Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

Nach Züchtigung der Voghe Velinghes hat Le- 
wonig den Rückmarsch nach der Küste angetreten 
und am 1. September die beabsichtigte Stations- 
gründung in Lolodorf ausgeführt. Als Leiter dieser 
Station wurde der Gärkner Nette bestellt, und 
wurden ihm 20 Polizeisoldaten beigegeben. Demnächst 
hat sich Lewonig wieder auf den Marsch begeben 
und ist am 22. September wohlbehalten in Kamerun 
eingetroffen. 
Die Gründung der neuen Station ist sowohl 
von den in deren Bezirk khätigen Firmen als auch 
von Seiten der Eingeborenen mit großer Freude be- 
grüßt worden. Da die Ersteren ihre in den Busch 
abgesandten Karawanen im Interesse der Kosten- 
ersparniß unter die Leitung Farbiger zu stellen ge- 
nöthigt sind, so hat die Station den doppelten Zweck, 
nicht nur diese Expeditionen zu schützen, sondern auch 
ihren nicht seltenen Uebergriffen zu wehren. Es ist 
deshalb die Annahme begründet, daß sie der Ent- 
wickelung des Handels an jener Stelle einen nicht 
unerheblichen Nutzen gewähren wird. 
  
Deutsch-Meu-Guinra. 
Unruben im Schutzgebiete von Neu-Guinea. 
Aus dem Schubgebiete der Neu-Guinea-Kom- 
pagnie liegen Nachrichten vor, wonach seit dem Juli 
d. Is. auf der Gazelle-Halbinsel in der Nähe der 
Station Herbertshöh Unruhen ausgebrochen sind. 
Unter den unbotmäßigen Stämmen hatte sich der 
Glaube verbreitet, daß ein unter ihnen lebender Ein- 
geborener eine Salbe, Mailau genaunt, erfunden habe, 
die den Körper kugelsest mache. Dieser Aberglaube 
soll zu den Feindseligkeiten Veranlassung gegeben 
haben. Dem Vorsteher der Station in Herbertshöh 
ist es bisher gelungen, mit Hülfe der dortigen Poli- 
zeitruppe den ungestörten Betrieb auf der Station 
aufrecht zu erhalten und die schuldigen Eingeborenen 
zu züchtigen; unter den Gefallenen befand sich auch 
der Erfinder des Mailau. Der Landeshauptmann 
der Kompagnie beabsichtigte, sich an Ort und Stelle 
zu begeben, um die zur Aufrechterhaltung der Ruhe 
und Sicherheit erforderlichen Maßregeln zu treffen. 
Weitere Nachrichten werden erst nach Anlunft der 
nächsten Post zu erwarten sein. 
  
Sendung von Erzeugnissen aus Neu- Guinea. 
Mit dem lehzten Reichspostdampfer sind aus 
Deutsch-Neu-Guinea von den Pflanzungen der Neu- 
Guinea-Kompagnie 32 Ballen Sea-Island-Baum- 
wolle, von anderen Pflanzungen im Bismarck-Archipel 
166 Ballen dieser Baumwolle, ferner von Sendung 
der Neu-Guinea-Kompagnie 68 Vlöcke Callophyllum= 
holz und von Sendung der Astrolabe-Kompagnie 
267 Ballen Tabak als Rest der Ernte von 1892 
ausgeführt worden. Leßtere gelangen zusammen mit 
416 Ballen der früheren Sendung von dieser Ernte 
am 8. Dezember in Bremen zur Einschreibung. 
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Den verhandlungen der Berliner antbropologischen 
Gesellschaft 
(Sitzung vom 27. Mai 1893) entnehmen wir Folgendes: 
Herr Felix v. Luschan zeigt photographische Ab- 
bildungen eines Knaben aus Deutsch-Neu-Guinea und 
berichtet wie folgt: 
„Der besonderen Güte des Herrn Regierungs- 
rathes Rose, des srüheren Landeshauptmanns des 
Schußgebietes der Neu-Guinea-Kompagnie, verdanke 
ich die Möglichkcit, hier Abbildungen eines Knaben 
aus Jabim in Kaiser-Wilhelms-Land vorlegen zu 
dürfen, den er kürzlich zur Erziehung hierher bringen 
ließ. Der gegenwärtig etwa neunjährige Junge, 
Namens Soli, ist meines Wissens der erste Ver- 
treter seiner Rasse, der überhaupt bisher aus Deutsch- 
Neu-Guinea nach Europa gekommen ist; voraus- 
sichtlich wird er hier mehrere Jahre vemweilen, so 
daß Gelegenheit geboten sein wird, ihn auch in seinem 
Wachsthum zu verfolgen. Die Haulfarbe ist an ver- 
schiedenen Stellen des Gesichts und des Körpers 
sehr verschieden, vor Allem an der Stirn und im 
Nacken auffallend dunkelbraun, fast schwarz, in der 
Jochbeingegend hingegen viel heller, mit einem sehr 
deutlichen rothen Unterton. Die Iris ist tief dunkel- 
braun, die Konjunktiva ausgesprochen gelblich, in den 
Augenwinkeln mit einzelnen, kleinen, unregelmäßig 
runden Flecken von röthlich brauner Farbe. Das 
Haupthaar ist rein schwarz, seidenartig weich, kraus, 
beiderseits „whisker“-artig bis fast zur Höhe des 
unteren Randes der Ohrmuschel herabsteigend. Die 
Stirn ist mäßig hoch, gerade und voll, in ihrem 
oberen Theile dicht mit Flaumhaar bedeckt, das all- 
mählich in das Haupthaar übergeht, so daß es schwer 
fällt, die genaue Stelle des Haarrandes zu ermitteln. 
Der Kopf erscheint lang, schmal und hoch, das Ge- 
sicht schmal und oval; die Wangenbeine sind ange- 
legt, die Nasenwurzel ist mäßig flach, der Rücken 
schmal; das Septum nach vorn stark verbreitert, die 
Flügel dünn. Im Septum war früher ein 6 bis 
7 mm im Durchmesser haltendes Stäbchen getragen 
worden; jeßt ist die durchbohrte Stelle kaum mehr 
zu erkennen und eben noch für eine dünne Sonde 
durchgängig. Auch das linke Ohrläppchen ist durch- 
bohrt. Die massigen Zähne sind gerade gestellt, 
ohne Caries, stellenweise, besonders an den Innen- 
flächen, braun gefärbt. An den Händen ist die ganz 
helle, fast rosige Färbung des Handtellers besonders 
auffallend, sowie die sehr langen, schmalen, aus- 
gesprochen konisch sich verjüngenden Finger. 
Im Uebrigen ist der Junge von grosier Intelli- 
genz; er hat in wenigen Monaten neben seinem, 
allerdings primitiven Englisch auch recht gut Deutsch 
gelernt und erweist sich überhaupt sehr aufgeweckt. 
Seiner guten Kenntniß# seiner engeren Heimath, seinem 
vorzüglichen Gedächtniß und seiner mehrfach auf die 
Probe gestellten Wahrheitsliebe verdanke ich bereits 
vielfache Belehrung über verschiedene Stücke unserer 
Sammlung, und geradezu erstaunlich ist die nie 
fehlende Sicherheit, mit welcher er ihm vorgelegte
	        
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