Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

tischen Tüchtigkeit des Leiters der Plantage Herrn 
Teusz zu verdanken. Es wird beabsichtigt, die 
Plantage auf mindestens eine halbe Million Kakao- 
bäume zu bringen. 
  
Tog. 
ZBericht des Derrn bietor über Togo. 
Der seit langen Jahren in Togo thälige ange- 
sehene Großkaufmann J. K. Vietor in Bremen hat 
sich in einem längeren Schreiben an den „Reichs- 
boten“?) folgendermaßen über die Lage der Dinge in 
Togo ausgesprochen:: 
„Man schilt so viel auf unsere Kolonialregierung 
und macht derselben so viele Vorwürfe, meistens 
allerdings — sit venia verbo — von Theoretikern, 
welche die Verhältnisse nicht aus eigener Anschauung 
kennen. Im Gegensatz zu der auch in Ihrem Artikel 
vertretenen Hinterlandpolitik sind wir Kaufleute, die 
wir unser Besitzthum und unsere Kapitalien in den 
Kolonien angelegt haben, unseren Gonverneuren und 
Kommissaren sehr dankbar, daß sie den Hauptschwer- 
punkt ihrer Verwaltung auf eine friedliche, gesunde 
Entwickelung des Küstengebietes legen und nur 
schrittweise ins Innere vorgehen. Und ist eine 
günstige Entwickelung der Küstengebiete in Togo und 
Kamerun nicht gelungen? Ich glaube, es würde 
ein Jeder staunen, der 1884 das Togogebiet gesehen 
hat und 1894 wieder hinauskäme. 
1884 war Togo eine große Wildniß mit vier 
kleinen Geschäftsplätzen an der Küste, von denen 
eigentlich nur Klein= Popo eine größere Bedentung 
hatte. Dort waren drei deutsche Firmen — von denen 
sich die eine bald auflöste — mit fünf Niederlassun- 
gen, eine englische und zwei französische mit je einer 
Faktorei ansässig. In dem ganzen Gebiete waren 
höchstens drei bis vier den Verhältnissen Rechnung. 
tragende, gute Wohnhäuser. Nur in Klein-Popo 
befand sich eine englische Mission unter der Leitung 
schwarzer Missionare. Die Europäer waren mehr 
oder weniger der Willkür der Häuptlinge preisgegeben, 
so sehr, daß mehrere Male das Einschreilen deutscher 
Kriegsschiffe nothwendig wurde. Von Anpflanzungen 
oder Plantagen war keine Rede, und selbst in den 
Höfen waren nicht einmal Bäume gepflanzt. 
Und heute, nachdeim Togo 1884 unter deutschen 
Schutz gestellt wurde? 
Von Belästigung durch die Häuptlinge ist selbst- 
redend gar keine Rede mehr. Statt der drei sind 
jebt zehn deutsche Firmen mit mindestens 13 Nieder- 
lassungen dort ansässig, und die zwei französischen 
Häuser haben je eine neue Niederlassung gegründet. 
Die elenden Behausungen der Europäer haben fast 
ohne Ausnahme hübschen, lustigen Wohnungen Platz 
gemacht, von den neuerrichteten Regierungsgebäuden 
zu schweigen. Außer der vorher erwähnten kleinen 
") Nr. 44 von 1894. 
  
130 —. 
Missionsstation haben wir jeht die Bremer Mission 
mit ihren prachtvollen Anlagen und mit ihrer segens- 
reichen Wirkung im Innern, und zwei katholische 
Missionsanstalten an der Küste. Von Lome und 
Klein-Popo aus sind hübsche breite Wege im Innern 
angesangen. An der Küste sind eine ganze Reihe 
Kokosnußplantagen angelegt und bei Geote etwas 
im Innern eine ganze Reihe Kaffeepflanzungen. In 
den Küstenplätzen sind einige Polizeisoldaten den 
Amtsvorstehern unterstellt, und eine kleine Schutz 
truppe ist für etwaige Unruhen zur Verfügung, 
welche aber durch die verständige Besonnenheit 
unserer Kommissare bisher stets vermieden sind. Wir 
hätten zwar in Togo vor einigen Jahren beinahe 
auch einen kleinen Krieg gehabt, jedoch wurde der- 
selbe noch eben glücklich vor Ausbruch der Feind- 
seligkeiten verhindert, und zwar hauptsächlich durch 
die Dazwischenkunft der Angeslellten der Bremer 
Mission. Unter Herrn v. Puttkamers Verwaltung 
ist nachher nie wieder elwas passirt. 
Ferner ist in Klein-Popo eine Negierungsschule 
eingerichtet, ein Regierungsarzt angestellt, und ver- 
schiedene Wegebaner und Gärtner sind mit Versuchs- 
pflanzungen und Wegebauten beschäftigt. Und mit 
was für Mitteln sind diese Fortschritte erreicht? 
Lediglich aus den Einnahmen der Kolonie selbst, 
mit Ausnahme der Gehälter des Kommissars, seines 
Sekretärs und des Polizeimeisters, welche, soviel 
ich weiß, auch heute noch vom Reich bezahlt werden. 
Unsere Zolleinnahmen beliefen sich in der ersten 
Hälfte des Etatsjahres 1893/94 auf 100 047 Mk. 
Zunächst ein Beweis, wie bedeutend der Handel ist, 
und dann, daß die Zölle auf Spirituosen, Tabak, 
Pulver, Gewehre und Salz gut gewählt sind und 
bezahlt werden können, ohne den Handel zu beein- 
trächtigen. Ich bin sogar persönlich der Meinung, 
daß eine noch weitere Erhöhung der Rumzölle 
nur für das ganze Land segensreich wirken könnte. 
In diesem Jahre werden aus den Zöllen außer 
den laufenden Ausgaben der Bau eines Kranken= 
hauses, einer Brücke und der weitere Wegebau ins 
Innere bezahlt. Für solche Zwecke, bei denen 
man den praktischen Nutzen vor Augen hat 
und sieht, daß das verausgabte Geld der 
Entwickelung des Landes zu Gute kommt, 
bezahle ich und doch wohl jeder verständige 
Kaufmann gerne die Zölle und Steuern. 
Was sollen uns aber kostspielige Expeditionen ins 
Innere, welche doch auf lange Zeit, solange keine 
gute Verbindung mit dem Innern geschaffen ist, für 
den Handel vollständig werthlos sind? 
Wir haben auch eine Station im Innern von. 
Togo, Bismarckburg, welche seit einer ganzen 
Neihe von Jahren besteht, welche uns aber bisher 
noch keinen praktischen Nuben gebracht hat. Ich 
selbst habe im Anfang des Jahres 1889 den Ver- 
such gemacht, eine Expedition auszurüsten und einen 
meiner Europäer ins Innere zu senden, um in der 
Nähe der Station Handelsbeziehungen anzuknüpfen.
	        
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