Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

— 283 — 
Die vielen dem Meere zueilenden Gebirgsbächen (die jetzigen Eingeborenen und der jetzige Adel) und 
liesern in der trockensten Zeit noch etwa 175 Kubik- 
meter Wasser in der Minute, geben daher in vielen 
Pflanzungen die bewegende Kraft für die Kaffee- 
enthülsungsmaschinen. Einige Kohlensäure und auch 
wohl andere Gase enthaltende Quellen sind auf der 
Insel bekannt, ebenso eisenhaltige oder Stahlquellen. 
Am Gestade ist rings um die Insel herum die 
schwarze dichte, wenig Olivin, an einigen Stellen 
aber viel Hornblende haltende basaltische Lava sicht- 
bar; im Inneren kommen Aphanite und Basalte mit 
Tendenz zu Säulen-, weniger zu Kugelbildung vor. 
— Auf dem Pik und dessen Umgebung sowie an 
den nordwestlichen Abstürzen findet man jedoch 
Trachit= und Doleritlava und an den südwestlichen 
Bergketten ein eisen= und augitreiches vulkanisches 
Produkt. 
Sehr reich vertreten sind auch die vulkanischen 
Tuffe, Trasse, sogenannte Pozzolane. 
Ausgedehnte Versuche ließen mich erkennen, welche 
von diesen Massen die beste hydraulische Eigenschaft 
besitzen, und jetzt werden sie vielfach bei den Bauten 
auch als Luftmörtel verwendet. 
Der an manchen Kratern in großen Mengen 
vorkommende Gries oder Sand würde gerade so 
9 1 1 volleren Produkte wegen wird sie jetzt vernachlässigt, 
doch stehen noch drei Millionen Cinchonabäume auf 
wie die granulirte Schlacke der Hochöfen zu Preß- 
steinen sich eignen. 
Die letzte Epoche vulkanischer Thätigkeit auf St. 
Thomé wird bezeichnet durch die Auswürse mächtiger 
Schlammmassen, welche sehr rasch erhärteten und bis 
auf 800 Meter Höhe die Rücken der Gebirgszüge 
bedecken. 
Auch hier ist seit der Emdeckung der Insel am 
21. Dezember 1470 keinerlei Spur von Ausbrüchen, 
oder auch selbst nur von Erdbeben bemerkt worden. 
Der die Entdeckungsreisenden als Geograph be- 
gleitende, aus Nürnberg stammende und dort im 
Denkmal verewigte Martin Behaim bemerkt auf 
seiner Erdkugel betreffs der Inseln im Golf der 
„Mafrus“, besonders St. Thomé und Principe, 
Folgendes: 
„Wir fanden sie sämmtlich unbewohnt, es gab 
bloß Wälder und Vögel (letztere zu jener Zeit auch 
recht wenig). Der König von Portugal schickt dahin 
alljährlich die zum Tode Verurtheilten, Männer und 
Frauen, um das Land zu bearbeiten zu ihrer Er- 
nährung und damit diese Inseln von Portugiesen 
bewohnt werden können. Es ist Frühling dort, wenn 
in Europa Winter ist, die Thiere sind verschieden 
von unseren; es giebt dort viel Zibetkatzen.“ 
In den Jahren von 1540 bis 1650 war der 
größte Theil von St. Thomé mit Zuckerrohr bebaut, 
es soll gegen 300 Quetschen gegeben haben, was 
glaubwürdig ist, denn man findet heute noch Spuren 
von Formen, Mauerrestchen, Ziegeln und Nägeln an 
Stellen, an denen man sich in nie durchschrittenem 
Urwald glaubt. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts 
zogen sich die meisten europäischen Einwohner nach 
Brasilien hin, es blieben die freigegebenen Sklaven 
  
  
einige Mulatten zurück, und natürlich wurde bei 
diesen Elementen alles wieder Wildniß. 
Erst im Jahre 1800 wurde wieder der erste 
Schritt zur Bebanung gemacht. Der Gonverneur Joao 
Baptista de Silva Lagos, ließ Kasfeesamen aus 
Brasilien kommen, wo diese Kultur auch erst seit 
Kurzem eingeführt war, und vertheilte ihn unter die 
Eimwohner. 
1822 wurde der erste Kakao gepflanzt, doch 
wurden bis 1860 keine größeren Pflanzungen ange- 
legt, und selbst später noch blieb die Produktion 
gering, und die Pflanzer waren verschuldet. — Dies 
hat sich seit einigen Jahren geändert, denn im Jahre 
1892 betrug die Ausfuhr: 
an Kaffee 2 728 371 K Kilogramm oder -.- Tonnen 
an Kakao 2 872 916 872 
5 601 287 Kilogramm ren 5600 Tonnen. 
Es ist jedoch in den letzten drei Jahren so viel 
gepflanzt worden, daß von 1898 an auf eine doppelte 
Aussuhr, also auf rund 11.000 Tonnen Kaffee- 
und Kakaoproduktion gerechnet werden kann. 
Die Chinarindenkultur wurde etwas zu spät, im 
Jahre 1880, eingeführt; der ersigenannten viel werth- 
  
der Insel. 
Kassee gedeiht gut vom Meeresufer an bis auf 
1100 Meter Höhe. Der beste Produktionsgürtel liegt 
zwischen 400 und 800 Meter. Kakao ist bei 700 
Meter Höhe nicht mehr ertragsfähig, die beste Zone 
für denselben ist die Höhe von 100 bis 450 Meter. 
Die Cinchona gedeiht gut zwischen 1000 und 
1500 Meter Höhe. 
Zu beachten ist, daß St. Thom Seeklima hat, 
d. h. eine im Durchschnitt um 37 Celsius niedrigere 
Temperatur, als das Landklima bei gleicher Höhe 
nachweist. 
Zehnjährige, in Monte Café (700 Meter Höhe) 
gemachte meteorologische Beobachtungen ergaben als 
größte jährliche Regenhöhe 4081,1 Millimeter in 
1893, als geringste im Jahre zuvor 1892 1761,2 
Millimeter; im Mittel 2722,8 Millimeter. 
Der mittlere relative Feuchtigkeitsgehalt der Luft 
beträgt 80 Prozent, die vollständig mit Wasserdunst 
gesättigte Luft zu 100 angenommen. 
Diese Faktoren kommen auch für die Anbau- 
fähigkeit des Kamerungebirges in Betracht, leider 
sehlen dort noch einen größeren Zeitabschnitt um- 
fassende Beobachtungen. — Auf Monte Cas, in 
700 Meter Höhe gaben mir Pflanzen, welche in 
St. Thomé unbekannt waren, folgende Resultate: 
1. Vanille (Vanilla planisolia), zwei Arten, beide 
gut, besser aber in niederen Lagen bis zur See. 
2. Muskatnuß (Mpristica fragrans), gut, wächst 
aber in dieser Höhe etwas langsam. 
3. Coca (Erythroxilon Coca), zwei Arlen, eine 
kleinblätterige, gedeiht sehr üppig, hat aber wenig
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.