Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

die Erschließung des Hinterlandes von Kamerun zum 
Zweck und zur Aufgabe hatten, sind aus den Ver- 
öffentlichungen der erstatteten Berichte im Deutschen 
Kolonialblatt, in den Mittheilungen aus den deutschen 
Schutgebieten, sowie aus sich daran anschließenden 
anderweitigen Veröffentlichungen allgemein bekannt. 
Es genügt und ist erforderlich, an dieser Stelle einen 
kurzen geschichtlichen Ueberblick über die Reihe dieser 
Unternehmungen zu geben, um zu zeigen, wie sie, 
Koßdem durch sie Vieles für die Aufhellung der 
geographischen Verhältnisse des unmittelbaren Ka- 
merun-Hinterlandes in dankenswerther Weise 
geschehen ist, ihr politisches Ziel, soweit es auch 
noch auf eine erhebliche Erweiterung des deutschen 
Machtgebietes gerichtet war, nicht zu verwirklichen 
vermochlen. 
Mit zäher Thatkraft gelang es der Kundschen 
Expedition, zum ersten Mal die Schwierigkeiten zu 
überwinden, welche die um die alleinige Aus- 
übug des Zwischenhandels besorgte Küstenbevölkerung 
und der die Küstengebiete von den Savannengebieten 
bes inneren Hochlandes trennende Urwaldgürtel dem 
Vordringen der Expedition in den Weg legten. 
Die Expedition vermochte in östlicher Nichtung 
längs des Nyong bis auf etwa 12° 307 östl. Gr. vor- 
zudringen. Aus welchen Ursachen die Expedition 
veranlaßt wurde, den weiteren Vorstoß in der gleichen 
RNihtung aufzugeben und mehr nach Nordosten hin 
in einem kurzen Marsch vorzudringen, geht aus den 
vorläufigen Berichten des Expeditionsführers nicht 
mit Deutlichkeit hervor. Die schwere Zerrüttung 
seiner Gesundheit gab Kund später keine Möglichkeit 
mehr, sich eingehend über die Gründe seiner Umkehr 
am oberen Nyong zu zußern. Zwar wurde 
bei dem beabsichtigten Vorstoß nach Adamang der 
Samaga erreicht. Die durch Mißverständnisse 
umd Mangel an Dolmetschern hier eintretenden 
kriegerischen Verwickelungen mit den Eingeborenen 
brachten indeß das Vorgehen nach dieser Richtung 
bald zum Stillstand. Bei dem Versuch, vom 
Samaga in möglichst grader Richtung nach 
Kamerun zurückzukehren, brach in Gestalt des Ueber- 
solles der Expedition durch die Bakokos das Unglück 
über das anfänglich so aussichtsvolle Unternehmen 
herein. Die schweren Verwundungen, welche Haupt- 
mann Kund ebenso wie sein Gefährte Lieutenant 
Tappenbeck bei dieser Gelegenheit erlitten, wirkten 
auch in der Folge lähmend auf den Weitergang der 
ganzen Expedition. Zwar gelang es den Anstren- 
gungen Lieutenant Tappenbecks im Jahre 1889 
durch Ausbau der Yaüundestation im Binnenland festen 
Fuß zu fassen, aber sein im Juli erfolgter Tod 
sete seiner Thätigkeit ein jähes Ende und auch das 
aufopfernde Eingreifen des selbst noch unter den Ein- 
füüsen des Klimas schwer leidenden Hauptmanns 
Kund vermochte die Lage nicht zu bessern. Schwer 
erkrankt mußte er im Oktober 1889 nach kurzer 
Auwesenheit an der Küste den Schauplatz seiner 
Thäligkeit für immer verlassen. An seine Stelle 
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trat der jetzige Hauptmann Morgen, welcher zu- 
nächst der Yaundestation Ersaßtz brachte, bei seinem 
Rückmarsch zur Küste den Unterlauf des Sannaga 
erforschte und dann im Juni 1890 zu elner 
zweiten Expedition von der Küste aufbrach, die 
ihn über YBaunde und den Sannaga in das Herz 
von Adamaua nach Tibati brachte. Die eigenthüm- 
lichen Verhältnisse in den mittelafrikanischen Reichen, 
welche es einem Reisenden nicht gestatten, das Bereich 
eines solchen Herrschers zu durchziehen, ohne zunächst 
den Wohnsiß desselben aufgesucht zu haben, wurden 
auch für die Morgensche Expedition insosern zum 
Verhängniß, als sie ihr nicht erlaubten, so weit 
als möglich nach Osten zu ziehen, sondern sie 
nach Norden über das Kriegslager des Tibati- 
herrschers nach Banyo und Ibi zum mittleren Benus 
ablenkten. 
Auch vom nördlichen Theil des Schubgebietes 
aus war während dieser im Süden sich abspielenden 
Vorgänge Dr. Zintgraff bemüht gewesen, gegen 
Adamaua vorzudringen. Schritt für Schritt war 
dieser Reisende in den Jahren 1888/89 nach der 
Gründung der Barombi-Station gegen Nordost vor- 
gedrungen, hatte im Baligebiet Fuß gefaßt und war 
von da aus bestrebt gewesen, Adamaua zu erreichen. 
Aber auch er wurde bei diesem Zuge nach Westen 
abgedrängt und erreichte den Benucs über Takum in 
Ibi auf unbestritten englischem Gebiete. Auf dem 
von dort über Land angetretenen Rückwege nach 
Baliburg wurden solche Ergebnisse, welche im Sinne 
einer Befestigung der deutschen Ansprüche auf Ada- 
mang hätten verwerthet werden können, nicht erreicht. 
Von einer Ausdehnung der deutschen Interessensphäre 
nach Osten über den 15.5° östl. Gr. war überhaupt 
keine Rede mehr. Das zweite mit Aufwendung noch 
erheblicherer Mitkel in der zweiten Hälfte des Jahres 
1890 von Dr. Zintgraff im Baliland begonnene 
Unternehmen, von dem die Erreichung des Shari- 
gebietes erhofft wurde, schlug infolge der kriegerischen 
Verwickelungen, in welche die Expedition durch den 
Balihäuptling hineingezogen wurde, fehl und endete 
1893 mit der gänzlichen Aufgabe der im nördlichen 
Kamerungebiet ins Werk gesetzten Unternehmungen, 
die ihr Endziel immer auf Adamana und den Tschad- 
see gerichtet hatlen. 
Die von der Morgenschen Adamangaexpedition 
heimgebrachten Nachrichten und die Meldungen über 
die Fortschritte französischer Forschungsreisenden in 
jenen Gebieten, welche in den deutschen kolonialen 
Kreisen als das natürliche Hinterland von Kamerun 
betrachtet wurden, drängten dazu, unverzüglich auf 
den von der genannten Expedition erziellen Ergeb- 
nissen fußend, eine neue, möglichst starke Expeditlon 
in das Hinterland von Kamerun zu entsenden. Zum 
Führer derselben, welche für deutsche Verhälltnisse 
ungewöhnlich reich mit Mitteln versehen war, wurde 
der in Ostafrika bewährte Hauptmann Flreiherr 
v. Gravenreuth ausersehen. Sein frlühzeitiger Tod 
vor Buca im Kamerungebirge und die bel der An-
	        
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