Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

— 41 
Letzteres jedoch ohne Ueberschreiten der Zehner; auf 
der Tafel werden einstellige Zahlen addirt. 
Der Anschauungsunterricht lehnt sich haupt- 
sächlich an das Lesen an in derselben Weise, wie bei 
Abtheilung 1; im Besonderen wurden noch besprochen 
die Schule und die Gegenstände in derselben, das 
Haus, der Mersch. , 
Der Schulbesuch ist nicht so regelmäßig wie bei 
Abtheilung I, namentlich infolge von Krankheiten, 
bei denen sich die Angehörigen meist sehr ängstlich 
zeigen. Auch kommt immer ein Theil der Schüler 
zu spät, indem sie zwar pünktlich von Hause weg- 
geschickt werden, unterwegs aber des Sehenswerthen 
uriel finden, als daß sie zur rechten Zeit kommen 
önnten. 
eber die Polizeitruppe des Togo-Gebietes 
berichtet der Polizeimeister v. Piotrowski wie folgt: 
Die Polizeitruppe, welche im Jahre 1886 in 
Bagida in einer Stärke von 25 Mann gegründet 
wurde und 1887 durch Verlegung des Regierungs= 
sites nach Sebbe übersiedelte, wuchs zeitweilig bis 
auf 110 Mann und zählt heute noch 50 ausgebildete 
Soldaten, unter denen sich 1 Unteroffizier und 
4 Gefreite befinden. 
Zur Gründung der Polizeitruppe in Kamerun 
wurden im November 1891 15 ausgebildete Soldaten 
als Stamm dorthin abgegeben. 
Die hiesige Truppe setzt sich zusammen aus den 
Stämmen der Haussahs, Anago, Dagomba und 
Anderen, welche als kriegerisch bekannt sind. 
Die Ausbildung eines solchen Soldaten erfordert 
hier nur einen Zeitraum von 9 Wochen; derselbe 
kann dann schon in die Kompagnie eingestellt werden. 
Der neueintretende Soldat, welchem die Sprache 
der hiesigen Soldaten unbekannt ist, wird in der 
Weise geschult, daß ihm erst jede einzelne zu erlernende 
Bewegung vorgemacht und die Bewegung in deutsch, 
in welchem alle Kommandos ertheilt werden, hinzu- 
gesetzt wird. So lernt der Einzelne, indem er dies 
beständig wiederholt, zunächst unter spezieller Auf- 
sicht eines schwarzen Gefreiken die Anfangsgründe im 
Turnen — Querbaum, Schnursprunggestell, Frei- 
und Gewehrübungen —, den militärischen Gang, 
Stellung, Honneur, Wendungen auf der Stelle und 
Bewegungen, Haltung beim Marsch und Laufschritt 
im Einzelnen und in der Kolonne; das Gewehr hand- 
haben auf der Stelle, beim Tirailliren und Angriff, 
sowohl im Griffemachen, wie in der Chargirung, 
Zielen und Feuern, Wach-, Marsch= und Patronillen- 
dienst 2c., überhaupt alles das, was ihn fähig 
macht, in der geschlossenen Truppe mitzuwirken. Da- 
bei wird weder der gewöhnliche Parademarsch, noch 
der im Laufschritt aus dem Auge gelassen. 
Da die Grundlage der Gesammtausbildung in 
der sorgfältigsten und straffen Einzelausbildung liegt, 
so wird dieser die größte Aufmerksamkeit gewidmet, 
  
denn die Fehler, welche sich bei der ersten Aus- 
bildung einschleichen, werden später nur sehr schwer 
beseitigt. 
Nachdem der Soldat genügend vorgebildet ist, 
täglich gezielt und in der Woche einige Male scharf 
geschossen hat — wobei im Allgemeinen ziemlich gute 
Resullate herauskommen —, auch begriffen hat, wie die 
Ausführungen der Kommandos durcheinander lauten 
und was dieselben bedeuten, wird er der geschlossenen 
Truppe zugetheilt und nimmt nunmehr an allen 
Uebungen sowohl auf dem Exerzirplatz, wie im 
Gelände Theil. Hierbei wird stets die strengste 
Disziplin und Ordnung, bei höchster Anspannung 
aller Kräfte, gewahrt. 
Jeder Soldat wird so erzogen, daß ihm die 
Einzelheiten seines Dienstes in Fleisch und Blut über- 
gehen müssen. 
Bei Ausbildung der Truppe in ihrer Gesammt- 
heit wird in erster Linie darauf Rücksicht genommen, 
daß das Kommando blindlings, schnell und sicher 
ausgeführt wird und die Leute so beständig in der 
Hand des Führers sind; bei Gefechtsübungen wird 
jede Deckung des afrikanischen Geländes aufs Sorg- 
fältigste ausgenutzt, wobei der Werth jener auch an 
den gegenüberstehenden Schützen nachgewiesen wird. 
Namentlich wird seit Bestehen der Truppe das auch 
in Ostafrika eingeführte Verfahren geübt, daß beim 
Buschkriege, wo auf die auf schmalem Buschpfade in 
Reihenmarsch vorgehende Truppe plötzlich aus dem 
Busch Feuer cröffnet wird, die geraden Nummern 
„rechts um“ und die ungeraden Nummern „links um" 
machen. 
Die Truppe hatte Gelegenheit zu scharfem Ein- 
greisen im April 1891 bei Aufhebung des Räuber- 
nestes Dogbodewe an der Ostgrenze des Gebiets. 
Ein schmaler Fußsteg führte durch undurchdringlichen 
Busch zu diesem Ort. Die in der Kriegführung 
nicht ungeübten Näuber ließen die beiden Spitzen, 
die vor dem Haupttrupp marschirten, unbehelligt vor- 
beiziehen und eröffneten dann ein heftiges Feuer 
aus dem Busch auf den Haupttrupp. Hierbei wurde 
die vorgenannte Gefechtsübung angewendet, und von 
den Soldaten wohl auf Deckung, aber in erster Linie 
auf Feuerwirkung gesehen. Durch sprungweises Vor- 
gehen wurde das nahe liegende Dorf mit den wenigen 
Soldaten (45) möglichst umzingelt und einige Hütten 
sosort in Brand gesetzt. Es entspann sich dann ein 
ziemlich heftiger aber kurzer Kampf, wobei die Truppe 
einen Todien und einige Verwundete hatte. Die 
Verluste des Feindes waren bedeutend, konnten jedoch 
nicht sestgeslellt werden. " 
Diese energisch durchgeführte Aktion besestigte 
nicht nur den Ruf der Truppe, sondern auch das 
Vertrauen der Bevölkerung auf thatkräftiges Ein- 
greisen der Regierung im Falle der Noth.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.