Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

jedem Tornado kann man bequem drei, vier schwere 
europäische Gewitter machen! Die Trockenzeit bringt 
auch zuweilen den lästigen, austrocknenden Harmattan. 
Diese Tornados sind auch von ausgiebigen Wasser- 
massen und Stürmen begleitet; ein solcher warf uns 
im Februar d. J. ein großes Karawanenhaus über 
den Haufen; am Regemmesser konnte ich öfters nach 
20 Minuten Tornadodauer 50 und 60 mm Höhe 
messen. Auch Hagel bis zu Erbsengröße ist nicht 
selten Begleiter der Tornados. Die Durchschnitts- 
temperatur in der Regenzeit ist 18 bis 22° C.; in 
der Trockenzeit steht das Minimum des Morgens 
nicht selten auf 6 und 7° C.; also sehr empfindlich 
kühl; des Mittags steigert sich dann die Temperatur 
auf 25, 26% — einmal nur las ich 29° ob —, 
um gegen Abend auf 12 bis 14° zu sinken und 
eine oft sehr frische Nacht folgen zu lassen. 
Die zahlreichen Bäche haben durchgängig frisches, 
klares, gut trinkbares Wasser. 
4. Verhältnisse auf der Station. 
ch kann hier größtentheils auf die beiden Ab- 
risse mit ihren Erläuterungen hinweisen. 
Die Station ist zur Zeit besetzt mit 3 Weißen 
und 50 Balis. Diese 50 Mann sind militärisch 
ausgebildet nach einem den hiesigen Verhälltnissen 
angepaßten Reglement im Exerziren, Schießen, Feld- 
und Wachdienst. Die Kerle sind, was man so sagt, 
mit Leib und Seele Soldaten, und ich kann aus 
langjähriger Praxis mit europäischen Rekruten nur 
sagen, ich drille weit lieber Balis. Die Leute zeigen 
Fleiß, Eiser und Geschick, und daß sie in körperlicher 
Gewandtheit unseren Baueruburschen weit über sind, 
braucht wohl nicht erwähnt zu werden. Sogar im 
Schießen zeigen dieselben erfreuliche Fortschritte, und 
dies war der geduldheischendste Punkt. Troß der 
verführerischen Nähe des Heimathsdorfes?*) pariren 
dieselben auch gut. „Langsamen Schritt“ machen 
sie allerdings nicht. Zu gleicher Zeit werden die- 
selben auch zum Arbeitsdienst auf der Station ver- 
wendet und ist der gesammte Ausbau der Station 
nur mit diesen Balis, wozu sich nach Bedarf auch 
andere Leute aus Balidorf auf längere oder kürzere 
Zeit engagiren lassen (1 Yard pro Tag als Lohn), 
durchgeführt worden. 
Der Wachdienst wird in der Weise durchgeführt, 
daß von 6 Uhr abends bis 7 Uhr morgens eine 
Wache (1 schwarzer Unteroffizier, 4 Mann) auszieht 
und einen patronillirenden Posten (mit Ablösung), 
eventuell eine Patrouille zu 2 Mann (mit Ablösung) 
abstellt. 
Die artilleristische Armirung der Baliburg besteht 
aus einem Maxim-Gun und einem 3,7 cm-Schnell- 
keuergeschütz. 
Das für die nächste Trockenzeit projektirte Haus 
auf dem Higel, der sich im Süden unmittelbar an die 
*) In einem Bericht aus dem Frühjahr v. J. bezeich- 
net Lt. Hutter die Nähe des Heimathsdorfes als höchst 
störend für die Ausbildung und Durchführung der Disziplin. 
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Station anschließt, soll zugleich, wenn nöthig, als 
Ausstellungsplaß für die Geschütze und als Munitions- 
raum dienen können; das Schußfeld wäre aus- 
gezeichnet. 
Die Häuser der Station sind in gleicher Weise 
wie die Eingeborenenhäuser gebaut, nur sind natürlich 
die Thüren vergrößert und Fensteröffnungen an- 
gebracht. 
Die Verpflegung der Weißen sehz sich fast voll- 
ständig aus einheimischen Speisen nebst hier gezogenen 
europäischen Gemüsen zusammen, so daß tins mit 
Lebensmitleln (europäische Konserven), mit Ausnahme 
von Thee, Kakao, Milch, Zucker, fast unbekannte 
Dinge sind. 
An europäischen Gemüsen gedeihen recht gut: 
1. Rettige, 2. Radieschen, 3. Spinat, 4. Kohl, 
5. Kartoffeln, ) 6. Rüben, 7. Schneidebohnen, 
8. Kopfsalat. 
Außeer den unter folgender Zisser 5 anzuführen- 
den Lebensmitteln bringen die Balis auch öfters eine 
an Feldsalat in Aussehen und Geschmack erinnernde 
Pflanze, die sie ngä nennen. 
Ein Theil, der kleinere, ist in der Station ge- 
pflanzt, der weit größere steht in einer Farm des 
Königs, / Stunde von der Station 8E. 
Zum Verkauf der unten aufgeführten Lebens- 
mittel kommen den ganzen Tag hauptsächlich Weiber 
aus dem Dorfe herüber und bieten in ihren gefloch- 
tenen Körben ihre Schätc an. 
Der Vichbestand der Station ist zur Zeit sehr 
gering; doch ist in der nächsten Trockenzeit die An- 
lage eines größeren eingezäunten Viehparkes geplant. 
Nindvieh (luoir) giebt es in Bali nicht, wohl 
aber in den meisten umliegenden Dörfern, wie Ba- 
besson, Bafuen u. s. w. 
An Tauschwaaren werden begehrt: Zeug, Perlen, 
Glöckchen, Polsternägel (zum Schmuck der Weiber 
in Ohr und Unterlippe, nicht minder bei den Männern 
beliebt zur Verzierung der Gewehrkolben und Messer- 
griffe) und Salz. Als Wertheinheit gilt das brass, 
das ist eine zu einem Armband zusammengezogene 
Messingstange, 5 mm dick, in der Länge eines Yard; 
also 1 brass = 1 Yard. Die Balis nennen dieses 
brass: ntzäir. 
Wasser liefert der Station der im Osten der 
Station fließende, 10 Minnten entfernte Bach. 
5. Einheimische Lebensmittel und 
deren Preise: 
(Wertheinheit 1 brass = 1 Yard — 25 Pfennige.) 
Ziegen — mbf — (1 große Ziege 10 bis 12 brass). 
Schase, glakthaarig; die Hammel mit langer voller 
Mähne an Brust und Hals (gleicher Preis wie 
Ziegen). 
*) Dies ist besonders bemerkenswerth, da gerade die 
Kartosfel in tropischen Gebieten schlecht gedeiht; es spricht 
auch dieser Umstand für die Zuträglichkeit des Klimas. 
 
	        
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