erkrankter Europäer bestimmter, zweckmäßig ausge-
statteter Häuser zu errichten und den Kranken die
nöthige Ruhe und Abgeschlossenheit zu sichern. Die
Bedenken, welche gegen alle diese Vorschläge geltend
gemacht wurden, lagen in der zu großen Entfernung
dieser Plätze vom Sitze des Gouvernements auf der
sogenannten Joßplatte. Der ständige Aufenthalt
des Regierungsarztes auf einem dieser Plätze wäre
schon deshalb nicht wohl möglich gewesen, weil der
größere Theil der in Kamerun Angesessenen sich am
Sitze des Gouvernements befindet, und die Anwesenheit
des Arztes dort daher am nöthigsten erschien, um
in Fällen plöplicher schwerer Erkrankung helfend
einzugreifen. Es wurde daher beschlossen, das
Krankenhaus auf der Joßplatte zu errichten. Nach-
dem man sich längere Zeit mit provisorischen Ein-
richtungen beholsen hatte, wurde im Herbst 1892
ein Krankenhaus auf der Joßplatte vollendet, welches
den zu stellenden Anforderungen in durchaus be-
friedigender Weise Rechnung trägt. Die Einrichtung
desselben ist unter der aufopferungsvollen Beihülfe
des deutschen Frauenvereins für Krankenpflege in den
Kolonien erfolgt, welcher auch für die Entsendung
von Pflegeschwestern gesorgt hat. An der Spitze
steht zur Zeit der in Behandlung tropischer Krank-
heiten, insbesondere der Malaria, hervorragend er-
fahrene Dr. Plehn, welchem ein Lazarethgehülfe
beigegeben ist. Ein für bakteriologische Untersuchungen
eingerichtetes Laboratorium ermöglicht es ihm, seine
wissenschaftlichen Studien in sachgemäßer Weise zu
etreiben.
Die dringendste Pflicht, welche der Verwaltung
auf dem Gebiete der Krankenpflege oblag, ist somit
nach Maßgabe der verfügbaren Mittel im Wesent-
lichen als erfüllt zu betrachten. Eine fernere Auf-
gabe dagegen harrt noch der Lösung.
Es genügt nicht, daß schwer Erkrankte durch
ärztliche Fürsorge, gute Unterkunft und sorgfältige
Pflege gerettet werden; es muß vielmehr auch solchen,
die durch längeren Tropenaufenthalt in ihrer Wider=
standsfähigkeit geschwächt sind oder nach überstandener
Krankheit sich auf dem Wege der Besserung befinden,
durch zeitweisen Aufenthalt in klimatisch günstigerer
Gegend Gelegenheit gegeben werden, sich wieder voll-
ständig zu kräftigen. Nur auf diesem Wege kann
es gelingen, in allen Berufszweigen der kolonialen
Thätigkeit Männer heranzubilden, welche durch längeres
Wirken im Lande die nöthige Erfahrung für ihre
Aufgaben zu gewinnen im Stande sind.
Der Regierungsarzt Dr. Plehn, welcher wieder-
holt und dringend auf die hervorragende Bedentung
einer solchen Gesundheitsstation hingewiesen hat,
äußert sich in dieser Beziehung, wie folgt:
„Infolge der mannigfachen schädlichen Einflüsse
des hiesigen Klimas befinden sich in der Kolonie
stets eine beträchtliche Anzahl von Europäern in der-
artig angegriffenem Zustande, daß jede schwerere
Erkrankung eine direkte große Lebensgefahr für
sie bedeutet. Zu einer Heimreise entschliesten sie sich
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außerordentlich schwer wegen der erheblichen dadurch
entstehenden Kosten, sowie wegen der Schwierigkeiten,
welche vielfach ihrem Wiederengagement entgegen-
gesetzt werden, wenn sie die Kolonie verlassen, „weil
sie das Klima nicht vertragen konnten“; undandererseits
bedenkt sich auch der Arzt erklärlicherweise lange,
ehe er einen Menschen, dessen ganzes Fortkommen
von dem Verbleib in der Kolonie abhängl, die strikte
Weisung giebt, dieselbe zu verlassen. Ein Aufenthalt
von wenigen Wochen an einem günstiger gelegenen
Ort könnte vollkommen hinreichen, ihn leistungs= und
widerstandsfähig zu machen. Die Seereisen zur
Wiederherstellung einer durch die wichtigsten Tropen=
krankheiten, Fieber und Dysenterie, angegriffenen
Gesundheit halte ich nach meinen Erfahrungen keines-
wegs für allgemein empfehlenswerth, wenn ich auch
durchaus nicht leugnen will, daß sie in einzelnen
Fällen günstige Ergebnisse gehabt haben. Auffallen
muß in der Hinsicht schon die außerordentlich große
Zahl von Fieberrückfällen gerade während der See-
fahrt, vielfach im Anschluß an Seekrankheit, und die
durch sie bedingten Todesfälle bei Leuten, welche die
Küste in einem keineswegs hoffnungslosen Zustand
verlassen hatten. Von Bedeutung sind in der Hin-
sicht neben der Seekrankheit unzweifelhaft Mangel
an Pflege und die schwerverdauliche Schiffskof,
letztere namentlich für Ruhrkranke.)) So unterscheide
ich von den Patienten, welche ich vorhin anführte
und welche gewissermaßen noch nicht krank genug sind,
um die Seereise anzutreten, diejenigen, welche zu
krank sind, als daß man sie den Anstrengungen einer
solchen aussetzen dürfte. Für Beide kommt in gleichem
Maße die Nothwendigkeit eines Sanatoriums in Be-
tracht. Ein solches würde, wie die von den
Engländern und Holländern in den Tropen ge-
sammelten Erfahrungen hinreichend beweisen, nicht
allein dazu dienen, die Mortalitätsstatistik von
Kamerun in nicht unbeträchtlicher Weise herab-
zudrücken und damit der Kolonie so Manches von
dem schlechten Ruf zu nehmen, in welchem sie in
sanitärer Hinsicht in Deutschland steht, sondern auch
durch die Ermöglichung einer durchschnittlichen Ver-
längerung der Dienstzeit in der Kolonie dieser das
stete Vorhandensein einer größeren Zahl älterer und
erfahrener Beamten sichern können."
Für die Anlage einer solchen Gesundheits-
station sind verschiedene Gesichtspunkte maßgebend.
Es ist ersorderlich, daß dieselbe ein kühleres Klim
besitzt, in welchem der durch die feuchtwarme Tropen-
lust erschlasfte Organismus die nöthige Spannkrast
wiedererlangen kann. Sie muß serner möglichst
fieberfrei sein. Beides ist nur in einer gewissen
Höhenlage zu erwarten.*) Es sind für die Anlage
*) Osfenbar auch das Anlaufen ungesunder Plätze, wie
Bonny, Lagos u. A.
*#) In Neu-Guinea (Kaise
970 m hohen Sattelberg bei #rf
station angelegt worden, welck
im lebten Hest der „Nachrichte
und den Bismarckarchipel“ (S
Wilhelmsland) ist auf dem
Finschhafen eine Gesundheits-
e sich nach den Mittheilungen
en über Kaiser Wilhelmslam
40) vortrefflich bewährt.