Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

Thätigkeit in Kamerun die Ueberzeugung bei mehreren 
Bewohnern vertreten, daß nach Chinin Blutharnen 
auftritt und daß unter Chinineinfluß aus gewöhn- 
lichem Malariafieber Schwarzwasserfieber entsteht. 
Die Richtigkeit dieser Ansicht lehrten Redner eine 
Reihe eigener Beobachtungen. So sah er Blutharnen 
mit heftigem Erbrechen, Gelbsucht und leichtem Fieber 
bei sechs Personen auftreten, 3 bis 4 Stunden nach- 
dem dieselben prophylaktisch Chinin genommen hatten. 
In 20 Fällen entwickelte sich 2 bis 5 Stunden nach 
Chiningebrauch Schwarzwasserfieber aus einem ge- 
wöhnlichen Fieber. Redner warnt dringend, die 
Schwarzwasserfieber für relativ harmlos anzusehen, 
welche durch Chiningebrauch und dadurch bedingten 
vermehrten Bltzerfall entstanden sind. Einige dieser 
Fieber verliefen tödlich, die meisten boten sehr schwere 
Krankheitserscheinungen. Redner hat selbst vor einigen 
Monaten ein schweres Schwarzwasserfieber über- 
standen, welches 3 bis 1 Stunden nach Chinin= 
gebrauch eintrat. Die Erfahrung, daß in einer 
großen Zahl von Malariafiebern, welche die oben 
beschriebenen kleinen Blutparasiten zeigten, Chinin 
entweder völlig wirkungslos oder gar schädlich sich 
erwies, veranlaßte Redner, eine Behandlung ohne 
Chinin einzuleiten, wie sie auch Reserent in den ihm 
vorgekommenen Fällen von Schwarzwasserfieber mit 
Erfolg eingeschlagen und seiner Zeit beschrieben hat. 
Redner überzengte sich dabei, daß das Schwarz- 
wasserfieber eine große Neigung hat, nach 1 bis 
2 Anfällen von selbst zu heilen. So sah er 22 der- 
artige Fälle, darunter sein eigenes schweres Schwarz- 
wassersieber, ohne die geringste Chiningabe 
nach Krankheitsausbruch in Heilung über- 
Kehen. 
Wie sehr Redner auch die hervorragende Wirk- 
samkeit des Chinins bei zweckmäßiger Anwendung 
anerkenut, so warnt er doch vor dem Mißbrauch des 
Mittels, wie er an einem großen Theil der West- 
küste getrieben wird. Denn das Chinin ist nichts 
weniger als ein harmloses Mittel. Nun besteht 
vielfach die Ueberzeugung, daß, wenn ein mit großen 
Chininmengen behandeltes Schwarzwasserfieber günstig 
endet, dieses Resultat dem Chinin zuzuschreiben ist, 
ein ungünstiger Ausgang aber als trotz der großen 
Chininmengen erfolgt anzusehen ist. Diese Ansicht 
ist widerlegt durch den Nachweis, daß das Schwarz= 
wasserfieber, wie es Redner bei einer Anzahl von 
Fällen in Kamerun beobachtet hat, spontan heilen 
kann. Die Behandlung, welche Redner nach seinen 
ersten ungünstigen Erfahrungen mit Chinin bei 
Schwarzwasserfieber in Kamerun einschlug, war 
folgende: Solange blutiger Urin entleert wurde 
und Nierenentzündung bestand, wurde das Chinin 
stets ganz sorkgelassen. Der Kranke wurde in womöglich 
unausgesetzter ärztlicher Kontrole gehalten. Durch 
dieselbe und energisch mit kräftigen Reizmitteln ein- 
greifende Behandlung gelang es selbst in sehr schweren 
Fällen, das fliehende Leben zu erhalten. Die Be- 
handlung war somit eine rein symptomatische: sie 
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richtete sich namentlich gegen die Erscheinungen von 
Herzschwäche und Nierenentzündung. Letztere er- 
sorderte oft auch nach dem Schwinden sämmtlicher 
Fiebererscheinungen eingehende Beachtung. Gegen 
die hochgradige durch den Zerfall der rothen Blut- 
körperchen bedingte Athemnoth erwiesen sich bei dem 
schweren Schwarzwassersieber, welches Redner un- 
längst überstanden hat, auf Veranlassung des Referenten 
gemachte Einathmungen von komprimirtem Sauerstoff 
von ausgezeichneter Wirkung. 
Redner hat mit der eben skizzirten Behandlungs- 
weise stets gute Erfolge erzielt; er stellt bei Kranken 
die rechtzeitig in ärztliche Behandlung kommen, die 
Vorhersage nicht so ungünstig, wie vielfach angc- 
nommen wird. So verlor er von 39 frühzeitig in 
seine Behandlung gekommenen Kranken im Ganzen 
vier, von 25 während der zweiten Hälfte seiner 
Thätigkeit in Kamerun ohne Chinin behandelten 
nur einen. Dieser kam in einem ohnehin schon sehr 
verwahrlosten Zustande in die Behandlung, nachdem 
er während des Dahomehy-Aufstandes acht Tage lang 
ohne Speise und Trank in einem Maschinenhaus 
verborgen zugebracht hatte. 
Die Meinung, daß Jemand, der Schwarzwasser- 
fieber überstanden hat, als dauernd unfähig zu 
weiterem Aufenthalt in den Tropen anzusehen ist, 
theilt Redner nicht ohne Weiteres. 
Bei praktischer Durchführung derselben würde 
angesichts der großen Verbreitung der Krankheit in 
Kamerun die durchschnittliche Dienstzeit des Einzelnen 
dort sehr kurz werden. 
Redner selbst hat viermal Schwarzwasserfieber 
gehabt, wird sich aber ohne Bedenken voraussichtlich 
bald abermals in tropische Malariagegendcn begeben. 
Dr. Kohlstock. 
Seekartendepots in den Schutzgebieten. 
Die Verlagshandlung von Dietrich Reimer 
hat den Kaiserlichen Gonvernements von Ostafrika 
und Kamernn eine Anzahl Exemplare der bei ihr 
in Kommissionsverlag befindlichen Admiralitätskarten 
der deutschen Schutzgebiete mit Genchmigung des 
Reichs-Marine-Amts zum Vertrieb überwiesen. 
Das Gleiche wird in den anderen Schutzgebieten 
geschehen. Die betresfenden Verwaltungen haben 
Anweisung erhalten, die Karten zu den üblichen 
Preisen an Interessenten abzulassen. 
  
VVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVU 
Tikkerarische Besprechungen. 
Geographisches Handbuch zu Andrees Atlas 
mit besonderer Berücksichtigung der politischen, 
kommerziellen und statistischen Verhältnisse. Her- 
ausgegeben von A. Scobel. Zweite vermehrte 
und verbesserte Auflage. Mit 156 Kärtchen und
	        
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