In Milindani ist kürzlich ein geräumiges, schönes
Wohnhaus für Europäer gebaut worden und wird
demnächst fertiggestellt werden. Außerdem sollten
noch Kaserne, Pulverhaus, Wirthschafts= und Ver-
waltungsgebände ausgeführt werden, da — wie cs
hieß — das alte von mir erbaute Fort unbrauchbar
sei. Ich konstatirte im Beisein eines Baubeamten,
daß solches nur bei dem oberen Stock des Vorder-
gebäudes der Fall war, und daß die übrigen aus-
gedehnten Räumlichkeiten des Forts mit ganz ge-
ringen Unkosten für lange Jahre wieder vollständig
hergestellt werden können. Ich befahl die Inangriff-
nahme der Ausbesserung des Forts, und wir werden
dadurch nicht allein wieder eine uneinnehmbare Be-
sestigung erhalten, sondern nun auch Räumlichkeiten,
die für lange Jahre jeden Bedarf decken werden.
Ein curopäischer Pflanzer, Herr v. Quast, der
seit fünf Jahren hier ansässig ist und zunächst mit sehr
ungünstigen Verhältnissen zu kämpfen hatte, ist jetzt
auf dem Punkt angelangt, daß er sich auch aus-
gedehnteren Kassec= und Kokospflanzungen zuwenden
kann. Die zähe Arbeit des derartigen Verhällnissen
früher ganz fremd gegenüberstehenden Herrn hat hier
über recht schwierige Verhältnisse obgesiegt; Herr
v. Quast hat die ganze Zeit allein, ohne jede enro-
päische Hülfe gearbeitet.
Nur wenige Seemeilen südlich des schönen Mi-
kindanihafens fuhr ich in Mtwara ein, vielleicht dem
besten Hafen unserer ganzen Ostküste. Die Einfahrt
sowohl wie die Geräumigkeit als auch der gebotene
Schuß entsprechen jeglicher Anforderung. Bequem
könnte hier die gesammte Kriegsflolte des Deutschen
Reiches vor Anker gehen; auch wäre auf die denk-
bar einfachste Art die Einfahrt in den Hafen zu be-
festigen.
Ein anderer breit ausgedehnter Hafen, Muazi
Bay, der nur einige Seemeilen weiter südlich liegt,
bietet ebenfalls gute Einfahrt und sicheren Schutz,
doch hat derselbe weniger günstigen Ankergrund als
Mtwarahafen.
Von dieser hafenreichen Küste wandte ich mich
zur Robumamündung und versuchte mit dem mich
begleitenden Zollkreuzer den Fluß aufwärts zu ge-
langen. Dieses Vorhaben mußte leider aufgegeben
werden, da der Rovuma in seinem Unterlauf so breit
und versandet, in seinem Mittellauf so voller Felsen-
barren und Steine ist, daß wir auf die Aussicht,
ihn zu dem Verkehr nach dem Innern zu benußen,
verzichten müssen.
Nächstdem besuchte ich das seit meiner Abwesen-
heit dem deutschen Gebiet zugefügte Kionga und traf
dort Anordnungen zu den für die Verwaltung
nöthigen Bauten. Bei einer kleinen Streiftour er-
legte ich in der Nähe der portugiesischen Grenze
einen starken Rhinozerosbullen. Diese mächtigen Dick-
häuter sowie zahlreiche Flußpferde und Wildschweine
bedeuten für die Eingeborenen geradezu eine Plage,
die in den letzten Jahren in Verbindung mit den
Heuschrecken recht betrübende Ernährungsverhällnisse
hervorgerufen haben. Maniok, Erdnüsse und süße
Kartoffeln, also fast die einzigen Nährpflanzen, die
vor den Heuschrecken gesichert sind, fallen diesen
Dickhäutern wie besonders auch dem rothen Fluß-
schwein zum Opfer.
Auf meiner Rückfahrt lief ich die vorher nicht
berührten, zum Amtsbezirk Kilwa gehörigen Häfen
und Orte Kiswere und Kilwa Kissiwani an. Ersterer
Ort, vor einiger Zeit von Hassan bin Omar ver-
brannt, war im Wiederaufban begriffen. Leßteres,
mehrfachen Ränbereien desselben Häuptlings ausge-
setzt, war von dem größten Theil der Bevölkerung
verlassen. Die fast leere Stadt mit den mächtigen
Ruinen, die in früheren Jahrhunderten von Portu-
giesen, Arabern und Persern erbaut wurden, machten
einen um so traurigeren Eindruck, als Kissiwani
einst mit Mombassa die mächtigste Stadt an der
ganzen Ostküste gewesen ist. Den Morgen nach
meiner nur wenige Stunden dauernden Anwesenheit
sind abermals Näuberbanden des Hassan bin Omar
dort eingefallen und ich erfuhr bei meiner Ankunft
in Dar-es-Saläm, daß schon an der ganzen Küste
die Nachricht verbreitet sei, Hassan bin Omar habe
im Sinne gehabt, mich bei dem dort angesagten
und bekannt gewordenen Besuche aufzuheben. Gewiß
ein eklatanter Beweis für die jetzigen unhaltbaren
Verhältnisse!
In Kilwa Kiwindje traf ich den unlängst von
Urlaub zurückgekehrten Bezirksamtmann Freiherrn
v. Eberstein und beauftragte ihn, sich möglichst
über diejenigen Verhältnisse bei Hassan bin Omar
zu unterrichten, welche bei der dringend nothwendig
gewordenen Strafexpedition von Wichtigkeit sein
könnten. Den stiellvertretenden Bezirlsamtmann von
Kilwa, Herrn Berg, sandte ich zur Uebernahme der
gleichen Geschäfte nach Lindi.
Zum Schluß ist noch zu erwähnen, daß der größte
Theil der an den Küstenorten ansässigen Inder sich
von mir bewegen ließ, ihren arabischen oder sonstigen
Schuldnern in Anbetracht der hoffentlich nun über-
wundenen Heuschreckenplage leichtere Bedingungen zu
siellen.
Am 28. September traf ich wieder in Dar-es-
Saläm ein, woselbst ich S. M. S. „Seeadler“ im
Hasen liegend vorfand.
Ueber die Raubzüge des Däuptlings Machemba
berichtet der Kaiserliche Gonverneur unter dem
1I. Oktober d. Is. Folgendes:
Die Unruhen im Süden, deren Führer der
Häuptling Machemba und der Mrimamann Hassan
bin Omari sind, haben eine derartige Ausdehnung
angenommen, daß es geradezu unmöglich ist, noch
weiterhin zu versuchen, diese Verhältnisse auf fricd=
lichem Wege zu ordnen. Machemba treibt sein Un-
wesen bereits seit fünf Jahren. In den ersten
Jahren gingen zwei Strafexpeditionen unter dem