die Erschließung des Hinterlandes von Kamerun zum
Zweck und zur Aufgabe hatten, sind aus den Ver-
öffentlichungen der erstatteten Berichte im Deutschen
Kolonialblatt, in den Mittheilungen aus den deutschen
Schutgebieten, sowie aus sich daran anschließenden
anderweitigen Veröffentlichungen allgemein bekannt.
Es genügt und ist erforderlich, an dieser Stelle einen
kurzen geschichtlichen Ueberblick über die Reihe dieser
Unternehmungen zu geben, um zu zeigen, wie sie,
Koßdem durch sie Vieles für die Aufhellung der
geographischen Verhältnisse des unmittelbaren Ka-
merun-Hinterlandes in dankenswerther Weise
geschehen ist, ihr politisches Ziel, soweit es auch
noch auf eine erhebliche Erweiterung des deutschen
Machtgebietes gerichtet war, nicht zu verwirklichen
vermochlen.
Mit zäher Thatkraft gelang es der Kundschen
Expedition, zum ersten Mal die Schwierigkeiten zu
überwinden, welche die um die alleinige Aus-
übug des Zwischenhandels besorgte Küstenbevölkerung
und der die Küstengebiete von den Savannengebieten
bes inneren Hochlandes trennende Urwaldgürtel dem
Vordringen der Expedition in den Weg legten.
Die Expedition vermochte in östlicher Nichtung
längs des Nyong bis auf etwa 12° 307 östl. Gr. vor-
zudringen. Aus welchen Ursachen die Expedition
veranlaßt wurde, den weiteren Vorstoß in der gleichen
RNihtung aufzugeben und mehr nach Nordosten hin
in einem kurzen Marsch vorzudringen, geht aus den
vorläufigen Berichten des Expeditionsführers nicht
mit Deutlichkeit hervor. Die schwere Zerrüttung
seiner Gesundheit gab Kund später keine Möglichkeit
mehr, sich eingehend über die Gründe seiner Umkehr
am oberen Nyong zu zußern. Zwar wurde
bei dem beabsichtigten Vorstoß nach Adamang der
Samaga erreicht. Die durch Mißverständnisse
umd Mangel an Dolmetschern hier eintretenden
kriegerischen Verwickelungen mit den Eingeborenen
brachten indeß das Vorgehen nach dieser Richtung
bald zum Stillstand. Bei dem Versuch, vom
Samaga in möglichst grader Richtung nach
Kamerun zurückzukehren, brach in Gestalt des Ueber-
solles der Expedition durch die Bakokos das Unglück
über das anfänglich so aussichtsvolle Unternehmen
herein. Die schweren Verwundungen, welche Haupt-
mann Kund ebenso wie sein Gefährte Lieutenant
Tappenbeck bei dieser Gelegenheit erlitten, wirkten
auch in der Folge lähmend auf den Weitergang der
ganzen Expedition. Zwar gelang es den Anstren-
gungen Lieutenant Tappenbecks im Jahre 1889
durch Ausbau der Yaüundestation im Binnenland festen
Fuß zu fassen, aber sein im Juli erfolgter Tod
sete seiner Thätigkeit ein jähes Ende und auch das
aufopfernde Eingreifen des selbst noch unter den Ein-
füüsen des Klimas schwer leidenden Hauptmanns
Kund vermochte die Lage nicht zu bessern. Schwer
erkrankt mußte er im Oktober 1889 nach kurzer
Auwesenheit an der Küste den Schauplatz seiner
Thäligkeit für immer verlassen. An seine Stelle
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trat der jetzige Hauptmann Morgen, welcher zu-
nächst der Yaundestation Ersaßtz brachte, bei seinem
Rückmarsch zur Küste den Unterlauf des Sannaga
erforschte und dann im Juni 1890 zu elner
zweiten Expedition von der Küste aufbrach, die
ihn über YBaunde und den Sannaga in das Herz
von Adamaua nach Tibati brachte. Die eigenthüm-
lichen Verhältnisse in den mittelafrikanischen Reichen,
welche es einem Reisenden nicht gestatten, das Bereich
eines solchen Herrschers zu durchziehen, ohne zunächst
den Wohnsiß desselben aufgesucht zu haben, wurden
auch für die Morgensche Expedition insosern zum
Verhängniß, als sie ihr nicht erlaubten, so weit
als möglich nach Osten zu ziehen, sondern sie
nach Norden über das Kriegslager des Tibati-
herrschers nach Banyo und Ibi zum mittleren Benus
ablenkten.
Auch vom nördlichen Theil des Schubgebietes
aus war während dieser im Süden sich abspielenden
Vorgänge Dr. Zintgraff bemüht gewesen, gegen
Adamaua vorzudringen. Schritt für Schritt war
dieser Reisende in den Jahren 1888/89 nach der
Gründung der Barombi-Station gegen Nordost vor-
gedrungen, hatte im Baligebiet Fuß gefaßt und war
von da aus bestrebt gewesen, Adamaua zu erreichen.
Aber auch er wurde bei diesem Zuge nach Westen
abgedrängt und erreichte den Benucs über Takum in
Ibi auf unbestritten englischem Gebiete. Auf dem
von dort über Land angetretenen Rückwege nach
Baliburg wurden solche Ergebnisse, welche im Sinne
einer Befestigung der deutschen Ansprüche auf Ada-
mang hätten verwerthet werden können, nicht erreicht.
Von einer Ausdehnung der deutschen Interessensphäre
nach Osten über den 15.5° östl. Gr. war überhaupt
keine Rede mehr. Das zweite mit Aufwendung noch
erheblicherer Mitkel in der zweiten Hälfte des Jahres
1890 von Dr. Zintgraff im Baliland begonnene
Unternehmen, von dem die Erreichung des Shari-
gebietes erhofft wurde, schlug infolge der kriegerischen
Verwickelungen, in welche die Expedition durch den
Balihäuptling hineingezogen wurde, fehl und endete
1893 mit der gänzlichen Aufgabe der im nördlichen
Kamerungebiet ins Werk gesetzten Unternehmungen,
die ihr Endziel immer auf Adamana und den Tschad-
see gerichtet hatlen.
Die von der Morgenschen Adamangaexpedition
heimgebrachten Nachrichten und die Meldungen über
die Fortschritte französischer Forschungsreisenden in
jenen Gebieten, welche in den deutschen kolonialen
Kreisen als das natürliche Hinterland von Kamerun
betrachtet wurden, drängten dazu, unverzüglich auf
den von der genannten Expedition erziellen Ergeb-
nissen fußend, eine neue, möglichst starke Expeditlon
in das Hinterland von Kamerun zu entsenden. Zum
Führer derselben, welche für deutsche Verhälltnisse
ungewöhnlich reich mit Mitteln versehen war, wurde
der in Ostafrika bewährte Hauptmann Flreiherr
v. Gravenreuth ausersehen. Sein frlühzeitiger Tod
vor Buca im Kamerungebirge und die bel der An-