Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

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übrigen Rebellen eine solche von 50 Mark gesetzt 
worden. Die Einlieferung eines Dahomeweibes wird 
mit 20 Mark belohnt. 
Verluste auf unserer Seite waren während des 
Sturmes auf die Joßplatte nicht zu verzeichnen. 
Ueber die Verwundungen giebt der in Abschrift an- 
gechlossene Sanitätsbericht des Dr. Plehn vom 
v. Mts. näheren Aufschluß. Die Verluste auf 
# gegnerischen Seite sind nicht bekannt, da die 
Dahomes Todte und Verwundete mit sich zu nehmen 
pflegen. Gefunden sind drei Leichen und viele Blut- 
spuren Der abschriftlich beifolgende Gefechtsbericht 
ts Haering 
giebt die einzelnen Vorgänge bei der Erstürmung 
der Joßplatte wieder. 
Häuptling Bell, welchem die Dahomes gesagt 
hatten, jetzt sei die Gelegenheit günstig, die Weißen 
aus dem Lande zu jagen, er möchte doch helfen, 
siellte sich unter meinen Schutz und fand bis zur 
Rückeroberung der Joßplatte auf S. M. Hulk Auf- 
nahme. Jedenfalls ist kein Zeichen dafür vorhanden, 
daß die Revolte der Dahomes auf die Duallas an- 
steckend gewirkt hättc. 
Der durch den Ausstand verursachte Schaden an 
siaatlichem Eigenthum beziffert sich nach meiner und 
des Ingenieurs Drees oberflächlicher Berechnung auf 
eltwa 20 000 Mark. Kein Gebände ist so lädirt, 
daß es nicht reparirt werden könnte. Am meisten 
haben das Gonverneurshaus und das Hospital ge- 
litten. Doch auch diese Gebände sind nach Ansicht 
des Herrn Drees bald wieder ausgebessert. Nur 
möchte ich gehorsamst bitten, außer dem bereits er- 
betenen Zimmermann noch einen Arbeiteraufseher 
herauszusenden. 
Ausgeraubt sind hauptsächlich Gonverneurshaus, 
erste Beamtenmesse, Doktorwohnung und Hospital. 
Doch hat sich die Plünderung weniger auf staatliches 
als auf privates Eigenthum, namentlich auf Kleidung, 
Essen und Getränke erstreckt. Merkwürdigerweise ist 
das Proviantmagazin von der Plünderung verschont 
geblieben. Post= und Gouverneurs-Kassenschrank haben 
die Rebellen nicht zu öffnen vermocht. Telegraph 
und Archiv sind unverletzt, Missionshäuser, sämmt- 
liche Faktoreien und die Kaianlagen unversehrt. Nur 
das den Kaibauern als Unterkunft dienende Bretter- 
haus ist stark beschädigt. Die Reparatur der Ge- 
bäude ist begonnen worden. 
Der Schaden an Privateigenthum der Beamten 
läßt sich noch nicht berechnen, da täglich von den 
schwarzen Patronillen Sachen aus dem Busch zurück- 
gebracht werden. Jedenfalls ist auch dieser Schaden 
nicht so bedeutend als man anfangs annahm. 
Bevor ich auf die Beweggründe und die politischen 
Folgen des Dahomeausstandes näher eingehe, möchte 
ich hervorheben, daß sich sämmtliche an der Ver- 
theidigung des Gonverneurshauses und am Sturm 
betheiligten Europäer tadellos benommen haben. Be- 
sonders hervorgethan haben sich Premierlieutenant 
Haering, der Leiter der Regierungsstation Edea 
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v. Brauchitsch, Dr. Preuß, Büchsenmacher Zimmer- 
mann, Maschinist Schulz und die Faktoristen Hesse 
und Holthusen. Die Schwester Margarethe Leue 
hat sich durch ihren Muth und ihre Pflichttreue 
während des Aufstandes die Bewunderung der ge- 
sammten hiesigen Europäer erworben. 
Die Bravour der Kaiserlichen Marine wird von- 
berufenerer Seite gekennzeichnet werden. Herzens- 
bedürfniß ist es mir, an dieser Stelle die Umsicht 
und Tapferkeit des Lieutenants zur See Deimling 
und des Steuermanns Klein hervorzuheben, denen 
es nicht zum wenigsten zu verdanken ist, daß wir das 
Gonverneurshaus 15 Stunden hindurch behaupten 
und uns dann ohne Verlust auf „Nachtigal“ zurück- 
ziehen konnten. 
Die Dahomes sind frühere Sklaven des Häupt- 
lings Behanzin von Dahome und durch Baron 
Gravenrenth im Jahre 1891 freigekauft. Sie bildeten 
den stabilen Theil der Polizeitruppe. Als älteste 
Soldaten derselben hatten sie in verschiedenen Kämpfen 
des Gouvernements gegen eingeborene Stämme eine 
gewisse Kriegserfahrung und vor allen Dingen zu 
schießen und die Geschütee zu bedienen gelernt. Der 
Grund der Revolte, welche auch nach Ansicht des 
Führers und der Unteroffiziere der Polizeitruppe 
jedenfalls seit Langem geplant gewesen, dürfte vor 
Allem in der Unzufriedenheit der Dahomes mit ihrer 
Bezahlung zu suchen sein. Die Löhnung der sonstigen 
Polizeisoldaten (während der Rekrutenzeit 20 und später 
30 Mark pro Monat) konnte den Dahomesoldaten 
zur Zeit noch nicht zu Theil werden, da sie um einen 
theuren Preis aus der Sklaverei losgekauft waren. 
Während dieselben die ersten zwei Jahre gar nicht 
gelöhnt wurden, hatte ich mehreren von ihnen vor 
Kurzem etwas Löhnung bewilligt und Allen sagen 
lassen, daß ich auch Andere, welche sich das Lob des 
Schußtruppenführers erwürben, auf dessen Antrag 
löhnen würde. Auch sind aus vielen Anlässen (Weih- 
nachten, Kaisers Geburtstag, Buschexpeditionen u. s. w.) 
den Dahomesoldaten Geschenke und andere Vergün- 
stigungen zu Theil geworden. So wurden die aus 
der Anwerbung Gravenreuths und Expeditionen 
stammenden Gouvernementsweiber fast ausschließlich 
mit Dahomes verheirathet. Wer wie ich gesehen hat, 
wie diese verthierten, ausgehungerten und mit den 
widerlichsten Krankheiten behafteten Sklaven durch 
den Loskauf Gravenrenths und die Pflege des 
Gouvernements sich zu freien, gesunden und kräftigen 
Soldaten entwickelten, der mußte glauben, daß diese 
Leute im Dienste des Gouvernements sich wie im 
Himmel hätten vorkommen müssen. Aber der Neger 
lebt nun einmal stets in der Gegemvart und vergißt 
die Vergangenheit. Die Löhnung der als Soldaten 
angeworbenen freien Neger war für die Dahomes 
ein Gegenstand sortwährenden Neides. Leider sanden 
sich auch Personen, wie der in Deutschland erzogene 
Alfred Bell, welche die Unzufriedenheit der Dahomes 
künstlich schürten und aus derselben Kapital schlugen. 
Der Neid der Dahomes auf ihre schwarzen Kameraden
	        
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