Haering und anderen Gouvernementsbeamten an
Bord S. M. S. „Nachtigal“ ein. Bis auf den
Kaibauer Möller, über dessen Verbleib Niemand
etwas wußte, und den getödteten Assessor Riebow
waren die Europäer nunmehr in Sicherheit. Der
Kaibauer Möller wurde allgemein für todt ge-
halten, bis er nach der Wiedereroberung der Joß-
platte aus der am Fluß gelegenen Maschinenwerkstatt
abgehungert und verängstigt, aber gesund zum Vor-
schein kom. Am Nachmittage des 16. Oktober sowie
die folgenden Tage wurden die Rebellen mehrere
Male von „,Nachtigal“ und „Soden“ beschossen,
wobei auf meinen Wunsch die Gebäude auf der
Joßplatte möglichst geschont wurden. Wir erhielten
jedesmal mehr oder minder starkes feindliches Ge-
wehr= und Geschützfeuer. Unteroffizier Steinecke
wurde hierbei leicht verwundet. Auch wurde der
gesammte Inhalt des öffentlichen Pulverschuppens,
welcher neben der Mission steht und von den
Dahomes nicht geplündert war, in Sicherheit ge-
bracht. Am 19. v. Mts. vormittags 10 Uhr kam
die Sannagaopinasse der Firma Woermann & Co.
mit Agent Scholz, Bergassessor Knochenhauer
und dem Vorsteher der Regierungsstation Edea,
v. Brauchitsch, längseits der „Nachtigal“. Herr
Scholz stellte die Pinasse, welche beim Passiren
der Joßplatte von den Dahomes erfolglos beschossen
war, und sich selbst sofort zu meiner Verfügung. Er
und Herr v. Brauchitsch halten von der Rebellion der
Dahomes auf dem Sannagaflusse gehört und waren
uns sofort zur Hülfe geeilt. Bergassessor Knochen-
hauer konnte nicht helsen, da er fiebershalber auf
dem „Cyclop“ untergebracht wurde.
Am 20. v. Mts. vormittags 10 Uhr traf
S. M. S. „Hyäne“ im Kamernnfluß ein. An
Bord befanden sich die Gouvernementsbeamten
Dr. Preuß und Dr. Plehn, welche ich dienstlich
kurze Zeit vor dem Aufstande auf einige Tage nach
Sao Thomé gesandt hatte. Ich fuhr auf „Nach-
tigal bis zur „Barre“ dem Kriegsschiff entgegen
und begab mich an Bord, um den Kommandanten
Kapitänlientenant Reincke über die Sachlage zu in-
formiren. Ich blieb an Bord und fuhr mit der
„Hyäne“, welche die Joßplatte lebhaft beschoß, in
den eigentlichen Hafen von Kamerun ein. Das
Feuer der „Hyäne“ machte entschieden Eindruck auf
die Rebellen, welche dasselbe weil lebhafter er-
widerten als früher das Feuer der „Nachtigal“ und
des „Soden“. Fast gleichzeitig mit „Hyäne' kam
ein Segelboot aus Viktoria an, besetzt vom Polizei-
meister Pfeil, Gärtner Scholz und etwa 40
Arbeitern des Dr. Preuß. Letztere haben uns
als Patrouillengänger und auch bei der Wieder-
eroberung der Josplatte gute Dienste geleistet. Da
unser Telegraph nicht erreichbar, sandte ich mit
dem englischen Dampfer „Kabinda“ den Hassen-
verwalter Hering nach Bonny behufs Aufgabe einer
längeren Depesche über das Vorgefallene an das
Auswärtige Amt. Als ich später aus Euer Excellenz
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Telegramm ersah, daß diese Depesche Berlin nicht er-
reicht hatte, sandte ich durch die inzwischen wieder
geöffnete hiesige Telegraphenstation eine zweite, in
welcher ich den Inhalt der ersten wiederholte.
Vorher hatte ich, da ich annehmen mußte, daß
Hering bereits meine Depesche über die Vorberei-
tungen zur Erstürmung der Joßplatte abgelassen,
diese Erstürmung telegraphisch gemeldet.
Am 21. und 22. wurden die Dahomes durch
„Hyäne“", „Nachtigal“ und „Soden“ wiederum
lebhaft beschossen, wobei diejenigen Häuser nicht ge-
schont werden konnten, aus welchen das Feuer er-
widert wurde. Unteroffizier Steinecke von der
Polizeitruppe erhielt eine leichte Verleßung durch
eine Kugel Modell 88 auf der Brust. Zugleich
wurden die Vorbereitungen zur Erstürmung der
Joßplatte getroffen.
Am 21. d. Mts. vormittags wurde die Joßplatte
durch Landungskorps S. M. S. „Hyäne“, Vermessungs-
kommando, die deutschen Kaufleute Hesse, Plaens-=
dorf, Stegemann, Steckelmann, Vanselow,
Holthusen, den schwedischen Kaufmann Lindow
sowie die Gouvernementsbeamten stellvertretenden
Gouverneur Leist, Dr. Preuß, Premierlientenant
Haering, Stationsvorsteher v. Brauchitsch,
Ingenieur Drees, Polizeimeister Wiazowski,
Polizeimeister Pfeil, Materialienverwalter Braun,
Gärtner Scholz, Gärtner Walter und Arbeits-
ausseher Dammhorst zurückerobert. Regierungsarzt
Dr. Plehn leistete während des Gefechts ärztliche
Hülfe. Da ich an Bord S. M. S. „Hyäne“ ein-
geschisst war, hatte ich mich der ersten Abtheilung
des Landungskorps dieses Kriegsschiffes angeschlossen.
Nachdem wir bis an das Verwaltungshaus vor-
gedrungen, hörle ich durch Kaufmann Hesse, daß
unsere au dem Exerzirplatz befindlichen Truppen sich
verschossen hätten. Sofort stürmten wir vorwärts
und schlossen uns an den rechten Flügel derselben an.
Hier traf ich die Herren Deimling, v. Brauchitsch
und Dr. Preuß. Bei heftigem Gewehrfeuer von
beiden Seiten wurden nunmehr die Dahomes sprung-
weise über Tokotodorf hinaus in den Busch getrieben.
Drei Geschütze und viele Munition wurden zurück-
erobert. Eine Verfolgung in den Busch verbot sich
bei der geringen Stärke des Landungskorps der
„Hyäne“. Infolge dessen wurden bisher täglich
Patrouillen gesandt, welche aus den treu gebliebenen
Polizeisoldaten gebildet wurden. Diese haben bisher
sechs Dahomesoldaten und acht Weiber gefangen ge-
nommen und viele geraubte Gegenstände — darunter
gestern das letzte noch fehlende Maximgeschütz —
zurückgebracht. Außerdem sind acht Dahomesoldaten
und dreizehn Weiber durch Kameruner eingeliefert.
Während ich die gefangenen Männer hängen ließ,
habe ich die gefangenen Weiber, von denen Viele
Säuglinge hatten, begnadigt. Dieselben werden nach
den im Innern gelegenen Stationen deportirt werden.
Auf den Kopf des Rebellenanführers Mamadu ist
eine Belohnung von 100 Mark, auf den Kopf der