß die Herren 
Patres uns aufs Liebenswürdigste empfingen und 
sich durchaus bemühten, uns die Ruhetage in Man- 
dera möglichst freundlich zu gestalten. 
Am 11. März fand zu Mandera unter dem 
Vorsih des Herrn Oberführers ein großes Schauri 
statt, bei welchem es sich hauptsächlich um die Be- 
schwerden der Waseguha gegen den Häuptling von 
Maamanda, Marugurn, Sohn des verstorbenen Manaki- 
diri, handelte. In erster Linie klagten ihn seine 
Vettern, Magoto von Pugue und Kingarn Makombea 
von Hamigna an, sie zu wiederholten Malen mit 
Krieg überzogen und ihrer Weiber, Sklaven und 
sonstiger Besitzthümer beraubt zu haben. Der zum 
Schauri vorgeladene Maruguru war nicht erschienen, 
sondern hatte unseren Unterhändler, den Jumbe 
Makanda aus Bagamoyo, schnöde abgewiesen mit 
dem Bemerken, er werde sich zu wehren wissen. 
Alle erneuten Versuche des Makanda, den Ma- 
rugurn zur Vernunft zu bringen, waren fruchtlos 
geblieben. So wurde denn über die Angelegenheit 
eine Verhandlung ausgenommen und gegen Maru- 
guru, der sich schon seit längerer Zeit den deutschen 
Behörden gegenüber widerspenstig gezeigt hatte, der 
Krieg beschlossen. 
Am Morgen des 12. März marschirten wir 
unter dem Kampfgesange der Sudanesen: 
„Dujim ho-dajim Allah, 
Allah ho-daim Allah; 
Tajim kerim-Allah Allah, 
Allah kerim-daim Allah“ 
aus Mandera ab und erreichten am Abend Hamigna, 
das Dorf des Kingarn Makombea, wo wir, zwei
	        
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