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Keuntniß des in Syrien, Palästina und Aegypten
gesprochenen Arabisch. Doch hat er seine Aufgabe
vielfach abweichend von Seidel aufgefaßt und dürfte
mehr den Bedürfnissen von Touristen und flüchtigen
Besuchern jener Länder als dem der deutschen
Kolonialbeamten Rechnung tragen. Das Buch ist,
wie auch sein Titel besagt, mehr ein Sprachführer
als ein Lehrbuch.
Sir Richard Burton: First lootsteps in Bast
Alrica or an exploration of Harar. London.
Tylston and Edwards. 1894. 2 vols. 8°.
Die unsterblichen Verdienste des nunmehr leider
nicht mehr unter den Lebenden weilenden Sir Richard
Burton um die geographische Wissenschaft sind all-
bekannt. Die Werke, in welchen er seine Ent-
deckungsfahrten geschildert hat, haben viele Auflagen
und Uebersehzungen in alle Sprachen erlebt. Aber
es fehlte bisher eine vollständige und handliche Aus-
gabe dieser vortrefflichen Schriften. Seine Wittwe
hat es übernommen, dem abzuhelsen. Sie veröffent-
licht eine vortrefflich ausgestatlete Sammlung seiner
sämmtlichen Werke. Sieben Bände liegen bisher vor.
Der 6. und 7. Band enthalten die oben genannte
erste Neise Burtons in Ostafrika, bei der er in das
noch nie von einem Europäer betretene Harar ge-
langle. Noch heute bietet dieses Buch eine Fülle des
Interessanten und durch spätere Forschung nicht
Ueberholten.
XI. und XII. Jahresbericht (1892 und 1893) des
württembergischen Vereins für Handels-
geographic. Stuttgart 1894. 141 S. 80.
Die Schrift legt erfreuliches Zeugniß von dem
Ernste ab, mit welchem der oben genannte Verein
seine Aufgabe anfaßt. In einer Reihe lehrreicher
Vorträge sind den Mitgliedern in bequemer Form
Studien über wichtige Gegenstände des Handels und
der Kolonialpolitik vorgeführt worden. Im letzteren
Gebiete dürften allgemeineres Interesse besonders die
Vorträge über die Kolonisation von Neuseceland und
hellenische Kolonisation erwecken.
In einer im Verlage von Wilhelm Koebner
in Breslau unter dem Titel: „Fort mit den Zucht-
häusern!“ erschienenen Broschüre tritt Professor
Friedrich Bruck von der Breslauer Universität
für die Gründung von Strafkolonien ein und zieht
dabei auch die deutschen Schutzgebiete in den Kreis
seiner Betrachtungen. Die Abhandlung ist auregend
Veschrieben und wird von den Anhängern und Geg-
nern der Deportationsstrafe mit Interesse und Nutzen
gelesen werden.
Edouard Petit: Organisation des colonies
Hrançaises et des pays de protectorat. Paris
et Nancy: Berger, Levrault & Cie. 1894
tome I.
Herr Petit ist Chef des Bureaus in dem
französischen Kolonialministerium und nebenbei Pro-
fessor an der Ccole coloniale. Sein Werk ist in
erster Linie wohl dem Wunsche entsprungen, für die
Vorlesungen an der letztgenannten Anstalt eine
zuverlässige und erschöpfende Grundlage zu besitzen.
Aber seine Arbeit ist viel umfassender geworden und
stellt das vorzüglichste Nachschlagebuch dar, welches
über die Kolonialverwaltung irgend eines Landes
vorhanden ist. Er hat ein Werk geschaffen, gleich
interessant und werthvoll für den Kolonialinteressenten
in Frankreich wie im Auslande. Es ist unmöglich,
den reichen Stoff des Buches an dieser Stelle auch
nur annähernd auszugsweise zu schildern. Das
Material ist so umfassend, daß es vorbehalten bleiben
muß, einzelne Kapitel daraus bei den häufigen prak-
tischen Anlässen, welche die koloniale Entwickelung
bietet, eingehend zu verwerthen. Vor der Hand
möge es genügen, kurz den Inhalt des ersten Bandes
aufzuzählen. Er umfaßt die Darstellung der politischen
Organisation der französischen Kolonialverwaltung
im Mutterlande und den Kolonien und des Verwal-
tungsmechanismus. Der in baldiger Aussicht stehende
zweite Band wird das gesammte Transportations-=
und Gefängnißwesen, die Krediteinrichtungen, die
Regelung der Landfrage, Verkehrswesen, Rechtspflege,
Unterricht u. s. w. schildern.
Herr Petit hat seine Aufgabe aufs Gründlichste
angegriffen. Er beginnt mit einer knappen aber
außerordentlich lehrreichen, offiziellen Quellen ent-
nommenen Schilderung der geographischen Verhält-
nisse der Kolonien, giebt dann einen Abriß der
Geschichte der französischen Kolonialverwaltung und
Kolonialpolitik und geht schließlich auf die Beschreibung
der gegenwärtigen Organisation ein. Zuerst wird
die Einrichtung des französischen Kolonialamts ge-
schildert und mit der der entsprechenden Behörden
des Auslands verglichen. Dann folgt die Dar-
legung der Gestaltung der Regierungsgewalt in den
Kolonien selbst. Ein weiterer Abschnitt ist der Be-
schreibung der Vertretung der Kolonien in Frankreich
und ihrer verschiedenen inneren repräsentativen Körper-
schaften gewidmet. Sehr ausführlich werden alsdann
Stellung, Gehalt, Rang u. s. w. der Kolonialbeamten
dargelegt. Einem kürzeren Kapitel über die Organi-
sation der Kolonialtruppen schließen sich solche über
die Organisation des Rechnungswesens, die Budget-
fragen, das Finanzwesen Indo-Chinas, die Steuer-
einrichtungen und die Regelung des Münzwesens an.
Ausführliche Register erleichtern den Gebrauch des
Werkes, dessen Lektüre Allen zu empfehlen, die mit
einigem Sachverständniß sich mit kolonialen Angelegen-
heiten beschäftigen wollen.