Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

hat, in Tanga angelangt war. Die Aufgaben der 
Baudirektion waren zunächst sehr vielseitiger Art. 
Die Errichtung eines Verwallungsgebäudes, eines 
Beamtenwohnhauses und eines Werkstätlengebäudes 
wurde dermaßen beschleunigt, daß das Verwaltungs- 
gebäude bereits im Dezember 1893, das Beamten- 
wohnhauns im März d. Is. hat bezogen werden 
können, und daß das Werkstältengebäude mit sämmt- 
lichen Fundirungen für Betriebs= und Arbeitsmaschinen 
sowie für Kessel, Sägewerk und Imprägnirungsanstalt 
und mit der Wasserstation im Juni d. Js. fertig 
dagestanden hat. Die beiden für die Vermittelung 
des Verkehrs zwischen den Dampfern und dem Hafen 
bestimmten Leichter konnten im November 1893 in 
Arbeit treten und es ist sodann die Montage auch 
der drei Lokomotiven und der sämmtlichen Personen= 
und Güterwagen bestens bewirkt worden. Die Mon- 
tage der Arbeitsmaschinen des Werkstättengebäudes 
ist augenblicklich im Gange, gleichfalls im Zuge ist 
die Herstellung eines auf die Tiese von 22 m zu 
bringenden Brunnens für die Wasserstationen. Aus 
den örtlichen Verhälknissen erwies sich ein die Ver- 
bindung zwischen Hafen und Bahnhof Tanga ge- 
währendes Hafenanschlußgeleise als erforderlich und 
zwecks Vermittelung des direkten Güteraustausches 
zwischen Waggons und Leichtern ein mit Schienen- 
geleisen auszustatlender Damm im Hafen. Bei der 
Erbauung des Dammes wurde die Annahme, die 
Dammschüttung werde sich durch Faschinen angemessen 
besestigen lassen, durch die Stärke des Wellenschlages 
im Hafen leider Lügen gestraft. Auch Korallensteine 
zeigten sich, ihres geringen spezifischen Gewichts halber, 
als zur Befestigung des Dammes unverwendbar, und 
die Bandirektion mußte sich nach der Seite zu, von 
welcher der Wellenangriff erfolgt, zum kostspieligen 
Aufbau einer 122 m langen Futtermauer für den 
Damm entschließen. In den Monaten März bis 
Mai ist diese Mauer zur Errichtung gelangt. Der 
Endpunkt des Dammes soll mit einem Dampfkrahn 
ausgestattet werden. 
Neben diesen der Vorbereitung des Betriebes 
gewidmeten Arbeiten hat Baudirektor Bernhard den 
Bahnbau selbst mit voller Energie in Angriff ge- 
nommen. Es galt zunächst, einen wesentlichen Theil 
der Vorarbeiten zu erneuern, da fast sämmtliche 
äußeren Merkmale der ursprünglichen Festlegung: 
Pfähle, Fixpunkte, Winkelpunkte u. s. w. — haupt- 
sächlich infolge klimatischer Einwirkung —, verschwun- 
den waren. Weiterhin offenbarten sich bei Beginn 
der Bauausführung vielfach Linienverlegungen als 
vortheilhaft. Die natürlichen Schwierigkeiten bei 
dieser Erneuerung der Vorarbeiten waren auf der 
ersten Theilstrecke, von Tanga bis Pongwe (Station 
15 km), nicht beträchtlich, hingegen auf der zweiten 
mehr verwachsenen Theilstrecke, von Pongwe bis 
Agomeny (Station 29 km), sehr groß, bis im Juni 
d. Is. eine günstige Linie aufgefunden wurde. Auch 
über Ngomeny bis etwa 43 km, wo die Linie des 
ursprünglichen Projekts über einen Untergrund von 
  
608 — 
hartem, kaum überwindbare Hinderungen bietendem 
Granitgestein gezogen war, ist unserer Baudirektion 
neuerdings die Auffindung einer besseren, bei Sega 
mündenden Linie gelungen. 
Auf den Strecken, deren definitive Linie feststand, 
ist möglichst frühzeitig mit den Erdarbeiten begonnen 
worden. Schon im Oktober des Berichtsjahres waren 
sie nicht nur im sogenannten Hafeneinschnitte, durch 
welchen das Hafenanschlußgeleise hindurch zu legen ist, 
sondern auch in der Richtung auf Pongwe im Gange. 
Zu Ende Juli d. Is. ist Pongwe erreicht worden. 
Auf der Strecke Pongwe—Ngomeny haben die Erd- 
arbeiten im August ihren Anfang genommen, und 
es ist ihre Fertigstellung daselbst bis Dezember d. Is. 
zu erwarten. Inzwischen sollten sie am 1. Okto- 
ber auch auf der Strecke Ngomeny—Sega einsetzen. 
Die Erdarbeiten haben leider in der Hauptsache 
nicht endgültig sein können, da sich ergeben hat, daß 
der vorhandene Kies, weil er von den enormen zur 
Erde kommenden Wassermengen in den großen Regen- 
zeiten weggespült werden würde, zur Befestigung des 
Planums nicht geeignet, daß vielmehr eine feste Stein- 
beschotterung durchaus nothwendig ist. Dos Material 
für eine solche ist in gewaltigen Kalksteinfelsen mehr 
als ansreichend vorhanden. Zur Gewinnung der 
ersorderlichen Steinschlagmengen bedarf es der Thä- 
tigkeit eines im September nach Ostafrika gelieferten 
Steinbrechers. Vor Eintreffen desselben hat die Bau- 
direktion, um wenigstens über eine provisorisch be- 
fahrene Bahnstrecke verfügen zu können, die erste 
Unterstopfung mit Sandmaterial und einigem mit der 
Hand geschlagenen Kleinschlag vorgenommen. Dank 
diesem Verfahren konnte von einer Vertagung der 
Vorstreckung des Oberbaues abgesehen werden. Zwar 
hatte die Legung des Geleises in ihrer Schnelligkeit 
unter dem Fehlen größerer Mengen von Kleinschlag 
zu leiden, indessen ist immerhin die Linie Tanga— 
Pongwe vollendet worden, und es wird der Fertig- 
siellung der Theilstrecke bis Ngomeny für Ende d. Is. 
entgegengesehen. 
Die Wichtigkeit der Frage des Schwellenmaterials 
hat schon im vorigen Geschäftsbericht Hervorhebung 
gefunden. Im Laufe des Jahres 1893 war eine 
Sicherheit dafür, daß man auf den Bezug von Holz- 
schwellen aus Ostafrika selbst mit Sicherheit rechnen 
könne, nicht vorhanden. Mit Rücksicht darauf sind 
für die Strecke Tanga—Ngomeny eiserne Schwellen 
beschafft und auf dem bisher sertiggestellten Theile 
dieser Linie eingebaut worden. Das Hafenanschluß- 
geleise hingegen ruht zunächst auf Holzschwellen, 
welche Araber und Inder aus der Umgebung von 
Tanga geliefert haben. Wegen Lieferung eines 
größeren Quantums von Holzschwellen für die Strecke 
Ngomeny.—Sega ist mit einer Lamu-Firma ein 
Lieserungskontrakt abgeschlossen. 
Die erste Befahrung des Hafenanschlußgeleises 
hat am 9. Mai d. Is. stattgehabt; über die Strecke 
Tanga—Buhiri (9 km) ist unter Theilnahme des 
Kaiserlichen Gonverneurs Freiherrn v. Schele am
	        
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