Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

Die Sämereien aus Europa müssen ausnahnislos 
in verlötheten Büchsen bezogen und die letzteren erst 
unmittelbar vor der Aussaat geöffnet werden. Man 
thut gut, nicht den ganzen Vorrath auf einmal aus- 
zusäcn, besonders bei Radieschen und Rettich. Den 
RNest jedoch muß man auf das Sorgfältigste vor 
Feuchtigkeit bewahren und am besten sofort in luft- 
dicht schließende Konservengläser mit Schrauben- 
verschluß thun, sonst schimmelt und verdirbt Alles in 
kürzester Frist. 
Bevor die Samen in die Erde gebracht werden, 
empfiehlt es sich, die Beete zu gießen. Dieses ist 
besser als das Angießen nach erfolgter Aussaat, be- 
sonders bei sehr feinen Sämereien. 
Die Aussaat erfolgt, wenn man im Besitz von 
Harken ist, bei den meisten Samenarten breitwürf, 
und der Same wird eingeharkt (Nadies, Kohlarten, 
Salat u. s. w.) oder eingehackt (Karotten, Petersilie), 
wodurch er etwas tiefer kommt, oder gesteckt (Gurken, 
Bohnen, eventuell auch Rettiche und andere Sachen, 
denn beim Stecken geht weniger von der Saat ver- 
loren). Sind keine Harken vorhanden, so säel man 
den Samen in ganz seichte Furchen, in welchen er 
dann ganz leicht mit lockerer Erde bedeckt wird. 
Man kann sagen, der Samen muß so hoch von Erde 
bedeckt sein, wie viel er selbst im Durchmesser be- 
trägt. Ein Zuviel ist sehr schädlich, besonders bei 
Salat, noch mehr aber bei Sellerie, welcher letztere 
nur eben gerade von ausgesucht feiner Erde bedeckt 
sein darf. 
Sobald die Samen in die feuchte Erde gebracht 
worden sind, werden die Beete mit Vananenblättern 
vollständig zugedeckt, damit der Same ungestört keimen 
konn. Die Banancublätter geben einerseits dem 
keimenden Samen Schuß vor der Sonne und aus- 
trocknenden Winden, andererseits bewahren sie sie 
vor schweren Regen, und wer tropische Regengüsse 
kennt, wird die Nothwendigkeit besonders des Letteren 
einsehen, und zwar mit Rücksicht darauf, daß erstens 
die durch einen schweren Regen festgeschlagene Erde „ 
das Durchdringen der Keime erschwert, zweitens aber, 
daß leichte Samen einfach sortgeschwemmt werden. 
Während die Beete mit Bananenblättern bedeckt sind, 
heißt es „scharf auspassen“. Von Zeit zu Zeit, das 
heiht täglich zwei bis drei Mal, lüstel man die 
Blätiter ein wenig, so daß man sehen kann, ob 
die Keime bereits heraus sind. Inzwischen sorgt 
man für Stöcke und Palmblätter für Schattendächer. 
Radies, Rettich, Kohlrabi, Kohlarten keimen schon 
nach ein bis zwei oder drei Tagen, Salat später, 
Karotten noch später, Petersilie noch später u. s. w. 
Sobald die Keime heraus sind, entsernt man 
unverzüglich die Bananenblätter. Unaufmerksamkeit 
rächt sich hier sehr bitter, denn ein zu spätes Ab- 
nehmen der Bananenblätter hat ein Vergeilen der 
Keimlinge und schwächliche Pflänzlinge zur Folge, 
welche leicht umfallen und absterben. An Stelle der 
Bananenblätter macht man, etwa ½ m über dem 
Erdboden, Schattendächer aus Palmblättern und zwar 
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einsach so, daß man Stöcke, welche am oberen Ende 
eine Gabel bilden, an den Längsseiten der Beete in 
die Erde sleckt, leichte Stangen in die Gabeln legt 
und quer über die Stangen Palmblätter deckt. Die 
Dächer müssen anfangs ziemlich dicht sein. Durch 
das Austrocknen durch die Sonnenstrahlen werden 
sie ohnehin schnell lichter. Zur Nacht sowie während 
der Morgen= und Abendstunden werden sie abge- 
nommen, während der Mitte des Tages jedoch bei 
Somenschein wieder aufgedeckt. 
Die keimenden Pflanzen dürfen nie trocken wer- 
den. Sehr empfindlich ist dabei der Salat, welcher 
abstirbt, wenn er auch nur sehr kurze Zeit beim 
Keimen trocken wird. Noch empfindlicher ist Selleric, 
welche während der ersien Wochen überhaupt nie 
ohne Bedeckung sein sollte. Die Beete müssen, wenn 
kein Regen sällt, täglich gegossen werden, am besten 
in den Abendstunden. Sind die Pflänzchen groß 
geung, um verpflanzt zu werden, so bereitet man die 
Beete zu, welche ihnen als definitiver Standort 
dienen sollen. Das Verpflanzen ninunt man in den 
Abendstunden vor, womöglich bei regnerischem Wetter. 
Beim Herausnehmen der Pflänzlinge aus der Erde 
sind Wurzelbeschädigungen sowie später Trockenwerden 
der Wurzeln möglichst zu vermeiden. Das Ver- 
pflanzen des morgens vorzunehmen, empfiehlt sich 
selbst bei Regemvetter nicht, denn man kann nie 
wissen, ob der Tag klar wird, und ein bis zwei 
Stunden heißer Sonnenschein tödten sehr leicht die 
frischen Pflänzlinge, über welche evenkunell noch kein 
Schattendach hat gemacht werden können. Das 
Schutzdach hat solange am Tage beständig über den 
Pflänzchen zu bleiben, bis dieselben odentlich an- 
gewachsen sind. Dann wird es nur bei heiterem 
Wetter und zwar nur in den heißen Tagesstunden, 
etwa von 10 oder 11 Uhr vormittags bis 3 oder 
Uhr nachmittags übergedeckt und darf auch nicht 
Töpfen zu versuchen. 
zu dicht sein, so daß etwas Sonne immer hindurch- 
dringen kann. Zu verpflanzen pflegt man Kohlrabi, 
alle Kohlarten, Salat, Sellerie, Porree, Tomaten, 
Gurken, auch Petersilie u. A. m., jedoch nur, wenn 
die Saat zu dicht ausgegangen ist, denn jedes Ver- 
pflanzen bedentet einen Stillstand im Wachsthum. 
Oesters gelingt die Aussaat im Freien nicht. 
Dann thut man gut, es noch einmal in Kästen oder 
Hierbei hat man die Saat 
besser unter Augen und kann sie besser gegen Un- 
geziefer, wie Raupen, Schnecken und Grillen, schützen. 
In den Beeten thun Grillen und eine Art Schneid= 
raupe, welche nur bei Nachtzeit fressen und tagsüber 
in Löchern in der Erde versteckt sind, oft großen 
Schaden. Sie müssen sieißig ausgegraben werden. 
Die Löcher erkennt man daran, daß meist Blattreste 
aus ihnen hervorstecken. 
Was nnn diejenigen Gemüse bezw. Varietäten 
der verschiedenen Gemüsearten anbetrifft, welche zum 
Aubau im tropischen Afrika besonders zu empfehlen 
wären, so nenne ich hier folgende:
	        
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