Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

die am meisten verbreitete Agave americana, die 
in vielen Theilen Indiens in Hecken verstreut wächst. 
In Indien wird die verschiedentlicher gewerblicher 
Verwendung fähige Pflanze, insbesondere ihre Faser, 
sehr vernachlässigt, in der Textil- und Papierindustrie 
gar nicht benutzt. Nur in der Seilerei findet sie 
beschränkte Verwendung und zwar auch da kaum in 
den wenigen größeren Anlagen dieser Art, sondern 
in der Hausindustrie, wo Bauern, Schiffer u. s. w. 
sie für den eigenen Gebrauch verwerthen. Experi- 
mentelle Kulturen sind außer von der Regierung nur 
ganz vereinzelt vorgenommen worden, so jetzt von 
einem aus Mexiko gebürtigen Missionar, der bei 
Puna (190 km südöstlich von Bombay) 40 Acker 
dieser Kultur gewidmet hat. 
Der indische Bauer ist schwer zu Neuerungen zu 
bringen, und die Industrie verhält sich im Allgemeinen 
auch noch ablehnend. Eine Ausfuhr der Faser hat 
in früherer Zeit, ehe die Jutefaser so große industrielle 
Bedeutung gewann, in bes 
ist aber später sehr zusammengeschrunpst. Erst neuer= 
dings hebt sie sich wieder, wird aber doch von der 
Zollstatistik noch nicht spezialisirt, sondern in der 
Rubrik „Hauf“ mit verschiedenen anderen Produkten 
von Hibiscus Ccannabinus (Deccan llemp, 
brown Indian Hemp, ein vorzügliches Substitut 
für Jute) und Crotalaria juncea (Sunn Hemp, 
Bengal Hemp, für die Seilerei dem besten 
russischen Hanf ebenbürtig) zusammengeworfen. Die 
Einfuhr unter dieser Gesammtkategoric aus Bombay 
betrug im Jahre 1894: 31 840 Ballen, wovon un- 
gefähr 8000 Ballen zu 180 kg, d. i. 1 440 000 kg 
Alobfaser waren, für welchen Artikel Bombay der 
einzige Ausfuhrplatz in Indien ist. Es ist möglich, 
das die Ausfuhr sich weiter ausdehnt und die Faser 
zur Verspinnung fähig wird, wenn die gegenwärtige 
rohe Art der Präparirung wie in anderen Ländern 
durch einen maschinellen oder besser noch durch einen 
chemischen Prozeß ersetzt wird. Eine allen Anfor- 
derungen entsprechende Maschine scheint allerdings 
noch nicht zu existiren, und von Zeit zu Zeit ange- 
priesene Verbesserungen haben noch keinen wesentlichen 
Fortschritt ergeben. Für Indien käme es in erster 
Hinsicht auf eine sehr billige, leicht trausporkable und 
handliche, auch mit einfachen Mitteln zu reparirende 
Maschine an, und wenn die Nachricht, daß es jetzt 
gelungen ist, eine solche Maschine in England herzu- 
stellen, sich bestätigt, so steht vielleicht der indischen 
Faser eine größere kommerzielle Zulunft bevor. Im 
Auslande hat sie bis jetzt nur zwei Kunden: Belgien, 
das schon seit etwa zehn Jahren von Indien bezieht, 
und Großbritannien, das erst im letzten Jahre in- 
dische Aloéfaser in größerem Umfange ausgenommen 
hat, seit unter europäischer Kontrole ausgesuchte Waare 
dorthin gelangt, während früher die ausschließlich von 
Eingeborenen nach London gelieferte unzuverlässige 
Konsignationswaare keinen Anklang gefunden hatte. 
In beiden Ländern soll die Faser zur Fabrikation 
von Seilerwaare für die Ausfuhr nach der Türktei, 
  
  
  
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Griechenland und Südamerika verarbeitet werden. 
Mit Ausnahme von Belgien und Großbritannien hat 
ein Geschäft in indischer Alosfaser mit anderen Län- 
dern, namentlich auch mit Deutschland, bisher nicht 
in Gang kommen wollen. 
Auch Aden führt etwas Alosfaser, Produkt der 
Somaliküste, aus, im Jahre 1893/94: 759 Centner 
im Werthe von 9618 Rupien. Dieser Artikel ent- 
stammt aber nach der in Kew vorgenommenen Analyse 
nicht derselben Pflanze wie das indische Produkt. 
Rationell und in bedeutendem Umfange wird die 
Alocfaser nur in Mexiko (Yukatan) von Agave 
sisilana (Sisalhanf, Hennequen) und in Mauritius 
von Fourcroya gigantea gewonnen, und nur in 
diesen beiden Ländern, vor Allem in Mexiko, ist sie 
ein wichtiger Stapelartikel der Ausfuhr geworden. 
Es wurden ausgeführt: 
1. Aus Mexiko. 
1888/89 1339 1910 1892/93 
rth in Do 
Hennequenfaser 6872592 7392213 25 . 8893071 
Außerdem wird von Mexiko in nicht unbedeuten- 
den Mengen Ixtlefaser, Pita (Produkt von Bromelia 
sylvestris), ansgefihrt. Werth der Ausfuhr: 
1888/89 594 138 Dollars 
1889/90. . 3827 940 
189293. 588 465 
2. Aus Mauritius. 
Gesammtausfuhr. 
1888. 3834 k i im Verthe von e5r 140 88 Nupien 
  
  
1889. 2746 
1890 2 316 2 - 
18911485510 453 530 
1892 1234 622 378785 
1893. 1324201 264 840 
(„’n!„= 1892 1893. 
Davon nach: Werth: Werth: 
ks Nupien kt Rupien 
  
  
den Vereinigten Staaten. 722 172 217 144 
  
  
Großbritannien — 758 654151 730 
ustralien 10 950. 25400 500 2100 
. 8 450 275 6200 1240 
Vuee 4950. 158 826/ 548 847| 109 769 
In Mauritius hat hiernach ein bedeutender Rück- 
gang der Produktion stattgefunden, während sie in 
Mexiko neuerdings noch erheblich zugenommen hat. 
Seit einigen Jahren ist die Kultur von Sisalhanf 
auch auf den Bahama-Inseln in vollem Gange, und 
im Januar 1893 sollen bereits über 10 000 Acker 
mit etwa vier Millionen Pflanzen unter dieser Kultur 
gewesen sein, deren erste größere Nesultate man im 
laufenden Jahre erwartet. Es kann dahingestellt 
bleiben, ob es sich hier thatsächlich um die Faser 
einer Agave oder einer Ananasart (Bromclia) hau- 
delt. Jedenfalls soll die Faser dem besten Manila- 
hanf gleich sein. Die ersten 24 Ballen davon sind 
unter dem Namen „Bahama Sisal Hemp“ am
	        
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